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Letzte Glocke kann gegossen werden

Die Gemeinde schreibt die Arbeiten aus, obwohl noch zehn Prozent des Geldes fehlen. Zum Schuldner wird sie keinesfalls.

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© Dietmar Thomas/Archiv

Von Heike Heisig

Leisnig/Tragnitz. Keine Frage, nach einiger Zeit der Abstinenz ist es für die Tragnitzer im Advent 2014 ein erhebendes Gefühl gewesen, morgens wieder vom Klang der Kirchenglocken geweckt zu werden. Doch für den Dreiklang fehlt immer noch eine der drei Glocken. Die kann nun in den nächsten Monaten bestellt werden, sodass im Laufe des Jahres 2017 das Glockentrio von St. Pankratius wieder komplett sein dürfte.

Rund 20 000 Euro wird der Guss der letzten Kirchenglocke kosten. „Um die 2 000 Euro fehlen uns dazu noch“, sagt Pfarrerin Katja Schulze. Doch sie ist sich sicher, dass die Kirchgemeinde als Auftraggeber den Handwerkern keinen Cent schuldig bleiben und die komplette Summe zusammen ist, wenn die Bronze für den Guss geschmolzen wird. In welcher Werkstatt das passiert, steht erst nach der Vergabe fest.

Sicher ist dagegen schon, dass die neu gebildete Kirchgemeinde Leisnig-Tragnitz den Auftrag auslösen und dies auch so auf der Glocke vermerkt sein wird. „Das freut mich schon“, sagt Katja Schulze. So könne auf den Kirchenglocken ein Stück Entwicklung der Kirchgemeinde dokumentiert werden. „Das ist klasse.“ Auf der kleinen Glocke wird als Motiv eine Taube zu sehen sein. Die große Glocke zeigt das Auge Gottes, die mittlere eine Darstellung des Gekreuzigten. Die Gemeinde hofft, dass die neuen Glocken den Originalen nahekommen. Nachzuprüfen ist das nicht. Denn von den Alten gibt es keine Abbildungen.

Fest steht, dass die ursprünglichen Glocken schon 1889 aus Bronze gegossen worden waren. Um die nicht ein zweites Mal für Kriegszwecke hergeben zu müssen, hat die Gemeinde die zweiten Glocken 1924 aus Eisenguss anfertigen lassen. Das allerdings war für den Glockenstuhl viel zu schwer. Statt der konzipierten 1 700 Kilo Glockengewicht musste er ab Mitte der 1920er-Jahre 4 800 Kilo tragen. Das hat die Konstruktion am Ende nicht mehr geschafft. Vor der Erneuerung des Kirchturmes samt Glockenstuhl durfte über Jahre nur noch die kleinste der drei Glocken geläutet werden.

Zu den neuen Glocken sowie vielen vorher schon bewältigten Sanierungsarbeiten in St. Pankratius haben die Gemeindemitglieder einen gehörigen Beitrag selbst mit beigesteuert. Zugunsten der Glockenerneuerung wurden unter anderem lange Zeit kleine Keramikglocken verkauft. Wie viel Geld schon zusammengekommen ist, zeigte ein „Glockenspendometer“. Doch nicht nur für ihre eigenen Belange seien die Gemeindemitglieder spendabel. Pfarrerin Schulze erzählt davon, dass allein die Altenhofer zum Weihnachtsgottesdienst über 2 000 Euro für Brot für die Welt spendeten. Auch vor Ort wird weiterhin die Unterstützung benötigt. Die St.-Pankratius-Kirche ist, wenn die letzte Glocke auf dem Kirchturm hängt, von der Ausstattung und vom Baulichen her so weit in Ordnung, dass nichts Dringendes mehr ansteht, es nicht mehr darum geht, Bauschäden zu verhindern.

„Trotzdem gibt es noch viel zu tun“, findet Katja Schulze. Aus ihrer Sicht würde es der Kirche gut zu Gesicht stehen, wenn es nach und nach gelänge, Kanzel, Altar und Beichtstühle zu neuem Glanz zu verhelfen. Geht es nach ihr, sollen Restauratoren an einem Stück Holz einmal zeigen, wie es aussieht, wenn der Staub und die Patina von Jahrzehnten abgenommen sind. Der Altar von St. Pankratius ist ein Werk der Künstler Valentin Otte und Johann Richter. Er stammt genauso wie die Kanzel aus dem 17. Jahrhundert. Ebenfalls dieser Zeit zuzuordnen sind zwei barocke evangelische Beicht- und Betstühle.

Nach dem Durchzug der Schweden wurde die Kirche in Tragnitz ab 1652 renoviert und neu ausgestattet. Anfang des 20.  Jahrhunderts folgten wichtige Umbauarbeiten unter Leitung des Jugendstilarchitekten Fritz Drechsler und des Leipziger Künstlers Paul-Horst Schulze. 2005 begann eine nächste große Bauetappe. In deren Zug hat die Kirche ihre ursprüngliche Optik, also die Kirchturmspitze, zurückbekommen. Wegen baulicher Probleme war der Turm eingekürzt worden.