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Die Feier kann warten

Erneuter Wechsel im Görlitzer Burghof: Jetzt leitet eine Weimarer Gastronomin das Hotel. Es bleibt dennoch in der Familie.

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© nikolaischmidt.de

Von Ralph Schermann

Görlitz. Im Biesnitzer Burghof ist nichts so beständig wie der Wechsel. Seit Monatsbeginn leitet Christine Klostermann das Haus. Erst im vorigen Jahr hatte die Gastronomenfamilie Colucci das kleine Hotel am Fuß der Landeskrone übernommen, unerwartet aber auf eigenen Wunsch den Pachtvertrag beendet. Hauseigentümer Ralph Tinzmann wusste nicht so recht, wie es weitergehen soll. „Da hat er mich gefragt“, erzählt Christine Klostermann.

Tinzmann, in Görlitz vor allem als Arzt bekannt, ist ihr Neffe. Als solcher weiß er, dass seine Tante vom Fach ist. 1954 in Weimar geboren, lernte sie die Gastronomie von der Pike auf, studierte in Leipzig, arbeitet seitdem bereits mehr als drei Jahrzehnte im Restaurantbetrieb, machte sich 1989 selbstständig. Ihr in Weimar beliebtes Restaurant „Zum Ilmschlösschen“ hatte Christine Klostermann bereits vor einigen Monaten an den Koch und Gastronomen Thomas Schmidt verkauft, wollte aber bis zum Ruhestand noch die Wirtin sein. Manchmal kommt es eben anders. „Ein kleines Hotel war immer mein Träumchen“, erzählt sie. Mit dem Burghof hat sie es gefunden. „Und Görlitz gefällt mir“, ergänzt sie. Weil sie hier bisher „nur sympathische Leute getroffen“ hat. Das ist nicht alltäglich, weiß sie: „In Görlitz stieß ich auch bei Ämtern, bei den Stadtwerken, bei Firmen nur auf Hilfsbereitschaft, das gab mit den Ausschlag.“ Sie bezog eine Wohnung unter dem Burghofdach, fand schnell heraus, dass sie auch in Görlitz ihren Lieblingssport Tennis pflegen kann, und als sogar die achtjährige Berner Sennenhündin Carolin mit der neuen Umgebung zufrieden schien, sagte Christine Klostermann zu. Im Januar ist Umzug.

Allein freilich ist der Burghof nicht zu betreiben. Der eigene Sohn (35) ist zwar auch gelernter Gastronom, arbeitet aber bei BMW in Erfurt. Da fragte die neue Chefin einfach den Sohn ihres Neffen. Lucas Tinzmann (24) ist BWL-Student in Jena und absolviert nun sein Praktikum im Burghof, um dort künftig fest angestellt zu werden. „So geht der Burghof als Familienbetrieb weiter“, betont Christine Klostermann. Im Mittelpunkt bleiben vier Ferienwohnungen und fünf Hotelzimmer mit 17 Betten, alles zurzeit gut gebucht. Schon aber hat die neue Chefin auch Veränderungen im Haus vornehmen lassen, will den Garten umgestalten und „2017 auf jeden Fall das Café wiederbeleben.“ Erst dann gibt's eine Feier. „Vielleicht als thüringisch-sächsischen Grillabend im Frühjahr?“, überlegt sie. Dann stellt sie eventuell noch eine weitere Mitarbeiterin auf 450-Euro-Basis ein.

Die Tradition ist alt. 1898 ließ der Görlitzer Orgelbaumeister Carl Hoffmann das Haus bauen, schon damals gleich als Lokal. Die Obergeschosse dienten als Hotel, das Parterre als Gaststätte. Zeitgemäß wurde ein Tanzsaal angebaut, dann führten eine Reihe von Wirten den Burghof durch Weltkriege, Wirtschaftskrisen und Gesellschaftsordnungen. Auch nach 1945 war hier wieder Tanz, selbst die staatliche DDR-Handelsorganisation behielt das bei, als sie 1952 das Lokal übernahm. Vor allem unter Horst und später Karsten Fuchs hatte der Burghof einen hervorragenden Ruf, gewann die beliebtesten Kapellen, lud zu Tanzkursen ebenso ein wie zu Kaffeekonzerten, Varieté, Kindernachmittagen und immer wieder zu Partys mit originellen Innendekorationen. Immer waren solche Veranstaltungen ausverkauft, aber auch im Tagesgeschäft der Gaststätte die Plätze meist knapp. Abhilfe gab es 1969 mit der Eröffnung eines weiteren Anbaus, diesmal an der Straßenseite. All das ist durchaus noch manchem Görlitzer ebenso bekannt wie die Tatsache, dass der Burghof die Nachwendezeit nur schwer verkraftete. Die damalige Chefin kam damit nicht zurecht und wurde zur Brandstifterin. 1994 lag der Komplex in Schutt und Asche.

Lange 15 Jahre lag er so. Bis 2009 Ralph Tinzmann das Gebäude erwarb, sanierte und in seinen ursprünglichen Charme versetzte – ohne Tanzsaal und Anbau. Neben der Pension eröffnete Ralph Tinzmann ein Café im Garten. Die Bewirtschaftung durch Tinzmanns Familienangehörige endete 2014, dann fand er die Pächterfamilie Colucci. Statt Pension ist der Burghof seitdem Hotel garni, also Hotel mit Frühstücksversorgung. „Abends sind die Touristen eh in Görlitz unterwegs und essen dort auch“, übernimmt Christine Klostermann dieses Hotelkonzept. Für eine eigene Abendgastronomie fehlt ohnehin eine größere Küche. Doch man soll ja nie nie sagen. Denn längst weiß es jeder Biesnitzer: Im Burghof ist nichts so beständig wie der Wechsel.

Kontakt: Hotel Burghof, Promenadenstraße 97, 02827 Görlitz, 03581750366, www.burghof-goerlitz.com