Merken

Die Neue im Rathaus

Seit Anfang Juni ist Barbara Lüke die Bürgermeisterin von Pulsnitz. Sie will, dass die Leute gut informiert mitreden.

Teilen
Folgen
NEU!
© Matthias Schumann

Von Frank Oehl

Pulsnitz. Barbara Lüke hat das Pulsnitzer Rathaus zwar nicht im Sturm erobert, aber immerhin gleich im ersten Versuch. Mit 38,8 Prozent der abgegebenen Stimmen hatte sie sich am 10. April gegen starke männliche Konkurrenz durchgesetzt – immerhin 7,5 Prozent vor dem Zweitplatzierten, dem Ex-Oberlichtenauer Carsten Guhr (FDP). Etwas überraschend konnte die 48-Jährige damals in der früheren Heimat Guhrs sogar den entscheidenden Vorsprung herausgeholen. „Dafür lag ich in der Stadt selbst etwas zurück. Aber das ist Geschichte. Jetzt möchte ich ein Stadtoberhaupt für alle Bürgerinnen und Bürger sein.“

Seit Anfang Juni ist Barbara Lüke im Amt. Die Neue im Rathaus hat sich schnell mit den Gegebenheiten vertraut gemacht. Zunächst im internen Sinne. „Gleich am ersten Tag gab es eine Personalversammlung, dann habe ich mit dem Personalrat gesprochen – und anschließend mit meinen beiden Fachbereichsleitern Karin Füssel und Björn Koffinke.“ Diese Reihenfolge war ihr wichtig, sagt sie. Zunächst werden alle mitgenommen, und dann kann es ruhig etwas konkreter werden. „Die Verwaltung muss eine Einheit sein, nur so ist gescheites Agieren möglich.“ Das Gute: Die Neue hat viel Erfahrung in Mitarbeiterführung. Als Abteilungsleiterin der Sächsischen Aufbaubank hatte sie es zeitweise mit bis zu 200 Unterstellten zu tun. „Die Kollegen merken, dass ich kein Neuling bin. Und ich habe versucht, sie sofort zu motivieren.“ Nur gemeinsam könne man den Stier bei den Hörnern packen, heißt es. Das meint Barbara Lüke aber rein bildlich – denn wer soll hier den Stier geben?

Sachlichkeit statt Parteipolitik

Auch die erste Stadtratssitzung am 21. Juni habe sie in der Überzeugung bestärkt, dass eine Stadt wie Pulsnitz vor allem mit Sachlichkeit und weniger mit Parteipolitik vorangebracht werden könne. „Es war eine ganz unaufgeregte Atmosphäre, wie ich sie schätze.“ Wobei sich die neue Verwaltungschefin vor allem als jemand sieht, der begreifen und den langfristigen Nutzen sehen will – und dies nicht nur in dieser Funktion. „Mein Credo lautet: Wenn ich etwas mache, dann will ich es auch verstehen.“ Und an das „Warum? Erklären Sie mir das bitte!“ werde man sich gewöhnen müssen, schiebt Barbara Lüke nach. Und dieses Prinzip soll ja nicht nur verwaltungsintern, sondern auch in der Stadt gelebt werden. „Bislang gab es Ergebnisprotokolle der Stadtratssitzungen. Daraus sollen Verlaufsprotokolle werden.“ Die Bürgermeisterin möchte den mündigen Pulsnitzer, der sich in eine Diskussion hineindenken und dadurch gut informiert mitreden kann. „Auch auf diese Weise wird Stadtratsarbeit transparent.“ Und dies sei die Voraussetzung für ein konstruktives Klima in der Stadt, das auf ein echtes Miteinander zielt.

Starke Ordnungsmacht statt Bürgerwehren

Schon das erste Amtsblatt der Stadt Pulsnitz in ihrer Amtszeit spiegelt einen neuen Umgang mit städtischen Problemen wider. Die Bürgermeisterin ist zum Beispiel ein Bauhof-Thema angegangen. „Es gibt großen Pflegebedarf auf städtischen Flächen, und die Bürgerschaft fragt natürlich zu Recht nach der Vorbildfunktion, wenn wir Privateigentümer ansprechen wollen.“ Man müsse aber auch ein Grundverständnis vermitteln, denn „vier plus zwei Bauhofmitarbeiter“ können nicht das Gleiche schaffen wie 20 Ein-Euro-Jobber, die es einst gab. Aber sowohl Rinnsteine, als auch der Flusslauf der Pulsnitz müssen nun mal gereinigt sein, damit sie bei Starkregen auch ihre Funktion erfüllen. Da sei manches andere zwangsläufig zweitrangig, ohne dass es deshalb vergessen werde ...

Die Neue im Rathaus ist nun auch für das Sicherheitsgefühl der Bürgerschaft mit zuständig. Das hatte im Frühjahr gelitten, nachdem Pulsnitz in den Fokus von Bandenkriminalität geraten war. Eine Einbruchserie schockierte vor allem Händler und Gewerbetreibende. Mittlerweile gibt es erste Ermittlungserfolge, auch nach dem Großbrand bei Estrich-Putzke hat die Polizei offenbar schnell und erfolgreich reagiert. „Ich halte nichts von Bürgerwehren oder ähnlichem.“ Vielmehr müsse die Ordnungsmacht gestärkt werden – zum Beispiel durch offizielle „Sicherheitswächter“. Pulsnitz habe einen einzigen, aber mehr könnten es durchaus sein.

Die Stadt steckt derzeit mitten in der Etatplanung für 2017. Sie ist durchaus eine Herausforderung. Mit dem Kita-Anbau in Oberlichtenau und dem Kirchplatz in Pulsnitz gibt es zwei herausragende Invest-Vorhaben. Gleichzeitig steht die Aufgabe, die öffentliche Pro-Kopf-Verschuldung in der Stadt auf die geforderten 850 Euro zu senken, „was für mich eher eine Zwischenstation darstellt – auf dem Weg nach unten“, so die Bürgermeisterin. Und auch beim Stadtmarketing warten neue Ziele und Ideen auf die Mitwirkung der Bürgerschaft ...