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Die DDR wird wieder aufgebaut

Im Plattenbau an der Wasastraße sind die Schilder überklebt. In Dresden herrscht dagegen eine museale Aufbruchsstimmung.

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© Norbert Millauer

Von Peter Redlich

Radebeul. Traurig. Die Zeitreise in Radebeul ist vorbei. Schon draußen sieht jeder im Vorbeigehen die überklebten Schilder. Darauf steht der neue Eröffnungstermin für das DDR-Museum in Dresden. Dort, wo einst die Puhdys im Durchgang zwischen Speisesaal und Museum die alte Zeit besangen, liegt noch ein halbierter roter Trabi herum. Die Türen sind verschlossen. In den Ausstellungsräumen kommen dicke Staubschichten zum Vorschein.

Ein typisches DDR-Wohnzimmer ist schon fast fertig.
Ein typisches DDR-Wohnzimmer ist schon fast fertig. © Norbert Millauer
Am ehemaligen Standort in Radebeul klebt schon die Ankündigung für die Neueröffnung.
Am ehemaligen Standort in Radebeul klebt schon die Ankündigung für die Neueröffnung.

Ganz anders in Dresden am Albertplatz. Peter Simmel, der Betreiber von Edeka-Märkten, hat einen ganzen Stab zusammengestellt, um das von ihm erworbene pleite gegangene Radebeuler DDR-Museum neben seinen Einkaufstempeln auferstehen zu lassen. „Die DDR wird wieder aufgebaut“, entfährt es manchen, der neben seinem Einkauf einen Blick ins Gewusel im ersten Stock des Simmel Centers wirft. Und es ist wirklich so. Vieles, was die Bürger zwischen Ostsee und Fichtelberg als ihres kannten, wird hier in kleinen Gruppierungen neu inszeniert. Museumsgestalter Werner Steiner hat die Konzeption erarbeitet. Gabi Reißig vom Simmel-Team leitet den ganzen Umzug und Wiederaufbau. Eine Woche haben die insgesamt zehn Mitarbeiter für den Neuaufbau noch Zeit. Peter Simmel hat ein sportliches Ziel gestellt, am Sonntag, dem 29. Januar, soll Eröffnung sein.

Die Strukturen sind auch schon klar erkennbar. Gleich rechts neben dem gläsernen Eingang wird es wieder einen Museumsshop mit typischen DDR-Produkten, etwa Badusan und Florena, geben. Gleich anschließend wird die Kaufhalle eingeräumt. Auch einstige Bückware ist auszumachen.

Der Bereich dahinter soll Freizeit, Camping und Sport zeigen. Die meisten aus Radebeul rübergefahrenen Stücke stecken noch in Kisten. Ausgepackt sind dagegen das Chef- und das Sekretärinnenzimmer, die Post, die Arztpraxis, der Friseursalon und die Apotheke. Zu Letzterer habe eine Apothekerin aus Meißen ordentlich beigetragen, sagt Gestalter Werner Steiner.

Auf der Ostseite des neuen Museums – am Übergang zum Albertplatz-Hochhaus – hat die Abteilung Wohnen zu DDR-Zeiten Platz gefunden. Die Kastenmöbel Sybille und die Schrankwand MDW 80 werden hier viele wiedererkennen. Küche und Kinderzimmer ergänzen die Abteilung.

Den vielleicht imposantesten Bereich bilden die mehr als mannshohen Fotos aus Plattenbauwohngebieten und Betrieben. Werner Steiner hat die Vorlagen für die Vergrößerungen aus der Sächsischen Landesbibliothek Dresden geholt und von Fotografen bekommen.

Vor den riesigen Fotos sollen die typischen DDR-Fahrzeuge platziert werden. Zu Beginn der Woche wurden sie aus Radebeul geholt und aufwendig durchs Fenster im ersten Stock gehievt – einige Trabant-Typen, Wartburgs und ein Polizei-Barkas. Einen Teil der Fahrzeuge, die bisher im DDR-Museum Zeitreise zu sehen waren, stammen von Leihgebern und wurden abgeholt. Auch das sogenannte Dübener Ei, der typische DDR-Campinganhänger, wird wieder aufgestellt.

Zwischen den schon Gestalt annehmenden Abteilungen drängen sich blaue Rollcontainer. Drinnen stapeln sich Kisten mit noch reichlich Material. Dazu gehören beispielsweise die Rechentechnik von Robotron, Schreibmaschinen von Erika und Fernsehgeräte aus Radeberg. „Was wir nicht aufstellen können, kommt sauber eingelagert ins Depot. Wir haben dafür zwei große Räume zur Verfügung“, sagt Projektverantwortliche Gabi Reißig.

Bis Ende dieser Woche soll in Radebeul alles ausgeräumt sein. Was aus dem dann fast leeren Plattenbau, mit der über 3 000 Quadratmeter großen Ausstellungsfläche wird, kann derzeit keiner beantworten. Die Immobilie gehört spanischen Investoren. Weil die den Mietpreis nicht gesenkt hätten, mussten die vorherigen Museumsbetreiber Insolvenz anmelden, so deren Argumentation. Was von der Radebeuler DDR bleibt, ist jetzt in Dresden.