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Die Engel gehen auf Reisen

Wolfgang und Sandra Jordan schließen ihr Café in Oderwitz, um es in Oybin neu zu öffnen. Das sorgt auch für Tränen.

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Von Mario Sefrin

Der Abschied von Oderwitz fällt schwer. Nicht nur Wolfgang Jordan. „Es hat Tränen gegeben“, sagt der Inhaber vom Oderwitzer Café Engel. Manche Einwohner der Gemeinde, die seit Jahren Stammgäste in dem Café an der Bundesstraße 96 waren, hätten schwer zu schlucken gehabt, als Wolfgang Engel ihnen vom Ende des Cafés erzählte. Jordan versteht diese Reaktionen: „Sie sind seit Jahren sehr gern in unser Café gekommen und auch ich habe mich immer über ihren Besuch gefreut.“

Doch für Wolfgang Jordan und seine Frau Sandra ist das Aus des Oderwitzer Cafés beschlossene Sache und unwiderruflich. Denn seit Juni vergangenen Jahres hat sich im Leben des Ehepaars manches verändert. „Da haben wir die Gastronomie im Speisewagen der Zittauer Schmalspurbahn übernommen“, sagt Wolfgang Jordan. Das allein war noch nicht der Grund für den Rückzug aus Oderwitz: „Wir hatten für dieses Jahr sogar eine Modernisierung des Oderwitzer Cafés geplant. Die Arbeit an zwei Orten, hier und im Speisewagen der Schmalspurbahn, hatten wir uns schon zugetraut.“ Doch das Geschäft im Speisewagen habe sich in den zurückliegenden Monaten unerwartet gut entwickelt – so gut, dass die Schmalspurbahngesellschaft Soeg den Jordans auch das kleine Café im Bahnhof Oybin zur Betreibung anbot. Nach reiflicher Überlegung sei die Entscheidung dann für die Schmalspurbahn gefallen, sagt Wolfgang Jordan.

Neun Jahre haben Sandra und Wolfgang Jordan ihr Café in Oderwitz betrieben. Wolfgang Jordan erinnert sich noch gut daran, wie es dazu kam: „Wir hatten eine Veränderung gesucht“, erzählt der Oderwitzer. Dabei hatte er die Idee gehabt, mit einem Café einen bunten Punkt in die Gemeinde zu setzen. „Die erschien mir damals sehr grau“, sagt Jordan. Ein passendes Gebäude für das Vorhaben fand sich schnell – mit einem Haus an der B 96, das seit Längerem leer stand und in dem in seiner jahrzehntelangen Geschichte unter anderem eine Schmiede, mehrere kleine Handwerksbetriebe und eine Verkaufsstelle für Futtermittel und Kleintierbedarf untergebracht waren. Und sogar französische Kriegsgefangene: „Das hat mir mal ein betagter Gast erzählt, der das Gefangenenlager im Zweiten Weltkrieg hier noch selbst kannte“, sagt Wolfgang Jordan. Die Franzosen hätten immer wieder bei Bauern in der Umgebung mitgearbeitet, hieß es.

Im April 2007 ist es dann soweit gewesen: Das Café in Oderwitz wurde eröffnet. Die Wahl, diesem den Namen Engel zu geben, sei eine verkaufsstrategische Entscheidung gewesen, sagt Wolfgang Jordan. „Mit Engeln verbindet man immer etwas Schönes und Angenehmes.“ Auch die Ausrichtung des Cafés stand frühzeitig fest: „Wir wollten nicht nur Kaffee und Kuchen für Rentner anbieten, sondern ein Familien-Café sein.“ Um sich bei dieser Zielgruppe ins Gespräch zu bringen, boten Jordans begleitete Kindergeburtstage an. „Da habe ich viel mit Kindergruppen unternommen, habe Spiele, Schatzsuchen oder Reitnachmittage organisiert.“ Der Plan, ein Café für die ganze Familie zu sein, ging auf: Das Café Engel wurde immer bekannter und lockte neben Oderwitzern auch viele Besucher aus dem Umland und sogar der Region Dresden an. Geworben für ihre Einrichtung haben die Jordans in all den Jahren kaum. „Wir haben darauf gesetzt, dass die Leute ihre Erfahrungen selbst weiter erzählen“, sagt Wolfgang Jordan. Das hat funktioniert: „Unser Café wurde in den ganzen Jahren immer gut angenommen.“

Obwohl – eine Ausnahme gibt es. „Das Jahr 2013 war für uns eine Katastrophe“, erinnert sich Wolfgang Jordan. In jenem Jahr wurde die Bundesstraße in Oderwitz saniert, das Sommergeschäft war für das Café gelaufen. „Wir waren völlig abgeschnitten und nicht mal mehr zu Fuß erreichbar. Das Schlimme aber war, dass wir nicht mal über das Bauvorhaben informiert waren“, ärgert sich Jordan heute noch. Die Verlängerung der Arbeiten bis Oktober habe ihm dann den Rest gegeben, auch wenn die Straße später wenigstens wieder halbseitig befahrbar war.

Doch das ist Vergangenheit, auch für Jordans. Sie blicken nun zuversichtlich auf ihre neuen Herausforderungen bei der Zittauer Schmalspurbahn. Und so ganz verschwindet das Café Engel dann doch nicht: „Den Namen nehmen wir mit nach Oybin“, erzählt Wolfgang Jordan. Schließlich sollen die Leute auch dort etwas Schönes und Angenehmes mit dem Café verbinden. Und natürlich wird es auch dort das große Angebot an selbst gebackenem Kuchen geben, für das die Gäste die Jordans schon im Oderwitzer Café geliebt haben. „Wir haben dank des Speisewagens schon sehr gute Erfahrungen und wissen, dass sich die Leute auf unseren Kuchen freuen“, sagt Wolfgang Jordan. Und neben einem großen Teil der gastronomischen Einrichtung und vielen Geräten gehen auch einige Engel mit auf die Reise nach Oybin. „Das sind kleine Figuren, die uns Stammgäste geschenkt haben. Die kommen natürlich mit“, sagt Wolfgang Jordan.