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Die Burg als Kneipe

Das Konzept zur Ausstellung „1 000 Jahr Bier in Sachsen“ steht. Die Geschichte wird in Meißen flüssig behandelt.

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© Claudia Hübschmann

Von Peter Anderson

Wer einmal von Alt-Braumeister Andreas Girbig durch das Schwerter-Sudhaus in Zaschendorf geführt wurde, kennt die Geschichte. Girbig erzählt sie mit einer Mischung aus Achtung und Entsetzen. Am 13. September 1015 hatten aus dem Polnischen kommende Angreifer Teile der Meißner Markgrafenburg in Brand gesetzt. Die Frauen unter der Burgbesatzung wussten sich zu helfen. Sie ergriffen große Holzbottiche mit eigentlich zur Stärkung der Mannschaft bestimmtem Bier und löschten die Flammen.

Überliefert ist die 1 000 Jahre alte Anekdote in der Chronik des Bischofs Thietmar von Merseburg. Dort sei von einem Honigbier namens Medone die Rede, sagt Albrechtsburgchef Uwe Michel. Die Verwandtschaft des Wortes zum germanischen Met liegt auf der Hand. Sachsens Brauer und die Albrechtsburg nehmen das Jubiläum zum Anlass für eine große Sonderschau. Das Konzept zur Ausstellung „Prost! 1 000 Jahre Bier in Sachsen“ liegt mittlerweile vor. Erstellt wurde es – wie könnte es anders sein – vom früheren Schwerter-Geschäftsführer und Brauerei-Experten Andreas Girbig.

Start mit Biergartensaison

Grundgedanke war Uwe Michel zufolge, das Thema flüssig zu gestalten. Die Burg verwandelt sich in eine typisch sächsische Kneipe. Einer der Ausstellungsräume wird als Schankhaus eingerichtet. Dort können Bierproben und Vorträge mit trinkbarem Anschauungsmaterial stattfinden. Sachsens Bier hat in den vergangenen zehn Jahrhunderten einen tiefgreifenden Geschmackswandel hinter sich gebracht. Schon die Legende vom Honigbier als Löschmittel für die brennende Albrechtsburg macht dies deutlich. Im frühen Mittelalter galt Bier im Gegensatz zum oft verschmutzten Trinkwassers als gesundes und kräftigendes Lebensmittel. Die Zutaten variierten allerdings stark je nach Angebot und Gegend. Verschiedenste Gewürze wie Kümmel, Wacholder und selbst giftiges Bilsenkraut wurden hineingemischt. Typisch war vor allem die große Vielfalt der Braumethoden und Rezepte. Erst ab Mitte des 19. Jahrhunderts setzten sich gewisse Standards durch. Das Industriezeitalter machte auch vor den Brauereien nicht halt.

All dies verbunden mit Details zur Historie der Haus- und Klosterbrauereien sowie der sogenannten Bierkriege soll in der Albrechtsburg lebendig werden. Kurator Girbig hat dazu sowohl Leihgaben aus dem Freistaat als auch von namhaften Einrichtungen wie dem Deutschen Museum in München besorgt. Ergänzt werden die historischen Stücke durch mediale Inszenierungen, die geschichtliche Zusammenhänge bildlich, über Grafiken und kleine Hörspiele erlebbar machen. Eröffnungstermin ist der 24. April. „Dann starten wir in unsere erste Biergarten-Saison“, scherzt Burg-Chef und -Wirt Uwe Michel. Tatsächlich wird der Platz vor der Albrechtsburg 2015 öfter noch als in den vergangenen Jahren für Veranstaltungen genutzt werden. Viele der knapp 60 sächsischen Brauereien werden sich dort mit einem individuellen Programm präsentieren. Die Vielfalt sächsischer Biere solle in Meißen erlebbar werden, sagt Michel.

Tatsächlich sind gerade in den vergangenen Jahren von Niederschlesien bis zum Vogtland neben den alten Brauriesen wie Radeberger, Freiberger oder Wernesgrüner zahlreiche kleine, neue Bier-Manufakturen entstanden, deren Produkte oft nur im Umkreis von wenigen Kilometern um den Herstellungsort erhältlich sind. Das Elbland selbst liefert zwei Beispiele dafür: Die Hausbrauerei Schiller in Neusörnewitz und das Brauhaus Radebeul im Mega-Drome stellen hier in kleinen Mengen einzigartige Biere her. Hinzu kommt, dass die Privatbrauerei Schwerter Meißen bereits vor Wochen angekündigt hat, das Jubiläum „1 000 Jahre Bier in Sachsen“ mit einem eigens dafür hergestellten Festbier zu ehren. Dieses werde in besonders wertiger Form und Aufmachung auf den Markt kommen, so Brauerei-Inhaber Eric Schäffer. Mit dem Spezialbräu wird gleichzeitig das 555. Jubiläum der Gründung der Schwerter-Brauerei in Meißen gefeiert.

Selbst angebaut und gebraut

Für ein exklusives Getränk in kleinster Auflage wachsen zudem schon jetzt die Zutaten auf dem Burghof heran. Dort sind in diesem Jahre mehrere Hopfenreben gepflanzt worden. An acht Holzstangen aus dem Wettiner Forst rankt der Hopfen empor. Braugerste und Brauweizen sollen sich im Laufe des kommenden Frühjahrs dazugesellen. Fällt die Ernte günstig aus, darf sich Uwe Michel auf das erste Original Albrechtsburg-Bräu freuen.