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Die Kabinen-Manufaktur

Bei der Firma Matec ist noch viel Handarbeit im Spiel. Mittlerweile fertig das Unternehmen auch in der Slowakei.

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© André Braun

Von Jens Hoyer

Döbeln. Bei Matec steht noch ein alter Traktor ZT 320 hinter der Werkhalle. Der stammt aus DDR-Zeiten und ist heute noch fürs Schneeräumen zu gebrauchen. Er steht auch für die Tradition des Betriebes, denn das Fahrerhaus des gut 30 Jahre alten Gefährts wurde seinerzeit im VEB Rotes Banner gebaut. Die Firma mit 800 Mitarbeitern war ein Vorzeigebetrieb. Nachfolger Matec gibt sich heute bescheidener. „Wir sind nicht so bekannt in Döbeln“, sagt Geschäftsführer Stefan Thieme. Einer kennt den Betrieb seit gestern besser. Landrat Matthias Damm hat ihn beim Kommunaltag gemeinsam mit Oberbürgermeister Hans-Joachim Egerer besucht.

Kabinen für Bau-, Transport und Landwirtschaftsmaschinen werden wie damals auf dem Gelände an der Rößchengrundstraße gefertigt. Rund 3000 Stück sind es pro Jahr, die den Betrieb verlassen. Gefertigt werden sie für Firmen in Deutschland, aber auch in Holland, Italien, der Schweiz und Polen, erklärte Stefan Thieme. Es ist nicht die Masse, mit der die Firma in Döbeln ihr Geld verdient, sondern die Individualität. Die Kabinen werden in kleinen Serien mit Ausstattungen nach Kundenwunsch gefertigt. Mit Klimaanlagen, Bordcomputern und manchen Raffinessen. „Da gibt es viele Optionen. Das ist unsere Stärke“, sagte Thieme. Der Preiskampf auf dem Markt fordert aber Konsequenzen. Matec hat jetzt eine Tochterfirma in der Slowakei, wo Stahlbauteile kostengünstiger produziert werden können. In der Metallbauabteilung in Döbeln arbeiten noch 20 Leute. Daran will Matec aber festhalten. „Die Leute haben goldene Hände“, sagte der Geschäftsführer.

150 Mitarbeiter arbeiten im Unternehmen. Weil Kabinenbau ein Saisongeschäft ist, werden auch Leiharbeiter beschäftigt. „Wir versuchen, sie fair zu behandeln“, sagt Thieme. Mancher wird übernommen, wenn er gut zurechtkommt. Außerdem bildet das Unternehmen jedes Jahr zwei Lehrlinge aus .

Noch jede Menge Handarbeit

Viel Rotes Banner steckt noch drin im Betrieb. Die Hallen stammen aus den 70er Jahren. Manche Presse oder Werkzeugmaschine ist noch älter. Die genügen auch noch heutigen Anforderungen, sagt der Geschäftsführer. Daneben stehen moderne Blechbearbeitungsmaschinen, die die Teile ausschneiden. Ansonsten ist noch jede Menge Handarbeit dabei. Die Kabinen werden per Hand verschweißt. Die Vorrichtungen dafür stammen aus dem hauseigenen Werkzeugbau. Rund ein Drittel der Kabinen bestehen aus Aluminium. Das spart Gewicht, wenn es auf jedes Kilo ankommt, erklärt Thieme. Die Verarbeitung vom Aluminium ist eine der Spezialitäten von Matec. „Da sind wir der führende Anbieter“, so Thieme. Das Material stellt hohe Anforderungen, weil es nicht so einfach zu schweißen ist.

Auch andere Materialien und Technologien haben in die Kabinenfertigung Einzug gehalten. In einem relativ jungen Bereich werden Teile aus glasfaserverstärktem Kunststoff verarbeitet. Die stammen aus einem Werk in Thüringen und werden bei Matec verklebt und weiter verarbeitet. Mit diesen Kunststoffteilen lassen sich Kabinenformen realisieren, die man in Blech nur mit teuren Presswerkzeugen fertigen könnte.

So eine Kabine kann schnell den Wert eines Mittelklassewagens erreichen, sagte der Geschäftsführer. Jede Menge Technik und Kilometer Kabel werden verbaut. Für rund 30 Millionen Euro pro Jahr kauft Matec bei Zulieferern ein – das sind drei Viertel des Gesamtumsatzes von rund 40 Millionen Euro. Die Qualitätsanforderungen der Kunden steigen ständig – und Matec erfüllt sie. Jede Kabine wird technisch getestet, bevor sie den Betrieb verlässt. Und auch die Optik muss tadellos sein. Mit einer starken Leuchte werden bei der optischen Kontrolle Fehler im Lack aufgespürt. „Der Kunde erwartet, dass er eine Kabine bekommt, die in Ordnung ist.“

Selbst in einer so traditionellen Fertigung wie bei Matec gibt es noch Spielräume für Verbesserungen. Seit drei Jahren arbeitet das Unternehmen daran, die Fertigung schlanker zu machen. Arbeits- und Griffwege werden analysiert, definierte Lagerplätze für Materialien eingerichtet, um weniger zu verschwenden, erklärt Thieme. Ein Mitarbeiter hockt in einer Kabine und arbeitet. „Der Kollege kniet gerade. Das ist nicht optimal.“