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Die Hakenkreuzfahne verweigert

Wilhelm Külz war nur kurz Oberbürgermeister. Er hat dennoch Geschichte geschrieben.

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© Quelle: Wilhelm-Külz-Stiftung

Von Ralf Hübner

Nur zwei Jahre ist er Dresdner Oberbürgermeister gewesen. Und dennoch hat er einen Platz in der Geschichte der Stadt. Nach Wilhelm Külz ist unter anderem eine Straße mitten in der Innenstadt benannt. Dr.-Külz-Ring 19 lautet die Anschrift des Rathauses. Vor 70 Jahren ist Külz am 10. April 1948 in Berlin gestorben.

Vor allem ist es wohl eine Tat, mit der er sich unvergesslich gemacht hat. Nach der Reichstagswahl am 5. März 1933 und dem Sieg der NSDAP weigerte er sich dennoch, vor dem Rathaus die Hakenkreuzfahne aufziehen zu lassen. Mehr noch: Er verwahrte sich gegen die Forderung, alle Marxisten aus dem Stadtrat zu entfernen und Kommunisten das Betreten des Rathauses zu untersagen. „Rund 5 000 uniformierte SA-Leute demonstrierten vor der Goldenen Pforte und besetzten das Rathaus“, sagt Thomas Widra. Der FDP-Landesgeschäftsführer hat seine Magisterarbeit zu Külz geschrieben. Külz wurde beurlaubt, am 16. März vom Reichskommissar für das Land Sachsen, Manfred von Killinger, des Amtes enthoben und 1934 noch zweimal in „Schutzhaft“ genommen. Seine Zeit als Dresdner Oberbürgermeister war vorüber.

Wilhelm Külz entstammte einer sächsischen Pfarrerfamilie aus Borna, wo er am 18. Februar 1875 geboren wurde. Er wuchs in der Geborgenheit des kleinbürgerlichen Elternhauses auf und besuchte die Fürstenschulen „Sank Augustin“ in Grimma, studierte Rechts- und Staatswissenschaften an den Universitäten Leipzig und Tübingen, promovierte und erklomm schließlich in der Lokalpolitik die Karriereleiter.

Von Zittau aus, wo er 1901 Stadtschreiber wurde, führte ihn der Weg 1903 nach Meerane als stellvertretender Bürgermeister und 1904 bis 1912 als Bürgermeister und Oberbürgermeister nach Bückeburg im jetzigen Niedersachsen. „In wenig mehr als zehn Jahren hatte ich die Spanne vom Oberprimaner bis zum Oberbürgermeister überwunden.“, kommentiert Külz später. Er wird in den Landtag von Schaumburg-Lippe gewählt und wird Landtagspräsident. Das Reichskolonialamt in Berlin wird auf ihn aufmerksam und fordert ihn im Sommer 1907 auf, als Reichskommissar in die deutsche Kolonie Südwestafrika zu gehen. Die dort 1909 eingeführte Kommunalverwaltung stammte aus seiner Feder.

1912 kehrt Külz nach Zittau zurück, nachdem er dort zum Oberbürgermeister gewählt worden war. Er wird als „Mann der Basis“ beschrieben, der sich selbst von den Zuständen ein Bild machte, großen Wert habe er auf die Förderung der Wirtschaft gelegt, dabei aber auch soziale Fragen wie etwa geregelte Arbeits- und Urlaubszeiten für die Arbeiterschaft nicht aus dem Auge verloren. „Külz hatte ein ausgeprägtes sozialliberales Profil“, sagt Widera. Er galt als Muster an Pflichterfüllung, aber auch als gesellig.

Im Ersten Weltkrieg dient Külz als Hauptmann und Kompanieführer an der Westfront. Im Sommer 1919 wird er in den Parteiausschuss der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) gewählt, zieht 1919 als Abgeordneter in die Weimarer Nationalversammlung ein und ist von 1922 bis 1932 Reichstagsabgeordneter. Im Mai 1923 wird der inzwischen 48-Jährige zum Zweiten Bürgermeister von Dresden, nachdem er sich für das Amt selbst vorgeschlagen hat. Vor seiner Wahl 1931 zum Oberbürgermeister ist er zwischenzeitlich auch noch 1926 Reichsinnenminister unter den Kanzlern Hans Luther und Wilhelm Marx.

Als Dresdner OB hat er später mit der hohen Verschuldung der Stadt und der hohen Arbeitslosigkeit zu kämpfen. Nach dem Abgang lebt Külz ab 1935 zurückgezogen in Berlin.

Nach Kriegsende gehört Külz 1945 in Berlin zu den Begründern der Liberal-Demokratischen Partei. Zeitweise war er zusammen mit Theodor Heuss einer der beiden Vorsitzenden eines gemeinsamen Vorstandes aller liberalen Parteien in Deutschland. Als sich jedoch die LDP entschied, an dem von der SED initiierten Ersten Deutschen Volkskongress teilzunehmen, kommt es zum Bruch mit den Liberalen im Westen. Gemeinsam mit Otto Nuschke (CDU) und Wilhelm Pieck (SED) übernimmt Külz 1948 den Vorsitz des Deutschen Volksrates, eines Vorläufers der späteren DDR-Volkskammer. Kritiker werfen ihm deshalb vor, die LDP der SED und den Sowjetischen Militärbehörden ausgeliefert zu haben. „Er akzeptierte für den Moment die sowjetische Besatzung und bewegte sich in den gegebenen Möglichkeiten“, sagt Widra. Er habe gehofft, dass sich die deutsche Einheit so bewahren ließe und vermutlich den Herrschaftsanspruch der Sowjets zu spät erkannt.