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Die Geschichte vom Feier-August und den Ruhestörern

Der Kurfürst hat prunkvolle Feste gefeiert. Da ging es schon mal laut zu. Er selbst bestand jedoch auf Nachtruhe.

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© André Wirsig

Von Philipp Eller

Allein 584 Mal musste die Polizei im Juli 2016 ausrücken, weil Nachbarn zu laut waren. Ein Problem, das die Dresdner auch schon vor 300 Jahren kannten. Gegen einen Ruhestörer konnten sie damals indes wenig ausrichten: August den Starken.

Dessen Feste sind heute legendär. Sie dauerten gerne bis in die Morgenstunden und brachten sicher den einen oder anderen Bürger um den Schlaf. Zur Hochzeit seines Sohnes ließ er 1719 auf der Elbe vor dem heutigen Japanischen Palais eine antike Schlacht mit Feuerwerkskörpern nachspielen. Die explodierenden Raketen waren laut und hüllten die Stadt in Rauchschwaden. Dazu stellten sie eine große neue Brandgefahr für die zuletzt 1685 abgebrannte Neustadt dar.

Wenn allerdings seine Untertanen nachts über die Stränge schlugen, war der Kurfürst weniger kulant, wie Akten im Dresdner Hauptstaatsarchiv zeigen. 1694 hatte sich Jacob van der Velde ein Haus gegenüber dem Schlosstor gekauft. Der gebürtige Rotterdamer hatte zuletzt in Stockholm gelebt und war wegen der „ihm zuträglicher[en] Lufft“ nach Dresden gezogen. In seinem Haus wollte er mit ausländischen Spezialitäten handeln und ein Café führen. Es sollten Kaffee, Tee, Schokolade aber auch „allerhand köstlicher distillirten Wasser“ - also Schnaps - ausgeschenkt werden. Als Niederländer war er vermutlich kein Lutheraner und durfte in Sachsen weder Bürger werden noch selbstständig arbeiten. Deshalb bat er um eine vom Kurfürsten unterschriebene Sondererlaubnis, eine Hofbefreiung, welche er im November 1694 auch erhielt.

Viel Freude hatte August der Starke aber nicht an dem neuen Nachbarn. Schon im Dezember hatte sich in dem Café „ein großer Mißbrauch“ eingeschlichen: Dessen Besucher unterstanden sich „lang über gebührende Zeit, öffters lang über Mitternacht zu sitzen“. Was zu „Vielerley ungelegenheiten, unordnung und Feuersgefahr“ führte, wie es in einem Befehl des Kurfürsten heißt. Offenbar störten die Gäste den Schlaf Augusts, wenn sie ihren Heimweg durch die damals unbeleuchtete Schloßstraße antraten. Dank des ein oder anderen „Wassers“ waren sie dabei sicher nicht immer nüchtern.

Ein barocker Fürst hatte indes einiges mehr gegen Nachtschwärmer in der Hand als heutige Anwohner: Um den Schlaf gebracht, drohte der Kurfürst van der Velde mit seiner Ungnade, sollte er sich nicht an die Nachtruhe um 22 Uhr halten. Bevor es zu weiteren Beschwerden kam, hatte der Niederländer sein Café bereits geschlossen und war aus Dresden weggezogen. August der Starke konnte wieder ruhig schlafen: Er war erneut der einzige nächtliche Ruhestörer auf der Schloßstraße.