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Die mit den Pflanzen spricht

Birgit Beecken aus Grubnitz bezeichnet sich selbst als Kräuterfee. Ihren Garten öffnet sie auch für Besucher.

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© Jürgen Müller

Von Jürgen Müller

‚Stauchitz. Sie sitzt in ihrem Garten in Grubnitz und pult Johanniskrautblüten ab. Auf den Blüten lässt sich eine Hummel nieder: „Ist das nicht herrlich? Wer so was hat, braucht keinen Urlaub“, sagt Birgit Beecken. Seit fünf Uhr morgens ist die 63-jährige Grubnitzerin schon in ihrem Garten. Zwischendurch geht sie aufs Erdbeerfeld, dreimal die Woche fährt sie nach Roßwein, verkauft Spargel. Seit Mai ist sie Rentnerin, doch hat immer zu tun.

Manch Exotisches wächst in dem Garten in Grubnitz.
Manch Exotisches wächst in dem Garten in Grubnitz. © Jürgen Müller
Sieht schön aus und kann man essen: die Taglilie.
Sieht schön aus und kann man essen: die Taglilie. © Jürgen Müller
Der Mohn wird für Erntekränze gebraucht.
Der Mohn wird für Erntekränze gebraucht. © Jürgen Müller

Allein ihr Kräutergarten nimmt sie in Beschlag. Auf rund 400 Quadratmetern hat sie Kräuter angebaut. Jeder Quadratzentimeter ist bewachsen. Da ist kein Platz für so etwas Profanes wie Tomaten. Die wachsen bei ihr in Blumenkästen heran. Aus den Johanniskrautblüten wird mal Johanniskrautöl, sagt sie, während sie weiter pult. Zu jedem Kraut, jeder Pflanze, kann sie eine Geschichte erzählen. Auch zum Johanniskraut. „Als Johannis geköpft wurde, war viel Blut auf der Wiese, daraus ist eine Pflanze gewachsen. Der Teufel hat sie angespuckt“, sagt sie.

Und hält ein Blatt gegen die gleißende Sonne. „Sehen Sie die kleinen Pünktchen? Das ist die Spucke des Teufels“, sagt sie und lacht. Die Blüten des Johanniskrautes werden mit Öl angesetzt, stehen dann drei Monate in der Sonne. Das Öl soll helfen gegen blaue Flecke und Arthrose. Auch sonst setzt Birgit Beecken ganz auf die Heilkräfte der Natur. Deshalb hat sie keine Tabletten im Haus. „Die Natur gibt so viel“, sagt sie. Bei einem Wespenstich geht sie in den Garten, nimmt ein paar Blätter vom Spitzwegerich, drückt den Saft heraus und verteilt ihn auf der Wunde. „Hilft prima.“

Sie nennt sich selbst das „Kräuterweiblein“. Und als solche hält sie auch Vorträge an Schulen. Ihre Kenntnisse über Wildkräuter haben sich herumgesprochen. Werbung macht sie nicht, es genügt Mundpropaganda herum.

Alles, was sie in ihrem Garten anbaut oder einfach wachsen lässt, sieht nicht nur schön aus, sondern man kann es essen. Auch die Blumen. Birgit Beecken tritt an eine orange-rote Taglilie heran, zupft ein Blatt ab, reicht es: „Kosten Sie mal.“ Ja, auch Fuchsien könne man essen, sagt die gelernte Köchin.

Ihren Garten könnte man als naturbelassen und rustikal bezeichnen. „Ich lasse die Pflanzen dort wachsen, wo sie wollen, gern auch mal auf dem Weg. Dann baue ich eben Steine drumherum, damit keiner drauflatscht“, sagt sie. Dass alles so gut wächst und gedeiht, dafür hat sie ein Geheimnis: „Ich spreche mit meinen Pflanzen.“ Künstlicher Dünger ist für sie tabu, es kommen nur rein pflanzliche Nährstoffe drauf. „Ich kann alles aus meinem Garten essen, ohne es vorher abzuwaschen“, sagt sie stolz.

Im Frühjahr hat sie ihren Garten mal kräftig ausgelichtet. Sah schön übersichtlich aus. Doch längst ist alles wieder zugewachsen. Etliche Sorten Minze stehen hier, Bananenminze, marokkanische Minze. „Ich hatte mal 34 Sorten. Damals nahm ich mir vor, keine Kräuter mehr zu kaufen. Doch wenn ich dann in der Gärtnerei stehe und neue Sorten sehe, dann werde ich schwach“, sagt sie und lacht wieder. Auch Mohn hat sie in ihrem Garten angebaut. Den braucht sie allerdings, um im Herbst bei den Landfrauen Erntekränze zu flechten. Langweilig wird ihr nicht, auch nicht im Winter. Da strickt sie Mützen und Schals. Die Sachen sind für eine Aktion der Sieben-Tags-Adventisten gedacht, gehen nach Osteuropa.

1979 hat Birgit Beecken, die aus Grubnitz stammt, aber lange Zeit im Harz wohnte, ein Haus in dem Ort gekauft, gleich gegenüber dem früheren Haus ihrer Eltern. Von dem jetzigen Eigentümer erhielt sie Dachlatten, die der nicht mehr brauchte. Doch Verfeuern kommt für sie gar nicht infrage. Sie hat daraus ein Spalier gebaut, an dem jetzt winterharte Kiwis entlangklettern. „Die Bretter sind so alt wie ich. Die hat mein Vater gekauft, als er nach meiner Geburt ein Haus baute. Warum soll ich die verfeuern“, fragt sie.

Der Kräutergarten ist ihr Hobby, an dem sie andere teilhaben lassen will. Am Sonntag beteiligt sie sich am „Tag des offenen Gartens“, einer Aktion der sächsischen Landfrauen. Von 10 bis 17 Uhr kann ihr Garten an der Oberen Straße 13 in Grubnitz besichtigt werden.