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Die Freiheit an der Töpferscheibe

Die Reichstädterin Grit Bormann entschied sich bewusst für das Handwerk. Den Ausschlag gab ihr Wunsch nach Selbstständigkeit.

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© Egbert Kamprath

Von Franz Herz

Die Arbeit in ihrer Werkstatt in Reichstädt bietet Grit Bormann Freiheiten, die sie in einem anderen Beruf wahrscheinlich nicht gefunden hätte. Daher hat sich die Töpferin vor rund 25 Jahren entschieden, nicht zu studieren, sondern eine Lehre zur Töpferin zu beginnen. Seit 20 Jahren produziert sie in ihrer Werkstatt Räuchermännel, Kaffeetassen, überhaupt Geschirr aller Art. Dabei arbeitet sie mit Elisabeth Richter zusammen, die eine eher künstlerische Ausrichtung in ihre Arbeit pflegt.

Aus den Tonklumpen formt Grit Bormann auf der Töpferscheibe das Geschirr.
Aus den Tonklumpen formt Grit Bormann auf der Töpferscheibe das Geschirr. © Egbert Kamprath
Nach dem ersten Brand kommt die Keramik aufs Trockengestell.
Nach dem ersten Brand kommt die Keramik aufs Trockengestell. © Egbert Kamprath
Schließlich wird die Keramik mit Glasur versehen und das zweite Mal gebrannt, bis es fertig im Ladenregal steht.
Schließlich wird die Keramik mit Glasur versehen und das zweite Mal gebrannt, bis es fertig im Ladenregal steht. © Egbert Kamprath

Grit Bormann erzählt, wie sie zu ihrer Berufsentscheidung gekommen ist. 1989 hat sie in Dippoldiswalde Abitur gemacht und wollte studieren. Allerdings gab es in den Fächern, die sie interessiert hätten, keine Studienplätze. Daher hat sie erst ein wenig in Dresden gejobbt, ein Praktikum am Theater gemacht. Nachdem die Grenze offen war, ist sie viel gereist, hat ein Jahr als Au Pair in der Schweiz gearbeitet – und sich überlegt, wie sie sich ihren Lebensweg vorstellt.

„Wenn ich studiere, bedeutet das meist, dass ich später in einer Institution arbeite und mich an deren Vorgaben halten muss, gleich ob in der Schule oder am Theater“, war ihr Gedanke damals. So ging die Überlegung dahin, einen Handwerksberuf zu ergreifen, in dem sie sich auch selbstständig machen kann. Dabei lassen sich auch Familienleben und berufliche Anforderungen leichter aufeinander abstimmen. Das war auch mit ein Grund, warum sie Töpferin geworden ist. Für dieses Handwerk sind keine großen Investitionen erforderlich. Ein Brennofen, eine Töpferscheibe und Trockengestelle, damit hat eine Werkstatt schon einmal ihre Grundausstattung.

Grit Bormann hat dann im Schwarzwald ihre Lehre gemacht. Dort hat sie auch ihren ersten Sohn bekommen und festgestellt, wie schlecht die Kinderbetreuung damals in Baden-Württemberg organisiert war. Das war ein Grund, warum sie ins Osterzgebirge zurückgekehrt ist. Hier hat sie 1996 ihre erste eigene Werkstatt in einem alten Bauernhof in Borlas aufgemacht. „Vor zwanzig Jahren habe ich zum ersten Mal auf dem Weihnachtsmarkt in Dippoldiswalde verkauft“, erinnert sie sich. Zum Verkauf ihrer Produkte ist sie in der Anfangszeit fast jedes Wochenende über Märkte getingelt.

Heute kommt es häufig vor, dass jemand einfach die Ladentür öffnet wie gerade Marianne Schüttoff. Die Seifersdorferin will vier Tassen und passende Unterteller. Aus einem Korb mit fertiger Keramik sucht sie sich das Passende heraus. Sie sind alle ein wenig unterschiedlich. Jede ist von Hand gemacht, kein Maschinenprodukt. Grit Bormann verpackt alle sorgfältig in Papier. 32 Euro für die Tassen, 28 Euro für die Teller. Macht genau sechzig Euro.

Marianne Schüttoff kauft schon über zehn Jahre in der Reichstädter Töpferei ein. Auch wenn jetzt schon Adventszeit ist, werden die Tassen noch kein Weihnachtsgeschenk, sondern sind als Geburtstagsgabe vorgesehen. „Vor Weihnachten komme ich aber bestimmt noch mal wieder“, sagt die Kundin im Hinausgehen.

Einige wenige Märkte besucht Grit Bormann immer noch. Auf dem Mittelaltermarkt in Weesenstein geht sie seit 20 Jahren. Auf dem Weihnachtsmarkt in Schloss Nöthnitz war sie und am 4. Advent geht sie nach Reichenau auf den Sonnenhof.

Grit Bormann ist aus ihrer Borlaser Werkstatt nach einigen Jahren umgezogen in Räume im Reichstädter Schloss und 2003 hat sich ihr die Möglichkeit geboten, die alte Schule in Reichstädt zu übernehmen. Die hat sie dann mit ihrer Familie saniert und im Erdgeschoss die Ladenwerkstatt eingerichtet. Hier stehen auf der rückwärtigen Seite die beiden Brennöfen und die Töpferscheibe.

Heute arbeitet die Töpferin meist vormittags. Spätestens um halb acht ist sie in der Werkstatt. Da kann sie sich auf ihre Arbeit konzentrieren. Mittags, wenn die drei Jüngsten ihrer fünf Kinder nach Hause kommen, kocht sie für sie. Am Nachmittag kommen dann die meisten Kunden. Sie können sich im vorderen Teil, im Laden, aussuchen, was ihnen gefällt – oder auch individuell ein bestimmtes Stück bei der Töpferin in Auftrag geben.