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Die etwas andere Wohngemeinschaft

Auf der Leisniger Straße wird ein Denkmal saniert. Dort ist nicht nur der Bauherr ungewöhnlich.

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© René Meinig

Von Sarah Grundmann

Auf den ersten Blick wirkt die Baustelle auf der Leisniger Straße wie jede andere: Ein Gerüst verdeckt die Fassade des Denkmals gegenüber der Förderschule, innen laufen Bauleute hin und her, es dröhnt und staubt. Nichts deutet darauf hin, wie ungewöhnlich das Projekt in Pieschen ist. Das fängt schon beim Bauherren an.

2014 hat der Psychosoziale Trägerverein Sachsen das Gebäude von der Stadt gekauft. Ein sozialer Verein als Bauherr? „Uns ist aufgefallen, dass es in Dresden wenig Wohnangebote für Menschen mit psychischen Erkrankungen gibt“, erklärt Vorstand Kay Herklotz die Motivation, in Pieschen zu investieren. Bislang gibt es vor allem zentrale Unterbringungsmöglichkeiten, die an Heime erinnern.

So werden auf der Internetseite der Stadt aktuell sieben Einrichtungen gelistet, in denen psychisch Erkrankte ambulant betreut werden. Zwei davon sind speziell für Senioren gedacht, in einer anderen finden die Erkrankten Platz in einer Familie. Außerdem gibt es drei Wohngruppen und zwei sozialtherapeutische Wohnstätten. In jedem Fall leben die Erkrankten hauptsächlich mit anderen Menschen mit psychischen Problemen zusammen. Das soll in Pieschen nicht der Fall sein.

Jung, alt, gesund, krank – auf die Durchmischung kommt es dem Verein an. Damit die gelingt, wird auf jedes Detail geachtet. „Die Wohnungen sind alle behindertengerecht“, sagt Herklotz. So führt nicht nur ein Fahrstuhl vom Keller bis nach oben. Die Duschen sind ebenerdig, in den Garten führen Rampen. Alle Apartments werden zudem für Schwerhörige mit Lichtklingeln ausgestattet. Die Küchen sind unterfahrbar. Sprich: Sie werden so ausgestattet, dass auch Rollstuhlfahrer alles gut nutzen können – von der Steckdose bis zur Arbeitsplatte. „Wir wollen, dass die Mieter möglichst lange in den Wohnungen bleiben können und nicht wegen Krankheiten oder Altersschwäche ausziehen müssen“, sagt der Vereinsvorstand. Deswegen werde auch mit Pflegediensten zusammengearbeitet.

Eine Ausnahme ist die Wohnung, die zusätzlich unterm Dach entsteht. Bis dorthin führt der Fahrstuhl nicht. „Wir wünschen uns möglichst eine Studenten-WG“, so Herklotz. Die Idee: Die Bewohner der etwas anderen Wohngemeinschaft sollen sich im Alltag gegenseitig unterstützen. Deswegen wird im Erdgeschoss auch ein Gemeinschaftsraum eingerichtet. Dort können die Bewohner Feste feiern, Spiele spielen oder einfach nur plauschen. Ein Gästezimmer, das allen Mietern zur Verfügung steht, sowie ein Pflegebad mit therapeutischer Wanne sind auch geplant.

Herklotz hofft, dass das Konzept aufgeht und sich genügend Interessenten finden. Sie werden wohl mindestens 8,50 Euro pro Quadratmeter bezahlen müssen. „Wir wissen noch nicht genau, wo wir rauskommen, weil einige Leistungen noch nicht an Baufirmen vergeben sind“, erklärt der Vorstand. Günstigere Mieten seien wegen der technischen Feinheiten und den damit verbundenen hohen Investitionskosten aber nicht möglich. Im Frühjahr kommenden Jahres soll sich die etwas andere Wohngemeinschaft zusammenfinden. Wer ein Teil davon sein will, kann sich direkt an den Verein wenden.

www.ptv-sachsen.de