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Die Misteln müssen weg

Die Schmarotzer schaden den Bäumen, aber die Beseitigung ist teuer. Ein Stadtrat hat schon eine Idee für die Finanzierung.

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© Arvid Müller

Von Peggy Zill

Coswig. Wenn es Winter wird, werden sie wieder sichtbar: Misteln. Stadtrat Thomas Werner-Neubauer (parteilos) hat beim Spaziergang durch Coswig immer auch die Baumkronen im Blick. Und was der Umwelttechniker da sieht, gefällt ihm gar nicht. An mindestens 17 Standorten im Stadtgebiet sind etwa 31 Bäume mit Misteln befallen. Wie Werner-Neubauer mit Fotos dokumentiert, hat der Befall in den vergangenen drei Jahren enorm zugenommen. Und seine Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Insbesondere in Kötitz, Brockwitz und Sörnewitz könnte es weitere Mistelvorkommen geben.

Eigentlich sind Misteln schöne Pflanzen. Aber den Bäumen, auf denen sie sich ausbreiten, schaden sie. Wenn die Wintervögel die Beeren fressen und verdaut haben, kacken sie Teile dieser Beeren wieder aus. Darunter auch Samen der Mistel. Fallen diese auf Bäume, entstehen daraus Keimlinge, die in die Wasserleitungsbahnen des Baumes eindringen. Daraus ziehen sie Nährstoffe, Salze und Wasser. Wenige Misteln auf einem Baum schädigen diesen kaum. Erst bei starkem Befall, zu dem es im Verlauf von mehreren Jahren unweigerlich kommt, stirbt der Baum vorzeitig ab.

Werner-Neubauer empfiehlt, schnell zu handeln. „Noch besteht die Chance, Szenarien wie zum Beispiel in Dresden-Strehlen oder –Blasewitz in Coswig zu verhindern. Wenn wir weitere fünf oder mehr Jahre nichts tun, wird eine wirksame Bekämpfung wesentlich aufwendiger und teurer.“ Werner-Neubauer gehört zu den Gehölzexperten des Dresdner Umweltamtes. Der Kampf gegen die Misteln sei im Dresdner Stadtzentrum ein aussichtsloses Unterfangen.

Bei kleineren Bäumen könnten in Coswig die Mitarbeiter des Eigenbetriebs Kommunale Dienste das Entfernen der grünen Schmarotzer übernehmen. Die befallenen Äste sollten abgesägt werden. Bei einigen Bäumen an der Grundschule Mitte muss über eine Fällung und Neupflanzung nachgedacht werden, schlägt Werner-Neubauer vor. 150 bis 200 Euro kostet die Entfernung durch einen professionellen Kletterer pro Baum ungefähr, hat er herausgefunden. Sollten alle Maßnahmen im Block vergeben werden können, kommt so eine Summe von mindestens 4 650 Euro zusammen.

Auch wenn der Vorschlag, die Misteln zu entfernen, von manchen Stadträten belächelt wird: Oberbürgermeister Frank Neupold (parteilos) gibt Thomas Werner-Neubauer recht. Schließlich werde im Sommer fleißig gegossen, damit die Bäumchen keinen Schaden nehmen. Da dürfe auf der anderen Seite das Problem mit den Misteln nicht ignoriert werden. Die kommunalen Straßenbäume haben für die Stadt außerdem einen Wert, da sie in der Doppik erfasst sind.

In Zukunft sollten außerdem keine Bäume mehr gepflanzt werden, die anfällig für Misteln sind. Dazu gehören Linden, Apfelbäume, fremdländische Baumarten, wie die Robinie und der Spitzahorn sowie die Hybridpappel.

Allerdings fühlt sich die Stadt nicht für die Bäume zuständig, die sich in Privatbesitz befinden. Thomas Werner-Neubauer schlägt dennoch vor, die Besitzer anzuschreiben und ihnen anzubieten, die Misteln kostenlos zu entfernen. „Dann wird es günstiger.“

Und woher soll die Stadt das Geld nehmen? Auch darüber hat sich der Stadtrat natürlich Gedanken gemacht. Entweder man nimmt den Rest der Ausgleichszahlungen, die die Deutsche Bahn für die Fällung von Bäumen am Bahndamm überwiesen hat oder – falls vorhanden – Ausgleichszahlungen für nicht leistbare Ersatzpflanzungen. „Oder Einnahmeüberschüsse aus der Verkehrsüberwachung“, so Werner-Neubauer. Schließlich habe Coswig im vergangenen Jahr durch Raser mehr verdient, als geplant.

Zur nächsten Ausschusssitzung will er das Problem den Stadträten vorstellen. „Ich hoffe, dass durch den Eindruck der Bilder ein Umdenken eintritt und sich ein Geldtopf öffnet.“