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Die Millionenmauer ist fertig

Am Friedhof in Kötzschenbroda müssen nur noch einige der alten Grabmale vor eindringendem Wasser geschützt werden.

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© Norbert Millauer

Von Peter Redlich

Radebeul. Blaue Schaumstoffstreifen, mehrere Säcke Mörtel, Ziegelsteinreste – mehr ist nicht mehr vom Mauerbau auf dem Kötzschenbrodaer Friedhof zu sehen. Der Bau an Radebeuls teuerster Mauer ist abgeschlossen. Jedenfalls so gut wie.

Dort wo Steinmetzmeister Uwe Quester die blauen Plastikstreifen platziert hat, gibt es noch einen Rest an Arbeit. Die Rückseiten der denkmalgeschützten Grabmale haben Vorsprünge, sind ungleichmäßig. Die neue Mauer aber ist glatt. Glatter Beton und glatter Sandstein. Zwischen Grabmalrücken und Mauer gibt es also eine Spalte. In diesen kann Wasser eindringen, im Winter der Frost. Die Gefahr besteht, dass alles wieder abgesprengt würde.

Steinmetz Uwe Quester füllt jetzt noch weitere Zwischenräume mit besonders dichtem Mörtel. Anschließend rücken Klempner an und befestigen am oberen Rand zwischen Mauer und Grabmal eine Bleiabdeckung. Alles sehr denkmalgerecht und auch teuer.

Einzelne Posten der Kosten will Planerin Susanne Meyer vom Dresdner Büro Stöhr Ingenieure nicht nennen. Aber alles in allem hat der Neubau der Mauer samt Grabmalrettung und Freiflächengestaltung reichlich eine Million Euro gekostet.

Verursacht hat den notwendigen Neubau das Hochwasser vom Juni 2013. Die mit der Flut vordringenden Grundwasserströme haben die alte Bruchsteinmauer unterspült. Sie stürzte an einigen Stellen bereits ein und drohte sogar ganz umzukippen. Die Kötzschenbrodaer Straße musste deshalb über Monate halbseitig gesperrt werden.

Zwei Meter in der Tiefe verankert

Nachdem die Bauexperten festgestellt hatten, dass die bisherige Mauer nicht saniert werden kann – es gab keine Gründung, sie war einfach in den Sand gesetzt – begann das große Rechnen. Zuerst kursierten Kosten von einer halben Million Euro. Dann folgten Zahlen von 700 000 und 850 000 Euro. Zuletzt ging es immer um rund eine Million Euro.

Lange Zeit brauchten die Denkmalschützer vom Land, um sich mit der Friedenskirchgemeinde und der Stadt zum Mauerneubau zu einigen. Immer wieder war der Betonkern ein strittiger Punkt. Letztlich einigten sich die Beteiligten darauf, dass die Mauer im eigentlichen aus Beton gegossen und bis zu zwei Meter in die Tiefe verankert wird, auch um Grundwasserströme künftig vom Friedhof abzuhalten und überhaupt standfest zu sein.

Mit der Planung für alles wurden die Stöhr Ingenieure mit Susanne Meyer beauftragt. Die am meisten Aufsehen erregenden Arbeiten waren die um die historischen Grabmale an der Mauer. Acht Grüfte mussten geöffnet werden. Die Überreste wie Särge und Knochen der hier vor teils über 100 Jahren begrabenen vermögenden Radebeuler wurden fachgerecht geborgen und in eine andere Gruft umgebettet, die weiter im Innern des Friedhofs angelegt ist. Diese Arbeiten hat Thomas Große von der Friedhofsverwaltung übernommen.

Anschließend begann die große Puzzlearbeit. Uwe Quester und seine Mitarbeiter haben jeden Stein, jedes Sandsteinkreuz, jede Verzierung akribisch vermessen und fotografiert. Schließlich sollten acht denkmalgeschützte Gräber wieder wie vorher zusammengesetzt werden und die Mauer-innenseite zieren. Über den Winter 2014/15 sind viele der Teile in der Werkstatt eingelagert worden.

Nach dem Abbau habe sich zumeist erst das Ausmaß des Zustandes gezeigt, sagt Susanne Meyer. Efeuwurzeln hatten sich in den Sandstein gefressen. Regen und Frost brachten viel steinerne Zierde zum Abplatzen. Ganze tragende Randsteine mussten erneuert werden. Die Mauer hat jetzt auch eine neue Abdeckung bekommen, ebenfalls aus Sandstein. Und drei neue schmiedeeiserne Tore gibt es auch.

Die ersetzten Sandsteine fertigten Meister Quester und seine Leute akkurat an. Jetzt sieht jeder, welcher Sandstein neu eingesetzt und welcher alt ist – ähnlich dem Mauerwerk an der Frauenkirche. Die Sandsteinkreuze ragen wieder über die Mauer hinaus. Zum Schluss muss nur noch der obere Rand gegen Wasser abgedichtet werden. Dann ist das Werk der teuren Mauer vollbracht.