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Die Könner

Zum Denkmaltag lassen besondere Werkstätten in ihr Inneres schauen.

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© Anne Hübschmann

Von Peter Redlich

Radebeul. Nein, ein Schloss vom Keuschheitsgürtel hat er nicht mit dabei. Aber wahrscheinlich ist es das einzige, welches noch nicht zur Sammlung von Feinmechanikermeister Roberto Weigel gehört. Der Radebeuler Handwerker in der Meißner Straße 414 ist in Deutschland der Experte auf dem Gebiet alter Schlösser und Beschläge. Gestern, zum Tag des offenen Denkmals, ließ er Hunderte Besucher in sein kleines Reich schauen.

Tag des offenen Denkmals in Radebeul

Die kleine Buchbinderei von Kornelia Lindner ist bis auf den letzten Stehplatz gefüllt. Zwischen Unmengen an alten Büchern, Papieren und Maschinen, umgeben von einem Duft alter Exemplare erklärt die Buchbinderin Vorgehensweisen zur Aufarbeitung früherer Fibeln.  Foto: Anne Hübschmann / Anne Hübschmann / Anne Hübschmann
Die kleine Buchbinderei von Kornelia Lindner ist bis auf den letzten Stehplatz gefüllt. Zwischen Unmengen an alten Büchern, Papieren und Maschinen, umgeben von einem Duft alter Exemplare erklärt die Buchbinderin Vorgehensweisen zur Aufarbeitung früherer Fibeln. Foto: Anne Hübschmann / Anne Hübschmann / Anne Hübschmann
Kornelia Lindners Buchbinderei und Restaurierungswerkstatt befindet sich  in der Wilhelm-Eichler-Straße 19 in Radebeul.
Kornelia Lindners Buchbinderei und Restaurierungswerkstatt befindet sich in der Wilhelm-Eichler-Straße 19 in Radebeul.
Auch die Arbeitsmittel in der Werkstatt von Kornelia Lindner sind zu bestaunen.
Auch die Arbeitsmittel in der Werkstatt von Kornelia Lindner sind zu bestaunen.
Feinmechanikermeister Roberto Weigel zeigt ein altes Schloss eines Herrenhauses.
Feinmechanikermeister Roberto Weigel zeigt ein altes Schloss eines Herrenhauses.
Roberto Weigel ist in Deutschland der Experte auf dem Gebiet alter Schlösser und Beschläge. Am Sonntag ließ er Hunderte Besucher in sein kleines Reich schauen.
Roberto Weigel ist in Deutschland der Experte auf dem Gebiet alter Schlösser und Beschläge. Am Sonntag ließ er Hunderte Besucher in sein kleines Reich schauen.
Alte Beschläge und Tierklinken gehören auch dazu.
Alte Beschläge und Tierklinken gehören auch dazu.
In der alten Werkstatt findet man typische Schmiedewerkzeuge, alte Zangen und Werkbänke.
In der alten Werkstatt findet man typische Schmiedewerkzeuge, alte Zangen und Werkbänke.
Alte Schlüssel dürfen nicht fehlen.
Alte Schlüssel dürfen nicht fehlen.

Mehrere Tausend Schlossexemplare hat der Meister in seiner Sammlung. Fein sauber sortiert und archiviert nach Barock, Renaissance, dazu die passenden Schlüssel in Kisten nach Bartformen – bis zu 800 Jahre alt sind die seltenen Stücke. Ihn holen die Restaurateure und Denkmalpfleger aus ganz Deutschland, wenn irgendwo ein Schloss oder Herrenhaus so originalgetreu wie möglich aufgearbeitet werden soll.

Eine 200 Jahre alte Kriegskasse, die von einer Kanonenkugel getroffen worden war, hat Roberto Weigel schon geöffnet und wieder gängig gemacht. „Leider waren die Goldtaler, die vielleicht zu Kriegsbeginn darin waren, schon alle ausgegeben“, sagt der Radebeuler schmunzelnd. Die Frauenkirche in Dresden, die Burg in Meißen, Kirchen allen Alters im Kreis, der Handwerker ist überall gefragt.

Woher bekommen Sie die ganzen Schlösser? Welchen Aufwand macht es, ein Truhenschloss wieder gangbar zu machen? Was kostet es, von ihnen alte Türbeschläge aufarbeiten zu lassen? Roberto Weigel gab geduldig Antworten und führte durch seine Werkstatt und Lager voller Regale mit Scharnieren, Schlüsseln, Beschlägen.

Wer richtig mehr wissen wollte, war im Hof der Werkstatt bei kostenlos verteilten Getränken und Keksen danach richtig. Meister Weigel restauriert und repariert nämlich nicht nur, sondern bringt seine Erfahrungen mit den jahrhundertealten Teilen auch in Artikel für Fachzeitschriften und Vorträge ein. „1000-jährige Schlossgeschichte“ hieß einer dieser Vorträge, den der Radebeuler vor staunendem Publikum, gewürzt mit Anekdoten zum Besten gab.

Bücher und Broschüren, die einst Karl May sammelte

Feine Geschichten um wertvolle Bücher hatte auch Kornelia Lindner parat. Die Restauratorin für Buch und Papier öffnete für Besucher ihre Buchbinderei- und Restaurierungswerkstatt in der Wilhelm-Eichler-Straße 19. Alte Familienbibeln mit Hunderte Jahren alten Einträgen, eine Fibel aus dem 16. Jahrhundert mit filigranen Kupferstichen, aber eben einem Einband aus Leder und Buntpapier, der dringend aufgearbeitet werden muss, zeigte sie den Zuschauern. Wie diese Schätze der Buchkunst in mitunter wochenlanger Arbeit nicht nur erhalten, sondern auch wieder gebrauchsfähig gemacht werden, erklärte die engagierte Handwerkerin.

Unter den Aufträgen von Kornelia Lindner sind auch Bücher und Broschüren, die einst Karl May sammelte. Viele Seiten mit handschriftlichen Einträgen darin waren brüchig und brauchten neue Stabilität. Genauso wie etwa ein über 100 Jahre alter Orchestersatz vom „Rosenkavalier“ aus der Dresdner Semperoper. X-mal überklebte und notdürftig reparierte Seiten mussten von den wilden Flicken befreit und so aufgearbeitet werden, dass sie die Musiker wieder benutzen und zügig im Notenständer umblättern können. Die Originale werden gebraucht“, sagt die Restauratorin, weil für Kopien von der Gema sofort Geld verlangt würde.

Handwerk, welches an vielen Radebeuler Villen und in Kirchen des Kreises und bis nach Dresden abzulesen ist, zeigten Meister Robert Bialek und seine Männer auf dem Handwerkerhof an der Kötitzer Straße 25a. Historische Putztechniken und Putzschnitt gab es hier unter Maurerkellen und Abziehbrettern zu bestaunen und zu begutachten.

Wie mühevoll etwa abgeschlagene oder beschädigte Simse und Stuckelemente wieder an Fassaden von Villen angebracht werden, demonstrierten die Handwerker um den geprüften Restaurator im Maurerhandwerk Robert Bialek vor Hunderten Besuchern. Die seit 25 Jahren bestehende Firma ist derzeit gerade dabei, den Bismarckturm oberhalb der Spitzhaustreppe im Inneren wieder zu sanieren und begehbar zu machen.