Merken

Die Kunst des Erinnerns

In einem Seniorenzentrum in Hainsberg spielen Skulpturen bei der Pflege eine besondere Rolle. Erste Erfolge sind nun sichtbar.

Teilen
Folgen
© Egbert Kamprath

Von Rudi Sebrein

Freital. Der Geruch von Blumen liegt in der Luft. Leise plätschert Wasser im Hintergrund. Ein Kieselweg führt kreisförmig an Sitzmöglichkeiten, einem Hochbeet und Blumen vorbei, ehe man sich wieder am Ausgangspunkt befindet. Der Weg, um diese kleine Oase zu begehen, ist kurz. Der Weg, sie zu erschaffen, war hingegen lang. Die Umsetzung keineswegs selbstverständlich.

Die Rede ist vom Projekt „Sinnesgarten“ im Hainsberger Seniorenzentrum „Herbstsonne“. Es ist einzigartig in Pflegeheimen in Freital und Umgebung. Erste Erfolge in der Arbeit mit dem seit zwei Jahren bestehenden kleinen Park sind nun für Patienten und Pfleger sichtbar.

Ein Dreivierteljahr voller Suche nach geeigneten Materialien, Inspirationen und der Schaffung von Probebildnissen lagen vor der endgültigen Entwicklung der Idee im Jahr 2010. Kopf und arbeitende Hand hinter dem Projekt ist Bildhauer, Keramiker und Gestalter Steffen Petrenz aus Freital. Finanziert wurde der Sinnesgarten durch Spendengelder, die der Seniorenförderverein des Deutschen Roten Kreuzes sammelte.

Ziel war ein kleiner Park für die Senioren, der durch den Rundweg und abgrenzende Pflanzen beschützend wirken soll. Die Wirkung entsteht durch die Aufnahme der Objekte mit allen Sinnen. Die Bewohner haben beispielsweise die Möglichkeit, sich auf von duftenden Pflanzen umrankten Bänken zu entspannen und dem Wasserspiel zu lauschen. „Durch die vielen Sinneseindrücke sollen Erinnerungen an Gefühle und Erlebnisse geweckt werden. Ein Bewohner erinnerte sich beispielsweise durch den Duft des Hochbeetes an seinen früheren Apfelbaum“, erzählt Gottfried Linke, Leiter des Seniorenzentrums.

Aber auch praktisch findet der Park Verwendung. Da speziell demente Personen oft eine innere Unruhe und starken Bewegungsdrang haben, ist der kleine Park mittlerweile fester Bestandteil der alltäglichen Arbeit mit den Bewohnern. „Der Sinnesgarten ist fest in die Erinnerungsarbeit eingebunden. Über die Gefühlswelt wollen wir mit den Bewohnern in Kontakt kommen“, sagt Gottfried Linke. Durch seine beruhigende Wirkung entlastet der Park das Personal und verbessert die Lebensqualität der Bewohner. Vor allem die Keramikkugeln der Fühlskulpturen werden in der Betreuung durch die Ergotherapeuten verwendet. „Entspannend, orientierend und unterbewusst führend wirken sie“, sagt Steffen Petrenz über die Funktion der Skulpturen. Eine Erweiterung des Projektes hält der Bildhauer für möglich.

Denn trotz des Abschlusses des Projektes im Jahr 2015 sieht Steffen Petrenz weiteres Potenzial in der Zusammenarbeit mit der Senioreneinrichtung. Er könne sich auch weitere Sandsteinsäulen mit verschiedenen Oberflächen im Inneren der Einrichtung vorstellen. Durch ihre Oberflächenformen und Farben könnten sie als Orientierungshilfe auf den einzelnen Stationen dienen, so die Idee des Gestalters. Größte Hürde ist dabei die Finanzierung. Spendengelder werden benötigt, da das Projekt bisher keine vom Staat bereitgestellten Fördermittel erhält. Bereits 2009 hatte der Künstler ein Projekt in Zusammenarbeit mit dem Seniorenzentrum umgesetzt. Dabei ging es um den Kontrast zwischen der Jugendlichkeit und dem Älterwerden.