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Die etwas andere Feuerwehr

Die Firma TDDK und die Wehr in Straßgräbchen kooperieren jetzt. Für den Betrieb und die ganze Region.

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© René Plaul

Von Frank Oehl

Schon mal was von „doppelter Feuerwehrmitgliedschaft“ gehört? Nein? Dann wird es Zeit! Dorthin geht nämlich die Reise. Zumindest schon mal in Straßgräbchen. Hier gab es deshalb jetzt einen großen Bahnhof. Sogar Ministerpräsident Stanislaw Tillich war dabei, als der Klimakompressorenhersteller TDDK und die Wehr des Ortes, der jetzt zu Bernsdorf gehört, eine Kooperationsvereinbarung unterzeichneten. Sozusagen „begossen und beglaubigt“ mit dem Wasser eines Löschfahrzeuges. Es wird von Kameraden bedient, die gleichzeitig in zwei Feuerwehren Dienst tun. Deshalb die „Dopplung“.

Sokichi Hibino ist neuer Chef bei TDDK. Der 52-jährige Ingenieur ist seit 30 Jahren bei Toyota Industries, davon sieben Jahre auch in München.
Sokichi Hibino ist neuer Chef bei TDDK. Der 52-jährige Ingenieur ist seit 30 Jahren bei Toyota Industries, davon sieben Jahre auch in München. © René Plaul

Das muss erläutert werden: In der Tat stehen seit Kurzem 16 Mitarbeiter von TDDK, die auch in Biehla, Laubusch, Oßling, Ralbitz oder Steina wohnen und dort FFw-Kameraden sind, während ihrer Arbeitszeit für Einsätze der Feuerwehr Straßgräbchen zur Verfügung. Eine Schnellangriff-Demonstration zeigte MP Tillich, Landrat Michael Harig, Bernsdorfs Bürgermeister Harry Habel und auch dem neuen TDDK-Chef Sokichi Hibino, wie dies funktioniert: Gibt es einen Alarm, lassen die TDDK-Leute alles stehen und liegen und jagen notfalls in ihrer Arbeitskluft zu den extra für sie reservierten Parkplätzen gleich in Halleneingangsnähe. Von dort aus geht es mit dem Pkw ins Depot nach Straßgräbchen, wo die zwei Einsatzfahrzeuge schon angelassen sind. Feuerwehrchef Ingolf Höntsch, der nicht zufällig auch Ortsvorsteher ist: „Das geschieht innerhalb der vorgeschriebenen sieben Minuten. Damit ist die Tageseinsatzbereitschaft unserer Wehr gewährleistet.“

Höhere Arbeitssicherheit

Die Idee für diesen Ablauf stammt übrigens von der Basis selbst. Die Kameraden Stephan Bathow und Tobias Thomschke hatten bei TDDK angefragt, ob Feuerwehrleute, die hier arbeiten, nicht auf diese Weise für Notfälle zum Einsatz gebracht werden könnten. Da es keine Betriebsfeuerwehr gibt, war den Verantwortlichen damit durchaus auch aus dem Herzen gesprochen. Geschäftsführer Sokichi Hibino: „Das bietet unserem Betrieb ja selbst eine höhere Arbeitssicherheit.“ Immerhin werde auch auf den vorbeugenden Brandschutz im Werk großer Wert gelegt, so der neue Chef. Gleichzeitig, so Höntsch, profitiere die ganze Region im ländlichen Raum von einer einsatzbereiten Wehr in Straßgräbchen. So lobten auch Tillich und Harig in ihren Grußworten diese neue Form der Zusammenarbeit ausdrücklich. „Das möge auch woanders Schule machen“, heißt es. In Leppersdorf bei Müllermilch wird immerhin schon ähnlich verfahren

Gute Zusammenarbeit

Die Doppelmitgliedschaft bei der Feuerwehr ist mittlerweile auch formalbürokratisch geregelt, sogar gegen Widerstände. Auf einen Aufruf bei TDDK zum zusätzlichen Beitritt in die FFw Straßgräbchen hatte sich gleich ein Dutzend Kollegen gemeldet. Nachdem die Stadt Bernsdorf die Kleidung besorgt hatte, Tauglichkeitsnachweise, Ausbildungsstand und Einsatzerfahrung vorlagen und Einweisungen in die Feuerwehrtechnik sowie die Ausstattung mit Funkmeldern erfolgt sind, konnten die Zwölf nun ihre Doppelmitgliedschaft in ihrer Heimatwehr und in Straßgräbchen antreten. Bei der finanziellen Absicherung – zum Beispiel der doppelten Einsatzkleidung – hat sich auch der Landkreis beteiligt, war zu hören. Etwa 16 000 Euro wurden insgesamt aufgebracht. Die Tageseinsatzbereitschaft ist schließlich auch Gradmesser einer funktionierenden Ortswehr wie der in Straßgräbchen, die erst im März ihren 90. Geburtstag feiern konnte.

Der Klimakompressorenhersteller von Toyota Industries und Denso, dessen Belegschaft schon 750 Mitarbeiter zählt, und der kleine 700-Seelen-Ort arbeiten seit Längerem gut zusammen. So unterstützte TDDK zum Beispiel die Sportlerheimsanierung mit 10 000 Euro. Auch mit dem Kindergarten oder mit der AG Stadtgeschichte in Bernsdorf gibt es enge Kontakte. Der Straßgräbchener Andreas Bathow war im Mai mit TDDK-Mitarbeitern in Japan, um Erdbeben- und Tsunami-Opfern zu helfen (die SZ berichtete). Und Tillich selbst nannte in seinem Grußwort noch einen weiteren Fakt: „Wenn ein Betrieb Kameraden zum Dienst freistellt, steht ihm auch eine gewisse Entschädigung zu. TDDK verzichtet zugunsten der Gemeindekasse darauf. Das ist vorbildlich.“