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Die gefährliche Viertelstunde

Dippser Eltern wollen einen Zebrastreifen in der Rabenauer Straße, die Stadt nicht. Die SZ zählt noch mal die Autos.

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© Egbert Kamprath

Von Franz Herz

Dippoldiswalde. Vor vier Wochen ist auf der Rabenauer Straße die siebenjährige Tamara schwer verletzt worden. Sie wollte die Straße zur Bushaltestelle an der Querstraße überqueren und ist dabei so heftig mit einer Mopedfahrerin zusammengestoßen, dass sie ins Krankenhaus musste .

Nach diesem Unfall ihrer Tochter forderte Familie Pretzsch einen Zebrastreifen über die Rabenauer Straße, stieß aber in der Stadtverwaltung auf Zurückhaltung. Die Verkehrszahlen auf der Rabenauer Straße gäben das nicht her, hieß das Argument aus dem Rathaus .

Ist das wirklich so? Die Sächsische Zeitung zählte einmal genau nach, am Montag dieser Woche von 7 Uhr bis 7.30 Uhr. Das Wetter war nasskalt, es hatte aber zu regnen aufgehört. Standort für die Verkehrszählung war die Einmündung der Querstraße, genau zwischen den beiden Bushaltestellen, die nach dieser Straße benannt sind. Dort steht auch eine Straßenlaterne. Das half bei der Arbeit, denn um 7 Uhr war es noch dunkel. Die Morgendämmerung hatte gerade erst eingesetzt.

Dann wird es hektisch

Die Zählung begann verhalten. In den ersten fünf Minuten fuhren 44 Autos vorbei, davon etwas mehr stadtauswärts als stadteinwärts. Jetzt wäre es noch gar kein Problem, die Straße zu überqueren.

Zehn Minuten bleibt es so ruhig. Dann wird es hektisch. Der Verkehr steigt an. Die Zahl der Fahrzeuge verdoppelt sich. Zwischen 7.10 Uhr und 7.25 Uhr ist Konzentration erforderlich, um jedes Fahrzeug richtig zu erfassen. Das ist auch genau die Zeit, in der die Kinder zu ihrem Schulbus müssen. Zwei Busse, einer mit dem Ziel „Schule Reichstädt“ und einer mit dem Ziel „Schule Reinholdshain“ kommen um 7.22 Uhr hintereinander hier vorbei und nehmen die Kinder an der Querstraße mit. Und als ob die Busse das Signal gegeben hätten, lässt danach der Verkehr nach. Jetzt erlischt das Straßenlicht. Es ist jetzt hell genug. Interessant ist, dass seit 7.15 Uhr mehr Autos in die Stadt hineinfahren als stadtauswärts.

In den fünf Minuten vor halb acht geht die Zahl der Fahrzeuge wieder um ein Drittel zurück gegenüber den Minuten vorher. Danach kommt sogar eine halbe Minute lang überhaupt kein Auto. Diese Stichprobe hat ergeben: Ab 7.10 Uhr wird es am Morgen eine Viertelstunde lang kritisch auf der Rabenauer Straße. Das ist genau die Zeit, in der auch die Schüler aus dem Wohngebiet am Heideweg die Rabenauer Straße überqueren müssen, um ihren Schulbus Richtung Reichstädt oder Reinholdshain zu erreichen.

Verena Schneider, die an der Rabenauer Straße wohnt, schreibt dazu auch ihre Meinung. „Allmorgendlich kann ich beobachten mit welchen widrigen Dingen unsere jüngsten Schulkinder zu kämpfen haben, um an die Buswartehalle zu kommen. Muss erst ein schlimmer Unfall passieren, bevor man etwas für die Sicherheit der Kinder tut?“ Sie ist der Meinung, dass ein Fußgängerüberweg ein Schritt zu mehr Sicherheit für die Kinder wäre.

Genauso sehen es auch die Eltern der kleinen Tamara. Sie können die Zurückhaltung der Stadtverwaltung nicht verstehen.

Diese orientiert sich bei ihrem Vorgehen an der aktuellen Richtlinie für die Einrichtung von Fußgängerüberwegen des Bundesverkehrsministeriums, die auch für Dippoldiswalde gilt. Dieses Papier sieht vor, dass in einer Stunde mindestens 450 bis 600 Fahrzeuge vorbeifahren und 50 bis 100 Fußgänger die Straße queren sollen, damit dort ein Überweg empfohlen wird, wie Judy Zornsch vom Verkehrsamt der Stadt informiert. In der gefährlichen Viertelstunde nach 7.10 Uhr werden diese Fahrzeugzahlen deutlich überschritten. Aber vorher und nachher fallen sie wieder ab. Insgesamt sind in der halben Stunde unserer Zählung 377 Fahrzeuge an der Bushaltestelle vorbei gefahren. Die Fußgängerzahl reicht nach der Richtlinie nicht aus. Neun sind an der Querstraße in der halben Stunde der Zählung über die Straße gegangen.

Petition läuft online

Es gibt noch einen Knackpunkt. Auf einer Straße sollen nicht zu viele Übergänge eingerichtet werden. Auf der Rabenauer Straße besteht aber am Heidepark in rund 500 Metern Entfernung zur Querstraße bereits ein Zebrastreifen. Diesen abzubauen, um an der Querstraße einen neu zu errichten, will die Stadtverwaltung auch nicht.

Familie Pretzsch will sich nicht mit den gesetzlichen Details herumschlagen. Ihr geht es um die Sicherheit ihrer Kinder. Deswegen hat sie noch im September eine Online-Petition gestartet unter dem Titel „Sicherheit für unsere Kinder im Straßenverkehr“. Die hat inzwischen die Halbzeit erreicht. Daran haben sich bis Mittwoch 147 Unterstützer beteiligt. Davon kommen 100 aus Dippoldiswalde selbst – und auf die kommt es an. Denn der Betreiber des Portals für die Online-Petitionen setzt je nach Einwohnerzahl eine Mindestzahl von Stimmen aus dem Ort fest, damit eine Petition als erfolgreich gewertet wird. Für Dipps liegt die Zahl bei 400. Wenn die Marke erreicht wird, schickt die Firma Online-Petition das Anliegen an Oberbürgermeister Jens Peter (Freie Wähler), damit er sich damit auseinandersetzt. Davon ist die Dippoldiswalder Petition aber noch weit entfernt. Sie läuft noch bis 22. November und hat bisher erst ein Viertel der mindestens geforderten Unterstützer aus Dippoldiswalde.

Hier geht es zur Onlinepetition