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Die Gesichter des Straßburger Platzes

Extravagante Bauten prägten das Tor zur Dresdner Altstadt schon vor fast 100 Jahren. Und es wird weiter gebaut.

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© Sven Ellger

Von Alexander Olbrich

Blechlawinen walzen über die Stübelallee, Pendler hetzen zur Straßenbahn, Schüler kaufen sich im neuen Shoppingzentrum vor dem Unterricht noch schnell ein Brötchen: Auf dem Straßburger Platz hat der morgendliche Trubel begonnen. Viel los ist hier schon seit mehr als 100 Jahren. Und es wird noch lebhafter.

So sah der Straßburger Platz noch vor 100 Jahren aus: Dort, wo heute die Gläserne Manufaktur steht, befand sich früher der städtische Ausstellungspalast. Auch elektrische Straßenbahnen fuhren schon.
So sah der Straßburger Platz noch vor 100 Jahren aus: Dort, wo heute die Gläserne Manufaktur steht, befand sich früher der städtische Ausstellungspalast. Auch elektrische Straßenbahnen fuhren schon. © Sammlung Holger Naumann

Bereits 1898 erhielt der Platz einen Namen. Benannt wurde er damals nach dem ehemaligen Dresdner Oberbürgermeister Dr. Paul Stübel. Mit dem Bau des weltweit ersten Kugelhauses im Jahr 1928 wurde es voll auf dem Platz. Dieses Kugelhaus sollte eigentlich nur als Hingucker für die „Jahresschau deutscher Arbeit“ dienen und 1931 wieder abgerissen werden. Unter anderem waren ein Café und eine Ausstellung der Hochschule darin untergebracht. Doch das extravagante Gebäude kam gut an und wurde zu einem Wahrzeichen der Stadt. 1934 wollten die Nationalsozialisten das ungewönliche Bauwerk abreißen. Ein Grund könnte gewesen sein, dass der Bau von einem jüdischen Architekten geleitet wurde. Allerdings scheuten sich die Abrissunternehmen, das Kugelhaus abzutragen. Sie befürchteten einen vorzeitigen Einsturz.

Bis 1938 konnte das Gebäude erhalten werden, dann kam der unwiderrufliche Abrissbefehl. Im Zweiten Weltkrieg wurde Metall knapp. Auch ein fehlender Betreiber könnte den Ausschlag für das Ende des Kugelhauses gegeben haben. In Vergessenheit geriet es bei den Dresdnern aber nie. 2005 erhielt der Wiener Platz ein Glaskugelhaus, das optisch zumindest Ähnlichkeit mit dem Original besitzt.

Drei Namen in 100 Jahren

Ein weiteres Bauwerk, das dem Krieg zum Opfer fiel, war der Stübelbrunnen. In der Nacht vom 13. zum 14. Februar 1945 wurde er schwer beschädigt. Sämtliche Bemühungen, den Brunnen wiederzuerrichten, sind gescheitert, nachdem er 1960 abgetragen worden war. An der Stelle steht heute ein Denkmal des tschechischen Journalisten und Antifaschisten Julius Fucik. Nach ihm ist der Platz 1951 umbenannt worden.

Ende der 60er-Jahre entstanden am Fucikplatz die ersten Plattenbauten. Damit zogen auch Leute ans Tor zur Altstadt. Leben brachten auch die vielen Straßenbahnen auf den Platz, der zu DDR-Zeiten wieder zu einem Knotenpunkt im öffentlichen Personennahverkehr wurde. Bereits 1906 fuhr eine Straßenbahn vom Hauptbahnhof über das Ausstellungsgelände am damaligen Stübelplatz in die Johannstadt.

Den dritten Namenswechsel erlebte der Platz 1991, als er nach der französischen Stadt Straßburg benannt wurde und diesen Namen bis heute trägt. Rein optisch veränderte sich der Platz aber erst zur Jahrtausendwende, als der Grundstein für die Gläserne Manufaktur gelegt wurde. Am 19. März 2002 wurde der Betrieb aufgenommen. Doch die Absatzzahlen der VW-Luxuskarosse Phaeton blieben hinter den Erwartungen zurück. Seit dem Produktionsende Anfang dieses Jahres werden keine Autos mehr in der Manufaktur gebaut. Stattdessen ist seit April die Ausstellung „Schaufenster Elektromobilität“ in dem extravaganten Gebäude zu sehen. Die Entscheidung, ob und wann wieder Autos in der Gläsernen Manufaktur produziert werden, soll bis Ende des Jahres fallen.

Ruhig wird es auf dem Straßburger Platz trotzdem nicht. Im Mai hat das neue Einkaufszentrum SP1 eröffnet, dort, wo früher einmal die Zelte des Zirkus‘ Sarrasani standen. Für die Bewohner verkürzen sich damit die Wege zum nächsten Supermarkt. Auch ein Bioladen und ein Schuhhändler sind in den modernen Bau eingezogen, dessen silberne Metallverkleidung ins Auge fällt.

Und das nächste Großprojekt steht schon bevor. So soll bis 2017 an der Ecke Grunaer Straße/Güntzstraße ein neuer Bildungscampus für die Fachhochschule Dresden, die Akademie für Wirtschaft und Verwaltung sowie die Akademie für berufliche Bildung gebaut werden.

Noch mehr Trubel durch Studenten

An dem Schulstandort, der rund 20 Millionen Euro kosten soll, werden in Zukunft 1 500 Auszubildende und Studenten lernen. Das fünfstöckige Gebäude wird die Freifläche zwischen Grunaer Straße und Seidnitzer Straße entlang der Güntzstraße einnehmen. Auch eine Mensa, eine Bibliothek und ein Fitnessstudio sind geplant.

Wenn der Schulcampus dann fertig ist, wird auf dem Straßburger Platz noch viel mehr Trubel herrschen als jetzt schon.