Merken

Die Marke Meissen bleibt

Die Löschung ist vorerst vertagt. Die klagende Keramik-Firma und die Manufaktur wollen jetzt einen Vergleich.

Teilen
Folgen
NEU!
© Arvid Müller

Von Peter Anderson

Der Porzellan-Manufaktur Meissen und dem Sanitärporzellan-Hersteller Meissen Keramik bleiben zehn Wochen Zeit. Bis dahin müssen sie ihren Streit um die großgeschriebene Wortmarke MEISSEN beigelegt haben. Das sagte am Dienstag der Vorsitzende Richter am Oberlandesgericht in Dresden Martin Marx. Sollten die Streitparteien keinen Vergleich finden, droht einem der Unternehmen ein herber Verlust.

Die Porzellan-Manufaktur müsste im schlimmsten Fall die wohl wichtigste ihrer über 170 Marken mit anderen Konkurrenten teilen. Oder aber Meissen Keramik wäre gezwungen, mit der Form seiner Marke noch viel deutlicher Abstand zur Manufaktur zu nehmen.

Nach derzeitigem Stand sieht es allerdings so aus, als ob sich der bereits Jahre währende Streit doch noch im Endspurt lösen ließe. Das bekräftigten jedenfalls Manufaktur-Chef Tillmann Blaschke und Meissen-Keramik-Vertreter Rechtsanwalt Moritz Vohwinkel. Die wichtigsten Ecksteine wären, dass der Sanitärporzellan-Hersteller nicht länger vom Markenamt verlangt, MEISSEN aus den Registern zu löschen. Im Gegenzug würde die Manufaktur dem Produzenten gestatten, den klar abgewandelten Schriftzug des Stadtnamens als Marke zu verwenden. Künftig sollen Angriffe in diesen Richtungen unterbleiben. Entgegenkommen zeigte Meissen Keramik in der Frage der Produktpalette. Die Firma sicherte am Dienstag mündlich zu, bei Bau-Keramik zu bleiben und nicht im ureigensten Geschäft der Manufaktur etwa mit Geschirr oder Figuren tätig zu werden.

Eine Frage, die weiterhin Konfliktstoff beinhaltet, ist die Übertragbarkeit der Marke Meissen Keramik. Das Werk in Meißen gehört zusammen mit insgesamt 150 Mitarbeitern in Deutschland zur polnischen Rovese-Gruppe. Deren Schwerpunkt liegt in Polen, wo das Unternehmen insgesamt 6 000 Angestellte beschäftigt. Der Konzern betrachtet Russland und die Ukraine als wichtige Märkte, aber auch den Bereich der gesamten EU. Offenbar ist Rovese daran interessiert, auch Produkte etwa aus polnischen Werken unter dem Label Meissen Keramik zu verkaufen.

„Hier muss ich mich als Geschäftsführer für einen Schutz der Manufaktur stark machen“, so Tillmann Blaschke vor dem Oberlandesgericht. Er könne nicht zulassen, dass plötzlich im Ausland hergestellte Massenartikel mit Meissen im Produktnamen den Markt überschwemmten. Das könne bei den Kunden zu erheblichen Irritationen führen und so die Traditionsmarke beschädigen. Hinzu komme, dass dies gerade die Käufer von echtem Meissener in China und Japan irritieren dürfte. Beide Märkte sind vom Importvolumen her immens wichtig für die Manufaktur.

Ein Blick auf andere wichtige Herkunftsregionen in Deutschland deutet jedoch Lösungen an. So haben in Solingen etwa die dortigen Unternehmen über die Industrie- und Handwerkskammer selbst klar geregelt, welche Qualitätsprodukte mit dem Namen der Stadt für sich werben dürfen. Ähnliches gilt für Glashütte und seine Uhrenbetriebe. Möglich wäre auch eine feste Kombination wie „Meissen Keramik – made in Germany“, welche ausschließt, dass die Produktion ins Ausland verlagert wird.

Geklärt werden sollen diese Details jetzt in mehreren Gesprächsrunden sowohl mit den beteiligten Juristen als auch ohne. Sollte bis in zehn Wochen kein akzeptabler Vergleich vorliegen, würde das Oberlandesgericht ein Urteil in der Sache fällen. Damit gäbe es einen Gewinner und einen Verlierer.

Manufaktur-Chef Tillmann Blaschke stellte am Dienstag jedoch klar, dass die Marke MEISSEN bei einer Niederlage nicht automatisch für die Mitbewerber freigegeben sei. Es bleibe dem Unternehmen dann immer noch der Weg zum Bundesgerichtshof. Zudem sei dem Traditionshersteller auf europäischer Ebene die Marke verbindlich zugesprochen worden. Dieser Widerspruch müssen ebenfalls gerichtlich aufgeklärt werden.