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Die Jahnorgel klingt wieder

Nach langer Restaurierung kann auf dem Instrument in der Klosterkirche wieder gespielt werden. Ganz fertig ist es aber noch nicht.

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© Sebastian Schultz

Von Stefan Lehmann

Riesa. Als die Musik verklungen ist, hallt erst einmal Applaus durch das Schiff der Klosterkirche. Eine halbe Stunde lang hat Andreas Kühn der Jahnorgel die Töne entlockt, im wahrsten Sinne des Wortes sämtliche Register gezogen, um sie zum Klingen zu bringen. Unten hatten derweil Vertreter der evangelisch-lutherischen Kirchgemeinde und des Denkmalschutzes dem Spiel des Sachverständigen gelauscht.

Seit Ende 2016 war die historisch bedeutsame Jahnorgel zur Reparatur in der Lausitz gewesen; in der Klosterkirche spielte die Musik dann auf deutlich kleineren Instrumenten. Nachdem der Bund Fördermittel in sechsstelliger Höhe bereitstellte, konnte ein Orgelbauer das jahrhundertealte Instrument erstmals wieder in seinen Urzustand zurückversetzen. Was das heißt, zeigt ein Blick ins Innere: Dort hat Orgelbauer Ekkehart Groß gemeinsam mit seinen Kollegen Tausende Teile gereinigt oder erneuert, an denen der Zahn der Zeit genagt hatte. Eine Feinarbeit, die heute nur noch wenige Handwerker übernehmen.

Eine unerwartete Entdeckung hatte die Arbeiten noch einmal verzögert. „Auf einer Pfeife fand sich erstmals ein Hinweis auf die Stimmtonhöhe“, erklärt Kantor Stephan Seltmann. Der Orgelbauer musste deshalb auf den Pfeifenköpfen noch einmal kleine Aufsätze anbringen. So kamen die Arbeiten erst Ende Oktober zum Abschluss. Mit dem Ergebnis jedenfalls sind die Verantwortlichen von Denkmalschutz und Landeskirche nach dem ersten Anspiel zufrieden. „Es ist ein sehr vielseitiges Instrument“, sagt Andreas Kühn, der die Orgel schon vor seinem Probespiel vier Stunden lang auf Herz und Nieren geprüft hat. Einige Kleinigkeiten seien noch nachzubessern. Aber nicht jede winzige Macke könne man bei einem so alten Instrument beheben.

Wegen der Nacharbeiten musste auch die Einweihung des neuen Instruments noch einmal verschoben werden. Sie soll nun voraussichtlich am 12. Dezember stattfinden. Bis dahin hat Kantor Stephan Seltmann auch noch Zeit, sich an das neue Instrument zu gewöhnen. Eines ist schon jetzt auffällig: Die erneuerte Orgel hat deutlich mehr Kraft. „Es wird einigen Feinsinn brauchen, den Raum und die Ohren nicht zu überlasten“, sagt auch der Sachverständige des Landesamts für Denkmalpflege, Horst Hodick. Auch Stephan Seltmann ist gespannt darauf, wie das Instrument in einer gut besetzten Kirche klingen wird. Die nächsten Orgelkonzerte werden dabei gleichzeitig auch seine letzten in Riesa sein: Zum Jahreswechsel verlässt der Kantor die Gemeinde in Richtung Dresden. Mit der Restaurierung verknüpft Seltmann auch die Hoffnung, dass die Kirchgemeinde schnell einen Nachfolger finden wird. Mit zwei nun wieder hochwertigen Instrumenten sei die Gemeinde vielleicht wieder ein Stück attraktiver für Organisten.

Komplett ist die Jahnorgel aus dem Jahr 1849 übrigens noch nicht, erklärt Stephan Seltmann. Vielmehr handelt es sich um eine vorläufige Inbetriebnahme. „Es fehlen noch drei sogenannte Zungenstimmen.“ Diese Pfeifen brächten noch einmal ihre ganz eigene Klangfarbe mit. „Französische Orgelmusik lebt zum Beispiel von diesen Zungen.“ Die Spezialanfertigungen werden aber wohl erst im kommenden Jahr geliefert. Erst dann kann die Orgel wieder die volle Bandbreite der Töne wie schon zu Jahns Zeiten.