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Die Neue

Claudia Dworak hat als Schuldenberaterin bei der Diakonie angefangen. Einer ihrer ersten Fälle hatte es gleich in sich.

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© Sebastian Schultz

Von Britta Veltzke

Riesa. Was für ein Einstieg: Bei einem ihrer ersten Klienten ging es gleich um die ganze Existenz. „Der Mann kam mit einer Vollstreckungs-ankündigung zu mir. Damit hat sich der Gläubiger das Recht erwirkt, Lohn, Konto und persönliche Gegenstände zu pfänden. Im Gespräch hat sich dann noch herausgestellt, dass er auch noch Mietschulden hat. Dem Mann drohte die Obdachlosigkeit“, erzählt Claudia Dworak. „Auf der Einnahmenseite stand praktisch gar nichts. Er hatte keinen Job mehr und der Antrag auf Sozialhilfe war noch nicht bewilligt.“ Die Dringlichkeit seiner persönlichen Situation habe der Mann zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht erkannt. „Wenn die Existenz bedroht ist, lastet ein unwahrscheinlicher Druck auf den Menschen.“ Meist kämen die Betroffenen allerdings erst, wenn sie keinen Ausweg mehr aus ihrer Notlage sähen. „Wir wünschen uns, dass die Schuldner eher kommen. Bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist.“ Das hat die 30-Jährige schnell erkannt. Seit Anfang des Jahres beackert sie bei der Diakonie Riesa-Großenhain mit ihrer Kollegin Carmen Luh die Schuldnerberatung. Luh, die hauptsächlich in der Großenhainer Beratungsstelle arbeitet, ist bereits seit 1993 dabei. Neu in der sozialen Arbeit ist Claudia Dworak aber nicht. Zuvor hat die studierte Sozialpädagogin in einer ambulanten Einrichtung für Alkoholabhängige in der Nähe von Leipzig gearbeitet. Jetzt pendelt sie von ihrem Wohnort in Nordsachsen aus nach Riesa. Dort erkennt sie bei der Arbeit viele soziale und psychische Probleme von ihrer alten Stelle wieder.

Für ihren neuen Job musste Dworak erst mal trockene Kost genießen: Gesetze – die Insolvenzordnung zum Beispiel. Dass sie ihre neue Aufgabe mag, hängt aber genau damit zusammen. „Ich habe ein Handwerkszeug, das auch für den Klienten nachvollziehbar ist.“ Stichwort: Haushaltsplan. Darin führen die Beraterinnen genau auf, welche Einnahmen monatlich aufs Konto kommen und welche Ausgaben abgezogen werden müssen. „Viele Schuldner haben den Überblick verloren, sind jedes Mal verunsichert, wenn sie mit ihrer Karte zur Bank gehen. Erst durch den Haushaltsplan gewinnen sie wieder Vertrauen“, erklärt Dworaks Kollegin Carmen Luh. Wichtig ist den Beraterinnen, dass sie die Schuldner als Menschen mit all ihren Problemen betrachten – und sich nicht nur der finanziellen Schieflage widmen.

In die Beratung können alle kommen, die von Überschuldung bedroht sind. Unabhängig davon, ob sie arbeitslos sind oder ganz gut verdienen. Auch das gibt es. „Die Einnahmeseite sagt ja nichts darüber aus, wie verschuldet jemand ist“, so Dworak.

Der erste dramatische Fall von Claudia Dworak ist übrigens nicht in einem Existenzverlust gemündet. Die Pfändung konnte vorerst gestundet werden. „Und wegen der Mietschulden habe ich mit dem Vermieter eine Ratenzahlung vereinbart.“ Zum Glück sei die Familie des Schuldners finanziell eingesprungen. „Außerdem war der Mann selbst motiviert, sich aus seiner Situation zu befreien. Er hat schnell wieder einen Job gefunden.“ Damit ihm die Situation nicht wieder entgleitet, wendet er sich nun öfter an Claudia Dworak.

Erreichbar ist die Schuldnerberatung der Diakonie Riesa-Großenhain von Montag bis Freitag unter  03525 633796 (Riesa) und  03522 528745 (Großenhain; außer dienstags). Sprechzeiten in Riesa: dienstags, 9 bis 12 Uhr und 14 bis 18 Uhr. Sprechzeiten in Großenhain: donnerstags, 9 bis 12 Uhr. Termine nach Vereinbarung. Die Schuldnerberatung der Diakonie Riesa-Großenhain ist kostenlos.