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Die letzten Mufflons

Seit Wölfe durch die Königshainer Berge ziehen, geht die Zahl der Wildschafe zurück. Ihr Ende ist absehbar.

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© Jägerverband

Von Constanze Junghanß

Nieder Seifersdorf/Dauban. Eine Rettung der Mufflons in den Königshainer Bergen ist nicht in Sicht. Davon geht Revierleiter Ingo Weber vom Staatsbetrieb Sachsenforst aus. Es gebe aktuell vielleicht noch zehn bis 20 Tiere. Wenn überhaupt. „Und man muss davon ausgehen, dass die letzten Mufflons auch bald von den Wölfen aufgefressen sind“, sagt er. Dass die Wildschafe vielleicht nur abwanderten, kann er so nicht bestätigen. „Wohin sollten die Mufflons denn?“, fragt er. Die bis zu 50 Kilogramm schweren Wildschafe gelten als standorttreu.

Jahrzehnte lebten Mufflons in den Königshainer Wäldern. Sie wurden um 1960 herum angesiedelt. Nach einer so langen Zeit wären sie deshalb schon als heimische Tierart zu betrachten. Zumal die ersten Mufflons schon vor über 100 Jahren in Deutschland „eingebürgert“ wurden und mittlerweile zu einer fast gefährdeten Tierart zählten. Da sei die Aufnahme in die „Rote Liste“ nicht mehr weit hin, meint Ingo Weber. Noch vor wenigen Jahren zählte der Muffelbestand im Königshainer Gebiet zwischen 400 bis 600 Tiere. Bei regionalen Gaststätten stand Muffelfleisch einmal hoch im Kurs. Vom Speisezettel einer Königshainer Gastronomie sollte Muffelfleisch schon Ende 2014 verschwinden. Die Ansiedlung der Königshainer Mufflons sei zur jagdlichen Bereicherung erfolgt, heißt es vom Kontaktbüro Wolfsregion Lausitz.

Helene Möslinger, Mitarbeiterin des Wolfsbüros, sagt: „Es kann gut sein, dass der Muffelbestand zurückgegangen ist.“ Daten dazu lägen aber nicht vor. Ursprünglich kommt die Tierart aus Sardinien und Korsika, wo sie in felsigen Gegenden lebt. Bei Flucht flieht sie auf Felsen und verharrt dort. Im Flachland gibt es diese Möglichkeit nicht. „Sie ist für Wölfe in diesem Gebiet häufig einfachere Beute als heimische Wildtiere wie Rehwild, Rotwild und Schwarzwild“, so Helene Möslinger.

Ein eigenständiges Königshainer Wolfsrudel hatte sich erst im Vorjahr gebildet. Frau Wölfin – also die Fähe – ist mindestens fünf Jahre alt und stammt aus dem Daubaner Rudel. Ihre Familie gegründet hat sie mit einem etwa drei Jahre altem Wolf aus dem Milkeler Rudel. Vier Welpen gab es im vergangenen Jahr bei den beiden. Ein Wolfskind verstarb. „Die Todesursache ist aber natürlicher Art gewesen“, erklärt Frau Möslinger. Das neue Rudel wurde „Königshainer Berge Rudel“ genannt. Doch schon länger durchstreifen Wölfe das Gebiet. Seit 2011 gelten die Königshainer Berge als Wolfsterritorium. Bis zum Frühling 2015 gibt es dort die Nachweise vom Nieskyer Rudel. Belegt werden konnte das sowohl durch genetische Untersuchungen als auch durch einen Sender, den die Nieskyer Fähe trug. Seitdem die Wölfe im kleinen Gebirge sind, steht bei Canis Lupus – so der lateinische Name – auch das Muffel auf dem Speisezettel. Allerdings nicht als Hauptgericht. Zumindest dann nicht, wenn man auf die ausgewerteten Daten von 154 Kotproben im Königshainer Gebiet durch das Senckenberg-Museum Görlitz blickt. Denn da stand im Zeitraum von 2011 bis zum März 2014 Rehwild hoch im Kurs. Das war bei 46,9 Prozent der Proben nachweisbar. Schwarzwild folgte mit 29,1 Prozent auf dem Speiseplan bei Meister Isegrim. Rotwild wurde in 11,4 Prozent der Proben entdeckt. Und erst ganz zum Schluss kamen nicht zuordenbare Paarhufer und Muffel, deren Reste 5,6 Prozent der Biomasse ausmachten. Wie das jetzt aktuell aussieht, steht nicht fest. „Für das neu gebildete Rudel in Königshain liegen noch keine Daten der Nahrungsanalyse vor“, teilt die Wolfsbüro-Mitarbeiterin mit.

Ungewiss ist bisher ebenso, ob es 2016 Nachwuchs gab. Fotofallenaufnahmen bestätigen aber die Anwesenheit von mindestens drei Tieren. Damit ist der Rudelstatus noch gegeben. Im Rahmen der Monitoringarbeiten wird weiter versucht zu klären, ob Welpen vorhanden sind. Das Wolfsbüro wäre über mögliche Hinweise aus der Bevölkerung dankbar.