Merken

Die Kirchenretter

Die Jahnishausener Schlosskirche stand kurz vorm Abriss. Dann kam die Wende – und die richtigen Leute.

Teilen
Folgen
© Sebastian Schultz

Von Britta Veltzke

Es ist geschafft – der dritte Bauabschnitt ist Geschichte. In der Schlosskirche Jahnishausen erinnert nichts mehr an den Zustand zur Wende-Zeit. Der war desaströs: der Altar eingestürzt, das Dach kaputt, der Putz bröckelte von allen Wänden. Schon in den 70er Jahren hatte man die Dorfkirche aufgegeben. Später sollte sie abgerissen werden. „Schon vor der politischen Wende haben wir versucht, das zu verhindern“, erzählt Roswitha Mildner, die heute die Vorsitzende des Schlosskirchen-Vereins ist. In den 80er Jahren haben sie und andere Kirchenmitglieder schon übrig gebliebene Dachziegel aus der Pausitzer Delle geholt. „Wir wollten damit das Kirchendach zumindest teilweise reparieren“, sagt Mildner. Aber dazu kam es nicht: „Wir wurden vom Rat des Kreises des Diebstahls sozialistischen Eigentums bezichtigt.“ Die Kirche verfiel weiter.

Der Altar war zusammengebrochen.
Der Altar war zusammengebrochen.
Um 1989/90 bröckelte es in der Kirche von Wänden und Decke.
Um 1989/90 bröckelte es in der Kirche von Wänden und Decke.

Nach der Wende dann konnte der Abriss verhindert werden – der Zustand der Kirche war allerdings nach wie vor bedrohlich. Also gründeten die Kirchenretter einen Verein. „Wir sind 1990 angetreten und jetzt immer noch zusammen. Ich finde schon, dass das eine große Leistung ist“, sagt die Vereinschefin. Doris Krauße, ebenfalls seit Jahrzehnten dabei, macht sich inzwischen allerdings Sorgen um den Nachwuchs. „Es kommen kaum junge Leute von unten nach. Aber das ist wahrscheinlich auch kein Wunder, weil sie nicht gesehen haben, in welchem Zustand die Kirche war.“ Doris Krauße und ihr Mann Dieter sind die einzigen aus dem „harten Kern“, die heute noch vor Ort sind. Alle anderen leben in Riesa oder wie Vereinschefin Roswitha Mildner sogar noch weiter weg. Sie hat es nach Dresden verschlagen – dem Projekt Kirchenrettung ist sie aber immer treu geblieben.

Um die Schlosskirche zu sanieren, waren und sind die Vereinsmitglieder auf Spenden angewiesen. Das Geldersammeln sei nicht unbedingt einfacher geworden, sagt Roswitha Mildner. Auch da einer der größten Geldgeber, Henner Caeser, inzwischen verstorben ist. – Fester Bestandteil der Vereinsarbeit bleiben die Konzerte. Früher hätten Künstler häufiger mal auf ihre Gage zugunsten der Kirchenrettung verzichtet. Das komme aber heutzutage so gut wie gar nicht mehr vor, so Roswitha Mildner. „Die Künstler müssen selbst sehen, wo sie bleiben.“ Dafür erfreut sich der Verein eines treuen Stammpublikums. Jeweils um die 60 Gäste kämen zu den Konzerten, von denen es im Jahr vier bis fünf gibt. Am Sonntag beginnt die neue Konzertsaison (siehe Kasten) – auf nagelneuem Holzfußboden. Auch eine neue Heizung, beziehungsweise Infrarotstrahler, hat die Kirche bekommen.

Die Konzertsaison

Sonntag, 22. Mai, 16 Uhr: Summer Sounds mit Berlin Vokal (Berlin) und Voice It (Dresden), Chormusik a cappella aus Jazz/Rock/Pop

Sonntag, 19. Juni, 16 Uhr: Ensembles der Musikschule des Landkreises Meißen mit Lesungen von Doris Krauße (Dresden)

Sonntag, 28. August, 16 Uhr: Duo Kratschkowski, Klassik und Weltmusik, Akkordeon (Dresden)

Sonntag, 25. September, 16 Uhr: Dresdner Stadtpfeifer Musik des 16.+17. Jahrhunderts, gespielt auf Instrumenten historischer Bauart

Sonntag, 25. September, 16 Uhr: Dresdner Stadtpfeifer Musik des 16.+17. Jahrhunderts, gespielt auf Instrumenten historischer Bauart

Der Eintritt kostet bei allen Konzerten je acht Euro.

1 / 6

Als Kirche im eigentlichen Sinne mit regelmäßigen Gottesdiensten wird die Jahnishausener Schlosskirche heute nicht mehr genutzt. „Als die Gemeinde Jahnishausen noch eigenständig war, hat sie die Kirche für eine DM aus dem Bestand der Landeskirche gekauft. Wir verstehen und als kulturelles Zentrum“, so Mildner.

Und als solches soll es weiter wachsen. Auch wenn die Kirche inzwischen hergerichtet ist – es steht immer noch einiges auf dem Wunschzettel der Vereinsmitglieder, etwa eigene sanitäre Anlagen, damit die Gäste nicht immer in die alte Dorfschule rüberlaufen müssen. Und ein i-Tüpfelchen wäre: eine neue Orgel.