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Verlängerter Fasching

Am Aschermittwoch ist noch längst nicht alles vorbei. Das könnte nun sogar das Finanzamt auf den Plan rufen und die Vereine viel Geld kosten.

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© Mike Jäger

Sächsische Schweiz. Die zwölf Tänzerinnen und Tänzer sind völlig außer Atem. Die Schlusspose muss trotzdem gelingen. Mit dem letzten Ton der Musik strecken sie die Hände weit von sich, das Lächeln im Gesicht bleibt echt. Die jungen Leute, die in der Funkengarde des Karnevalsclubs (KVC) Bad Schandau mittanzen, haben offensichtlich viel Spaß an dem, was sie gerade tun. „Es ist in den letzten Wochen vor der ersten Prunksitzung wirklich anstrengend. Die Aufregung wächst stetig“, sagt Claudia Ebert, die junge Chefin der Funkengarde.

Die diesjährigen Prinzenpaare

Christin I. und König Jörg I. Weil ihr Prinz erkrankt war, sprang Prinzessin Christin Zöfert ihr Vater Jörg zur Seite. Damit gab es in Bad Gottleuba erstmals einen König.Bildmaterials an Dritte ist verboten!      Foto: Marko Förster / Marko Förster / Marko Förster
Christin I. und König Jörg I. Weil ihr Prinz erkrankt war, sprang Prinzessin Christin Zöfert ihr Vater Jörg zur Seite. Damit gab es in Bad Gottleuba erstmals einen König.Bildmaterials an Dritte ist verboten! Foto: Marko Förster / Marko Förster / Marko Förster
Franziska I. und Mario II. Mit Franziska Goldhahn und Mario Center haben die Krippener in diesem Jahr zwei junge Dresdner zum Prinzenpaar gekürt. Sie ist jedoch frühere Krippenerin.
Franziska I. und Mario II. Mit Franziska Goldhahn und Mario Center haben die Krippener in diesem Jahr zwei junge Dresdner zum Prinzenpaar gekürt. Sie ist jedoch frühere Krippenerin.
Christiane I. und Frank III. Golden glänzende Kostüme tragen Christiane Richter und Frank Schumann, das Prinzenpaar des Cunnersdorfer Karnevalsclubs.
Christiane I. und Frank III. Golden glänzende Kostüme tragen Christiane Richter und Frank Schumann, das Prinzenpaar des Cunnersdorfer Karnevalsclubs.
Prinzessin Claudia und Prinz Steve Claudia Nietert und Steve Israel sind das Prinzenpaar im Faschingsclub Bielatal. Ihr Kostüm ist passend zum Motto: Saturday-Night-Fever ausgesucht.
Prinzessin Claudia und Prinz Steve Claudia Nietert und Steve Israel sind das Prinzenpaar im Faschingsclub Bielatal. Ihr Kostüm ist passend zum Motto: Saturday-Night-Fever ausgesucht.
Anne I. und Falk I. Anne Ehrlich und Falk Lepper schwingen in diesem Jahr beim Reinhardtsdorfer Karnevalsclub das Zepter. Sohn Jannis war oft mit dabei, wie am vergangenen Wochenende beim Umzug.
Anne I. und Falk I. Anne Ehrlich und Falk Lepper schwingen in diesem Jahr beim Reinhardtsdorfer Karnevalsclub das Zepter. Sohn Jannis war oft mit dabei, wie am vergangenen Wochenende beim Umzug.
Susan I. und Martin II. Susan Berger und Martin Schmieder aus Dohna bilden das 33. Prinzenpaar in Struppen. In ihrem edlen Outfit würden sie auch auf jeder Hochzeit eine gute Figur machen.
Susan I. und Martin II. Susan Berger und Martin Schmieder aus Dohna bilden das 33. Prinzenpaar in Struppen. In ihrem edlen Outfit würden sie auch auf jeder Hochzeit eine gute Figur machen.
Andrea I. und Peere I. Das Prinzenpaar im Faschingsverein Wehlen sind in diesem Jahr Andrea und Peere Weis aus Dorf Wehlen.
Andrea I. und Peere I. Das Prinzenpaar im Faschingsverein Wehlen sind in diesem Jahr Andrea und Peere Weis aus Dorf Wehlen.

Jedes Jahr im Januar beginnt die heiße Phase. Bis zu ihrem ersten Auftritt mit dem neuen Tanz trifft sich die Funkengarde dreimal die Woche. „Dieses Jahr haben wir uns noch ein paar Jungs vom Verein dazu ausgesucht. Das macht einen der Tänze noch interessanter“, sagt Claudia Ebert. Die Mittzwanzigerin bespricht mit der Gruppe noch kleine Korrekturen, viel eingreifen muss sie während des Tanzes nicht. Alle sprühen vor Eifer. „Wir tanzen einfach gern“, ruft Vivien Bootmann, die seit sieben Jahren in der Funkengarde mitmacht. Ausbildung an einer Tanzschule ist keine Voraussetzung. „Gute Laune und etwas Taktgefühl reichen“, sagt Claudia Ebert, das gilt besonders für die Männer.

