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Die Heideländer und Timm Thaler

Musikanten aus Krobnitz, Zoblitz und Niesky machen im neuen Familienfilm mit. Der läuft zurzeit im Kino.

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© nikolaischmidt.de

Von Anja Gail

Görlitz. Gespannt wartete eine kleine Herrenrunde am späten Dienstagnachmittag im Görlitzer Kino auf den Beginn des Familienfilms über Timm Thaler. Für den gemeinsamen Kinobesuch gibt es einen besonderen Grund. In der Geschichte über den Waisenjungen, der mit seinem Lachen alle ansteckt, haben die Männer aus Krobnitz, Zoblitz und Niesky mitgespielt. Seit wenigen Tagen läuft der Film in den Familienvorstellungen des Görlitzer Palasttheaters. Kein Wunder, dass die Männer das Geschehen auf der Leinwand mit Argusaugen verfolgten und nach den Momenten Ausschau hielten, in denen sie zu sehen sind.

Im Film tragen sie schwarze Anzüge und Westen, die Haare streng nach hinten gekämmt, gescheitelt und mit Pomade haltbar gemacht. So viel Aufwand um Maske und Kostüm können sie im wahren Leben nicht betreiben, wenngleich sie auch da in ihrer Freizeit auf der Bühne stehen. Denn wie im Film haben sie eine gemeinsame Leidenschaft: Sie machen Musik und sind weit über die Region hinaus als „Original Heideländer Musikanten“ bekannt. Im Kinofilm über Timm Thaler haben sie eine Rennbahn-Kapelle gespielt. Zu sechst sind sie dafür im September 2015 für fünf Drehtage nach Halle gefahren: ein Student, ein Selbstständiger und vier Rentner.

Das kam so: Filmluft als Komparsen haben einige von ihnen schon in Görlitz geschnuppert. Hinzu kamen ihre Kontakte als Musiker. So traf eines Tages ein Anruf vom Drehteam ein. Es sollte um fünf Tage in Halle gehen. „Machen wir“, sagte Hartmut Hübner aus Niesky, der die Heideländer vor 38 Jahren mit sieben Gleichgesinnten aus Freude an der Blasmusik mit gegründet hat und seitdem leitet.

Durch einen anderen Filmdreh in Görlitz wusste er, dass zuverlässige Leute, die sich das zeitlich einrichten konnten, bei den Aufnahmen gefragt sind. Im Görlitzer Theater wurden ihnen für den neuen Film die Maße genommen. Und schließlich machten sie sich im September 2015 gemeinsam auf den Weg nach Sachsen-Anhalt – wie kann es anders sein, in ihrem Heideländer-Touren-Bus. Im Hotel waren sie mit Komparsen und Schauspielern untergebracht und konnten die Hotelbar abends für ihre zuschauerfreien musikalischen Proben nutzen. Dass sie mit bekannten Darstellern ein paar Worte wechselten, mit Axel Prahl zum Beispiel, war da ein schöner Nebeneffekt. Harald Schmidt, Charly Hübner, Nadja Uhl, Justus von Dohnányi, Thomas Ohrner, Fritzi Haberlandt, Heinz Rudolf Kunze, die Liste der Künstler aus Film, Fernsehen und der Musikbranche, die sie zu den Drehtagen zu Gesicht bekamen, ließe sich fortsetzen.

Morgens mussten sie sich erst mal von Kopf bis Fuß einkleiden lassen und in die Maske, erzählt Klaus Wenzel aus Zoblitz. Bei den Dreharbeiten auf der Rennbahn waren dann um die 250 Komparsen dabei. In einer Loge nahm die Rennbahn-Kapelle Aufstellung. Dort wurde ihre Szene für den Film so lange wiederholt, bis sie schließlich im Kasten war. Dafür mussten sich die Männer auch mehrmals klitschnass machen lassen. Denn im Film spielt ihr Auftritt teilweise im Regen. An den Applaus, den sie dafür von den anderen Komparsen bekamen, erinnern sie sich genauso gern wie an ihre Schutzkleidung beim Mittagessen. Da mussten sie sich jedes Mal Schürzen umbinden, um die Anzüge nicht vollzukleckern. Ein Aufwand sei das, sagen Klaus Wenzel und Hartmut Hübner, und lassen dabei auch die Achtung anklingen, die sie vor dem Filmteam empfinden. In den fünf Tagen in Halle konnten sie miterleben, wie viel harte Arbeit dahintersteckt.

Der Film spielt in den 1920er Jahren und erzählt die Geschichte um Timm Thaler, der in die Fänge eines schwerreichen Barons gerät. Der will das Lachen des Weisenjungen besitzen und schlägt ihm einen Handel vor: Wenn Timm ihm sein Lachen verkauft, wird der Junge in Zukunft jede Wette gewinnen. Timm unterschreibt den Vertrag und kann sich nun scheinbar alle Wünsche erfüllen, bis er sich ohne sein Lachen immer einsamer und dem teuflischen Baron ausgeliefert fühlt. Daraus sind 102 abenteuerliche Leinwandminuten entstanden. Ein toller Film, sagt Klaus Wenzel.

Dass auch einige Klänge Marschmusik zu hören sind, die einst in Rothenburg von Johann Brussig komponiert wurden, liegt an den Heideländern. Für ihren Auftritt als Rennbahn-Kapelle konnten sie die passende Musik mitbringen. So verhalfen sie auch dem Heimatkomponisten, der zu seinen Lebzeiten ein Blasorchester dirigiert hatte, zur Filmkarriere.