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Die gute Seele von Hörnitz

Sabine Spitzner-Schmieder hilft wo sie kann, bezahlt sogar eine Wegreparatur und fährt jetzt zur chinesischen Botschaft.

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© Matthias Weber

Von Holger Gutte

Bertsdorf-Hörnitz. Frauen, die in Bertsdorf-Hörnitz Sabine heißen, gibt es bestimmt viele. Wenn die Hurnzer aber erzählen, „dass weiß ich von Sabine“, ist damit nur eine gemeint. Sabine Spitzner-Schmieder ist für viele im Ortsteil Hörnitz so etwas wie die gute Seele des Dorfes. Schmunzelnd nennen sie einige auch „unsere heimliche stellvertretende Bürgermeisterin“. Diese Bezeichnung mag die 64-Jährige aber gar nicht.

Vorher hatte er tiefe Spurrinnen.
Vorher hatte er tiefe Spurrinnen. © Sabine Spitzner-Schmieder

„In persönlichen Dingen bin ich eher schüchtern. Aber wenn es um die Belange der Gemeinde geht oder ich jemanden helfen will, kann ich schon aufmüpfig werden“, sagt sie. Und dann setzt sich die Diplom-Ingenieurin für Maschinenbau mit Ausdauer und all ihren Kontakten dafür ein. Wir leben in einem Dorf. Da kennt jeder jeden und da muss man sich helfen, ist ihre Devise. Zu den jüngsten Beispielen zählt dafür der Weg an ihrem Haus. Bürgermeister Günther Ohmann (parteilos/Freie Wähler) dankte Sabine Spitzner-Schmieder auf der jüngsten Gemeinderatssitzung für ihr Engagement. „Mit ihrem Handeln hat sie uns am 17. Dezember überrascht“, sagt der Bürgermeister.

Der Wiesenweg neben ihrem Haus ist in einem sehr schlechten Zustand gewesen. Nur wenige Grundstücke gibt es dort. Aber hier wohnt eben auch eine ältere Frau, die schlecht zu Fuß ist. Der Weg ist eine untergeordnete Straße vierter Kategorie. Da haben Reparaturen an anderen Straßen und Wegen Vorrang. Als Sabine Spitzner-Schmieder merkt, dass sich am Wiesenweg nichts tut, greift sie selber ein. Sie holt sich das Einverständnis ihres Nachbarn und kauft zehn Tonnen Gemisch. Die Leute vom Mietpark in Hörnitz kennt sie schon als kleine Kinder und muss deshalb nicht betteln. 198 Euro zahlt sie für das In-Ordnung-Bringen eines etwa 30 Meter langen Wegabschnittes. „Wir haben uns den Weg angesehen. Das ist ordentlich gemacht worden“, lobt sie Günther Ohmann. Eineinhalb Stunden wurde das Gemisch verrüttelt, da muss es halten, berichtet die 64-Jährige. Sie hat Bilder gemacht, wie der Wiesenweg in diesem Bereich vorher aussah. 38 Zentimeter sind die tiefsten Schlaglöcher gewesen. Eine Asphaltdecke gab es hier noch nie. Die Spurrinnen sind zum Schluss so tief, dass einige ihre Autos schon am Parkplatz bei Stadt Zittau abstellten und den Weg zu Fuß gingen.

Der Bürgermeister will nun recherchieren, ob die Gemeinde ihr wenigstens einen Teil des Geldes erstatten kann. Der kleine Weg hatte bisher kaum Beachtung gefunden. „Wir haben nachgeschaut. Es ist ein öffentlicher Weg und der geht bis zum Waldhaus“, sagt der Bürgermeister. Die Gemeinde trägt seit 1995 die Baulast, wie es in der Amtssprache heißt. Aber es gibt keinen Eintrag im Grundbuch darüber.

Sabine Spitzner-Schmieder rechnet nicht damit, dass sie das Geld zurückbekommt, obwohl sie sich sicher darüber freuen würde. „Das ist mein Weihnachtsgeschenk gewesen“, sagt sie. Denn mittlerweile beschäftigt sie sich mit ganz anderen Dingen. Ein Bekannter aus dem Ort arbeitet seit ein paar Jahren für eine Neugersdorfer Firma in China und hat eine Chinesin kennengelernt. Nach der Heirat und der Geburt des Kindes dort, hilft ihm Sabine Spitzner-Schmieder, den Weg in Deutschland für die drei zu ebnen. „Ich habe eine Vollmacht von ihm und schon nach einem Kita-Platz bei uns nachgefragt“, erzählt sie. Aber nicht nur das. Vor kurzem ist sie mit ihm auch bei der chinesischen Botschaft in Berlin gewesen.

Und bevor sie so was macht, recherchiert sie gründlich. Sie weiß, dass ein Botschaftsmitarbeiter in den 1980er Jahren im Federnwerk in Pethau war, weil dort 80 Chinesen gearbeitet haben. Ihr Vater ist dort Hauptbuchhalter gewesen. So was kann helfen, ins Gespräch zu kommen, meint sie. „Ich kann jederzeit rechtlich fundierte Schreiben abschicken“, sagt sie. Aber sie hat die Erfahrung gemacht, mit freundlich geführten Gesprächen, die man voller Zuversicht führt, erreicht man mehr. Und das hat sie schon oft praktiziert. Dadurch, dass sie auch im kaufmännischen Bereich gearbeitet und eine Rechtsausbildung hat, weiß sie genau, was sie tut. Und die Hurnzer sind froh, dass sie sie haben. Als eine Wahlhelferin gebraucht wurde, war sie zur Stelle und wenn irgendwo eine Reparatur ansteht, spricht sie das Problem im Gemeinderat oder anderswo an. Sie freut sich, wenn dann beispielsweise in der Turnhalle die Fenster gekittet und die Tür gestrichen ist. Oder das Straßenbauamt die Haltestelle bei „Stadt Zittau“ in Ordnung gebracht hat, damit Gehbehinderte besser ein- und aussteigen können.

„Ich bin so, und man wird mich nicht mehr ändern können“, sagt sie. Man ahnt gar nicht, wo sie überall ihre Finger im Spiel hat. Als die älteste Einwohnerin von Hörnitz noch mit dem Bus fuhr, sprach Sabine Spitzner-Schmieder im Bus Kinder an, ob sie der Frau beim Aussteigen helfen können. „Ein Dorf muss leben und damit auch miteinander leben“, sagt sie. Deshalb setzt sie sich vor allem für Kinder und ältere Leute ein. Die Schule und ein Spielplatz in Hörnitz muss das größte Ziel in der Gemeinde sein, fordert sei. Auch der Erhalt von „Stadt Zittau“ und der Faschingsclub liegen ihr am Herzen. Als noch Fasching in Hörnitz war, hat sie ums Haus Schnee geschippt. Heute kann der Verein seine Faschingsutensilien in ihrem Haus einlagern.

Und bei all dem Engagement macht sie noch einen zeitraubenden Job. Freiberuflich betreibt sie archivarische Forschungen für die Hochschule und Zittaus Professor Jos Tomlow.