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Die Dame mit rotem Hut

Anke Domscheit-Berg, bekannte Netzaktivistin, wehrt sich vor Gericht gegen den Vorwurf der Körperverletzung.

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© dpa

Es geht um einen Blumenstrauß und ein Gerangel mit Polizisten: Wegen mutmaßlicher Körperverletzung steht die Publizistin und Netzaktivistin Anke Domscheit-Berg in Berlin vor Gericht. Die frühere Piraten-Politikerin, die am Wochenende auf Platz drei der Linken-Landesliste in Brandenburg gewählt worden war, wies die Vorwürfe zu Prozessbeginn zurück. Sie habe zu keinem Zeitpunkt Polizisten attackiert. Vielmehr sei sie „unbegründet und willkürlich“ von Beamten getreten und geschlagen worden.

Im Juni 2015 hatten sich vor dem Bundestag mehr als 5 000 Menschen zu einer Mahnwache für im Mittelmeer ertrunkene Flüchtlinge versammelt. Sie wollten „öffentlich und still“ der Toten gedenken, sagte die 48-jährige Angeklagte. Plötzlich hätten Polizisten versucht, ihr die Blumen zu entreißen. „Ich habe sie verzweifelt hochgehalten.“

Der Anklage zufolge soll die Netzaktivistin den Strauß zunächst vor die Kamera eines Beamten geschlagen haben, um weitere Aufzeichnungen zu verhindern. Anschließend sei es zu einem Gerangel um die gelben Margeriten gekommen. Einer 40-jährigen Polizistin soll Domscheit-Berg ihre Fingernägel in die Hand gebohrt haben. Schließlich habe sie einem 26-jährigen Beamten mit den Blumenstielen durch den offenen Helm ins Gesicht gestoßen und Schürfwunden zugefügt.

Die Justiz hatte zunächst mit einem Strafbefehl gegen die Publizistin reagiert. 900 Euro sollte Domscheit-Berg zahlen. Dagegen erhob sie Einspruch. Die Vorwürfe müssen nun von einer Amtsrichterin geprüft werden. Die Ex-Piratin will einen Freispruch erreichen.

Drei Zeugen wurden am ersten Verhandlungstag befragt. Eine Beamtin sagte, die Angeklagte sei als „Dame mit rotem Hut“ aufgefallen, als sie Blumen vor die Kamera eines Polizisten schlug. „Ich sprach sie an, doch sie machte weiter“, schilderte die 40-Jährige. „Es kam zu einem Reißen um die Blumen – eigentlich lächerlich.“ Als sie einen Schmerz in der Hand verspürte, habe sie losgelassen. Domscheit-Berg habe ihr eine kleine Wunde zugefügt.

Ein 26-jähriger Beamter erklärte, er habe auch Tritte der Angeklagten gesehen. „Dann drehte sie den Blumenstrauß um und stach unter mein Visier.“ (dpa)