Es ist auch keinesfalls zu spät, in dieser Woche noch zu trainieren, wo doch schon Aschermittwoch ist. Denn in Bad Schandau geht es erst los, wenn andernorts schon alles vorbei ist. An den nächsten beiden Wochenenden wird im Saal der Kulturstätte gefeiert. „Die Dachsanierung hat so lange gedauert, dass wir nicht rechtzeitig in den Saal konnten. Das konnte ja niemand beeinflussen. Wir brauchen aber drei Monate Vorlauf“, sagt Vereins-Präsident Torsten Herrmann. Die Termine der Prunksitzungen mussten entsprechend nach hinten verschoben werden und liegen nun nach dem Aschermittwoch.

Der Verein hatte bis zuletzt einiges versucht, um das zu vermeiden. Vereinsmitglieder hatten sogar den Bühnenraum in Eigenleistung gemalert. Das war nicht Bestandteil der Dachsanierung. Außerdem wurde mit Michael Donath ein professioneller Kirchenmaler für das Bühnenbild engagiert. Der ursprünglich geplante Maler brach sich in der Silvesternacht den Arm. Bei den Bad Schandauern kam dieses Jahr einiges an Pech zusammen.

Kein Einzelfall in der Region

Sogar der Karnevalsumzug wird verschoben. Das liegt aber nicht an dem Sturm, der diese Woche über Teilen Deutschlands tobt. Bekanntlich mussten deshalb Umzüge wie der weltbekannte in Mainz und an anderen Orten abgesagt werden. Die Sicherheit von Teilnehmern und Besuchern war gefährdet. In Bad Schandau hat die Verschiebung mit dem Verlauf der gesamten Saison zu tun. „Das können wir nicht einfach so umdrehen, weil wir nach dem Umzug immer im Saal Kostümfest feiern“, sagt Vereinsvorsitzender Maik Wendrich.

Dort warten in diesem Jahr viele Überraschungen auf die Gäste, angefangen vom Bühnenbild. Würde das vor den Prunksitzungen öffentlich, wäre das nur der halbe Spaß. „Sicherlich soll die Verschiebung nicht die Regel werden, aber dieses Mal geht es nicht anders“, sagt Wendrich. Grund für die Entscheidung soll auch das spektakuläre Bühnenbild sein. Die Bad Schandauer sind in der Region aber keineswegs die Einzigen, die noch nach dem Aschermittwoch die Narrenkappen aufsetzen. Auch in Cunnersdorf bei Gohrisch, Bad Gottleuba, Struppen, Hohnstein und Rosenthal-Bielatal wird an diesem Wochenende noch gefeiert. Das sieht man im Verband Sächsischer Carneval gar nicht gern. „Das fällt nicht unter traditionelles Brauchtum“, sagt Verbandspräsident Günter Bührichen. Die Bad Schandauer gehören dem Verband nicht an, die Kritik dürfte an ihnen abperlen. In Bielatal oder Cunnersdorf sieht das schon anders aus. Das werde noch mal mit den Vereinen ausgewertet, erklärte Bührichen.

Doch nicht nur der Verband, sondern auch das Finanzamt guckt auf die Terminwahl. Veranstaltungen nach dem Aschermittwoch gelten nicht mehr als zu förderndes Brauchtum. Dann fallen statt der vergünstigten sieben Prozent Umsatzsteuer auf Eintrittskarten die normalen 19 Prozent an. Das kann für einen Verein schnell eine vierstellige Summe an Zusatzkosten bedeuten.

Das kann auch der Bad Schandauer Funkengarde nicht egal sein, obwohl die Tänzerinnen fast alles selbst finanzieren, was aktuell an Kostümen oder Schuhen gebraucht wird. „So 100 Euro pro Saison muss jede einplanen“, sagt Claudia Ebert. Wer 16 Jahre alt ist, darf mittanzen. Wer Lust bekommen hat, solle sich einfach mal auf der Facebook-Seite des Vereins melden. Dann setzt schon wieder die Musik ein. Claudia Ebert huscht auf ihre Tanzposition, und weiter geht’s. Am Sonnabend muss die Tanzchoreographie sitzen.

Prunksitzungen in Bad Schandau am 12., 13., 20. und 21. Februar, Faschingsumzug am 27.2. ab 14 Uhr; Rocky Horror Pictures Show mit Jolly Jumper am 19.2., 20 Uhr. Der Staat unterstützt traditionelles Brauchtum, indem etwa auf Eintrittskarten für Veranstaltungen die verminderte Umsatzsteuer von sieben Prozent erhoben wird, üblich wären sonst 19 Prozent. Die Verminderung erhalten auch Vereine, die als gemeinnützig eingetragen sind.