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Die DNA der Stasi

Ein Einblick in die Riesaer Machtzentrale des Ministeriums für Staatssicherheit.

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Noch immer gleicht die ehemalige Riesaer Stasi-Zentrale einem Hochsicherheitstrakt. Kein Wunder: Heute wird das Gebäude vom Kriminaldienst der Riesaer Polizei genutzt. Bis 1989 aber haben Kreisdienststellen-Leiter Siegfried Winkler und seine Vorgänger von hier aus die geheimdienstlichen Entscheidungen für den Altkreis Riesa getroffen. Mit Hilfe alter Grundrisse und Aussagen von ehemaligen Stasi-Mitarbeitern gelingt es, einen Einblick in die Kreisdienststelle Riesa des Ministeriums für Staatssicherheit zu bekommen. Die SZ beschreibt markante Räume.

Das Hauptgebäude der ehemaligen Staatssicherheit an der Lommatzscher Straße wird heute vom Kriminaldienst der Polizei genutzt. Foto: Robert Steinig/
Das Hauptgebäude der ehemaligen Staatssicherheit an der Lommatzscher Straße wird heute vom Kriminaldienst der Polizei genutzt. Foto: Robert Steinig/

1: Die Akten von aktuellen operativen Vorgängen lagerten für den schnellen Zugriff für die Mitarbeiter der Kreisdienststelle Riesa in einem Raum im ersten Obergeschoss. Weitere Akten wurden zeitweise in Räumlichkeiten unter dem Dach und auch im Keller archiviert. Im Herbst 1989 konnte insgesamt 18 Meter Aktenmaterial sichergestellt werden. Zum Vergleich: Die Sächsische Zeitung hat rund 4.000 Aktenseiten für diese Serie ausgewertet. Das umfasst etwa acht Leitz-Ordner, die aneinandergereiht gerade einen Meter messen.

2: Unter dem Dach in der zweiten Etage befanden sich auch Technikräume. Hier saß unter anderem der Funker der Kreisdienststelle. Zudem gab es eine Dunkelkammer, in der Fotos von operativen Vorgängen entwickelt werden konnten.

3: Das Büro von Kreisdienststellenleiter Siegfried Winkler war ausgestattet mit Konferenztisch, Schränken und einem Sofa. Direkt nebenan befand sich das Büro seiner Sekretärin. Die Anordnung der Möbel entstammt der Erinnerung einer ehemaligen Mitarbeiterin. Hier kam der Stasi-Chef regelmäßig zu Konferenzen mit seinen Referatsleitern zusammen. Dabei wurden die geheimdienstlichen Entscheidungen für den Kreis Riesa getroffen. Auf dieser Etage gleich nebenan saß auch der stellvertretende Dienststellenleiter.

4: Die Wache im Erdgeschoss direkt neben dem Haupteingang des Gebäudes: Bürger, die sich an das MfS wandten, wurden hier empfangen. Zuvor mussten sie allerdings auf dem Gelände der Kreisdienststelle eine Zaunschleuse passieren, die erst nach der Personenkontrolle durch die Wachmänner geöffnet wurde. Besucher mussten hier ihren Ausweis abgeben, Mitarbeiter beim Betreten ihren Dienstausweis vorzeigen. Der Offizier vom Dienst saß in einem abgeschlossenen Bereich ebenfalls in diesem Raum. Er nahm die Anliegen von Besuchern, aber auch Telefonanrufe entgegen. Im Wachraum gab es für den Ernstfall Pistolen, der Offizier vom Dienst hatte zudem Zugriff auf mehrere Kalaschnikows.

5: Im Kellergeschoss befand sich zwar die zentrale Waffenkammer des MfS Riesa (siehe Punkt 8), präsentierte sich sonst aber eher unspektakulär. Die beiden vergitterten Zellen stammten noch aus Zeiten militärischer Nutzung und wurden von der Stasi allenfalls als Abstellräume genutzt. Hier wurden im Herbst 1989 auch säckeweise Akten gefunden. Sonst bot das Kellergeschoss noch Duschräume für das Personal.

6: Neben der Wache gab es im Erdgeschoss ein Besucherzimmer, in dem Bürger, die sich an die Stasi wandten, warten mussten, eine Kaffeeküche, einen Kopierraum und weitere Büros der einzelnen Referate, in denen die Kreisdienststelle ihre Aufgabengebiete organisierte (siehe Infobox unten auf der Seite).

7: In der ersten Etage saßen neben dem Stasi-Chef auch einige der Arbeitsgruppen- und späteren Referatsleiter. Für größere Konferenzen und interne Feierlichkeiten gab es zeitweise einen großen Konferenzsaal, der später durch eingezogene Mauern geteilt und zu kleineren Räumen umgebaut wurde.

8: Im Keller befand sich die zentrale Waffenkammer. Jeder operative Mitarbeiter besaß eine Handfeuerwaffe. Sie wurden zu bestimmten Einsätzen ausgegeben – beispielsweise zur Absicherung von staatlichen Feiertagen, aber auch zu Übungszwecken auf dem Schießstand Heyda. Als Waffentyp wurde die russische Makarow benutzt. Die Waffen wurden durch eine Ausgabe in der Stahltür gereicht.

Lesen Sie morgen im nächsten Serienteil: Wie die Kindergärtnerin Margit Kreuzer über Jahre belogen, verleumdet und erpresst wurde.

Alle Teile dieser Serie finden Sie unter: www.szlink.de/stasi