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Die Christos von Dresden

Ein Familienunternehmen packt deutschlandweit historische Gebäude ein – um ihre Bewohner zum Auszug zu zwingen.

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© PR Groli

Von Jana Mundus

Hochzeiten können Marco Müller und seine Kollegen durcheinander bringen. Nicht die eigenen. Aber wenn der Pfarrer vergisst, dass seine Kirche just am Vermählungstag unter riesigen Folien verschwindet, dann schon. „Hatten wir alles schon“, sagt Müller, einer der beiden Geschäftsführer der Groli Schädlingsbekämpfung GmbH. Das Unternehmen ist Experte für die großen Fälle. Wenn sich in Kirchen, Museen und alten Wohnhäusern Holzwurm oder Hausbock breitmachen, helfen die Dresdner. Vor Ort werden sie dann erst einmal zu Verpackungskünstlern.

Giftiges gegen Nagendes

Gegründet wurde die Firma im Mai 1990. Schädlingsbekämpfer-Meister Wilfried Grohmann und der promovierte Lebensmittel-Ingenieur Wolfgang Lis machten als Firmengründer aus den Anfangssilben ihrer Nachnamen ganz einfach Groli. Heute führt das Familienunternehmen Grohmanns Schwiegersohn weiter, zusammen mit Marco Müller. „Wir können natürlich auch Maus, Ratte und Schabe vertreiben“, sagt Letzterer. Doch deutschlandweit sind sie vor allem auf einem Gebiet gefragt: der Begasung von großen Gebäuden.

Diesen Service bieten deutschlandweit nur drei Firmen an, Groli ist eine von ihnen. Notwendig wird das Verfahren immer dann, wenn sich winzige Schädlinge in die Holzkonstruktionen von Gebäuden genagt haben. In den Dachstühlen von Kirchen ist das immer wieder der Fall. „Oder auch an Orgeln oder an Elementen der Altare“, erklärt Müller weiter.

Werden sie gebucht, schauen sich die Dresdner vor Ort erst einmal alles genau an. Sie berechnen die Menge an Gas, die benutzt werden muss. Weil die Mittel giftig sind, muss sichergestellt werden, dass auch kein Gas nach außen dringt. Manchmal müssen dafür nur Fenster oder Türen abgeklebt werden. Oft verschwindet aber das gesamte Gebäude unter riesigen Folien. Zwei Tage brauchen die Groli-Mitarbeiter zum Verpacken. Ist alles dicht, wird das Gas von außen ins Gebäude geleitet. Moderne Messtechnik prüft regelmäßig die Konzentration im Innenraum. Nach drei Tagen kann gelüftet werden und wird die Folie wieder entfernt. „Innerhalb einer Woche ist das Schädlingsproblem gelöst.“

In ganz Deutschland ist Groli unterwegs. Jede Woche in einem anderen Ort. Knapp 20 Mitarbeiter hat das Unternehmen heute. Regelmäßig werden Lehrlinge ausgebildet und auch immer wieder übernommen. Erst seit 2006 ist Schädlingsbekämpfer wieder Ausbildungsberuf, wie schon zu DDR-Zeiten. „Es gibt aber sehr wenige Ausbildungsplätze, obwohl der Beruf überall in Deutschland gebraucht wird“, erklärt der Geschäftsführer.

Kakerlaken finden einen Weg

Die Schädlinge bestimmen das Geschäft. Im Sommer entfernen die Mitarbeiter Wespennester. Ganzjährig rücken sie Mäusen mit Fallen zu Leibe. Groli ist aber auch Ansprechpartner bei Problemen mit Kakerlaken, Mehlmotten oder Asseln. Die Firma betreut Großmühlen oder lebensmittelproduzierende Firmen, sorgt dort regelmäßig dafür, dass Schädlinge keine Chance haben. Auch in Privathaushalten werden sie gebucht oder von Großvermietern. „Wir sehen viele Messiewohnungen“, erzählt Müller. Die Schädlinge seien dort für sie nicht das größte Problem. „Der Geruch ist schrecklicher, den vergisst man nicht.“

Vielen sei ein Schädlingsbefall in der eigenen Wohnung peinlich. Dabei könnten sie in den meisten Fällen nichts dafür. Denn wenn beim Nachbarn Kakerlaken wohnen, finden die Tierchen ihren Weg. Mit handelsüblichen Mitteln zu hantieren, davon rät Müller ab. Die helfen meist nur kurzfristig. „Lieber einen Experten rufen.“