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Die lange Bank von Weißbach

Das Bauernmuseum von Reiner Bellinghausen wird immer größer. Doch etwas hat ihm bisher noch gefehlt.

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© Matthias Schumann

Von Nicole Preuß

Weißbach/Königsbrück. Reiner Bellinghausen schiebt eigentlich nie etwas auf die lange Bank. Er könnte es aber. Denn in seinem Bauernmuseum in Weißbach steht seit wenigen Monaten einer der wohl längsten Tische Neukirchs.

Der Tischler hat die Tafel für 16 Gäste im Winter gebaut. Und weil so ein Tisch natürlich auch ein ansprechendes Ambiente braucht, zog der 74-Jährige in seine Scheune gleich noch einen weiteren Zwischenboden ein und belegte den Boden mit Dielen. Die Tischplatte gehörte einst zu einer mächtigen, 88 Jahre alten Eiche und wartete schon jahrzehntelang bei Reiner Bellinghausen auf ihre Bestimmung. Sie ist so schwer, dass sie mit einem Stapler transportiert werden musste. Es ist klar, dass so eine Bohle nicht angeschraubt werden muss, sie trägt sich von allein.

Einige Gruppen haben an diesem Tisch in den vergangenen Monaten bereits gesessen. Eine bot überhaupt den Anlass für den Bau des Tisches. Die Angestellten eines Kohlenhandels aus Königsbrück wollten im Advent das Museum von Reiner Bellinghausen besichtigen, in den Ort wandern und dann noch eine gemütliche Stunde bei mitgebrachtem Glühwein in Weißbach verbringen. Es gab aber nichts, woran sie sitzen konnten. Also machte sich der Tischler ans Werk. Einen ähnlichen Tisch hatte er schon einmal bei einer Kreativmesse gesehen, die Astlöcher goss er mit Zinn aus. Vier bis sechs Wochen brauchte er für Tafel, Zwischenboden und Dielenfußboden. Und er hat weitere Pläne.

Der Königsbrücker möchte gern noch in diesem Jahr, wenn es seine Gesundheit zulässt, eine Heimatstube einrichten. Ein Vorbild hat er schon einmal bei einem Ausflug nach Weinböhla gesehen. „Das hat mir gut gefallen“, sagt er. Die Stube soll Platz bieten für alte Fotos von Weißbach und vielleicht auch für Bilder von Erntearbeiten aus der Umgebung. „Die Bilder sollten möglichst aus der Zeit vor 1945 stammen“, sagt er. Der ehemalige Weißbacher hat im Seniorentreff des Ortes auch schon für seine Idee geworben, doch bisher noch nicht so viele Rückantworten bekommen. „Vielleicht fühlt sich ja jemand durch den Artikel angesprochen“, sagt er.

Eine Menge Material hat der Tischler bereits. Reiner Bellinghausen sammelt schon seit vielen Jahren alles zur bäuerlichen Lebensweise von anno dazumal. Er hat Butterfässer, Schleifsteine und Werkzeuge, aber auch Sofas, Betten und altes Küchenmobiliar. Die Bauernstuben, die er in der Scheune neben seiner Tischlerwerkstatt gebaut und liebevoll eingerichtet hat, wirken so, als seien die Hausherren nur mal schnell weggegangen. Die hölzernen Pantoffel stehen vor der Tür und das angefangene Strickzeug liegt in der guten Stube. Der Weißbacher öffnet sein Museum für Gruppen nach Anmeldung und kann sich über die Nachfrage nicht beklagen. Viele wollen die Ausstellung sehen, die Reiner Bellinghausen eigentlich erst im vergangenen Jahr zum ersten Mal zum Dorffest des Ortes gezeigt hat.

Die Tischlerei, in der der Senior noch immer drei Tage in der Woche arbeitet, will er verkaufen. Die Handwerkskammer hat die Geräte, die Bausubstanz und das Grundstück bereits geschätzt und eine Beschreibung auf ihrer Internetseite veröffentlicht. Vielleicht findet sich ein Tischlermeister, der sich in Weißbach niederlassen möchte. Das Bauernmuseum bleibt davon erst einmal unberührt. Die neuen Projekte warten.