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Die Bierpost geht ab

Zum Fuhrpark der Löbauer Bergquell-Brauerei gehört jetzt auch eine historische Kutsche.

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© Uwe Heinrich

Von Tilo Berger

Löbau. Trara, die Post ist da! Die gelbe Kutsche bringt aber keine Briefe oder Pakete, sondern Bier. Besser gesagt: ein bisschen Bier und viel mehr Informationen über und Werbung für die Löbauer Bergquell-Brauerei. Denn als reine Bierkutsche wurde sie einst nicht gebaut.

Wann genau das auffällige Gefährt gezimmert wurde, weiß Bergquell-Chef Steffen Dittmar nicht. „Ich denke mal, im 18. Jahrhundert, in der hohen Zeit der Postkutschen.“ Später muss sie unter dem Zahn der Zeit gelitten haben, sonst hätte ein Traditionsverein im vogtländischen Zwota die Kutsche nicht aus einem alten Original neu aufgebaut. Jahrelang pflegten die Zwotaer das Gefährt. Aber dann beschloss der Verein seine Auflösung. Steffen Dittmar bekam davon im Internet Wind und setzte sich mit den Vogtländern in Verbindung. „Die Postkutsche war günstig zu bekommen“, berichtet der 52-jährige Inhaber und Geschäftsführer der Löbauer Brauerei. „Da habe ich zugegriffen. Wir verbinden Tradition mit Moderne, da bietet sich das an.“

Jetzt gehört die gelbe Kutsche zum Fuhrpark bei Bergquell, wo sie nicht die einzige Rarität ist. Das Unternehmen nennt unter anderem einen Bierkarren, einen Römerwagen, einen Kremser und mehr als zehn umgebaute Trabants sein eigen. Selbstredend keine normalen Autos, sondern die DDR-Autolegende umgebaut zu Stretchlimousine, Cabrio oder Sattelzug. Natürlich ausgestattet mit einer Zapfanlage.

Eine solche kann die Bierpostkutsche nicht bieten, und das soll sie auch gar nicht. Sie ist eher was fürs Auge. Einen Bier-Trabi können die Bergquell-Leute in jede Parklücke steuern, die Kutsche rollt nur mit Pferden. Zehn davon gehören zur Belegschaft der Brauerei. Ihre Ställe und Koppeln befinden sich unweit des Unternehmens. Rassige Vierbeiner aus Dittmars Stall zogen die gelbe Bierpost neulich beim 13. Oberlausitzer Fuhrmannstag in Kemnitz bei Bernstadt. Dort zeigte Steffen Dittmar seine neue Errungenschaft zum ersten Mal. Beim Brauereifest an diesem Wochenende bleiben aber die Pferde im Stall und die Kutsche in der Halle. „Menschenmassen und Pferde, das passt nicht zusammen, wenn es keine richtige Absperrung gibt.“

Wer die Kutsche rollen sehen will, muss nicht lange warten. Beim Eibauer Bierzug Ende Juni werden zwei, vier, vielleicht auch sechs Pferde die Bergquell-Bierpost ziehen. Zum 25. Mal findet der Bierzug in diesem Jahr statt, und Steffen Dittmar war jedes Mal dabei – erst als Chef der Eibauer Brauerei, seit 18 Jahren in gleicher Funktion in Löbau. Meist ließ er sich für das Spektakel etwas Besonderes einfallen. So steuerte er beim Bierzug 2016 ein Gefährt durch Eibau, das wie eine nachgebaute Dampflok aussah. Er wollte damit an das Jubiläum der Eisenbahn in der Oberlausitz erinnern: 1846 erhielt Löbau aus Richtung Dresden Anschluss ans Eisenbahnnetz. 1846 war auch das Jahr, in dem die Geschichte der Bergquell-Brauerei begann. Die Altvorderen brauten das erste Bier am Löbauer Theaterplatz. Mit einem Fuhrpark von 32 Pferden und zehn Zugochsen sind die abgefüllten Fässer dann durch Löbau gekarrt worden. Diese Tradition pflegt die Brauerei noch heute – aber ohne Ochsen. Ab 1912 transportierten die Löbauer ihren Gerstensaft mit Lastkraftwagen.

Als Steffen Dittmar 1999 zu Fuß von seiner alten zur neuen Wirkungsstätte lief, fand er in Löbau eine Brauerei mit gerade mal sieben Mitarbeitern vor. Rund 7000 Hektoliter Bier im Jahr verließen seinerzeit das traditionsreiche Brauhaus. Damit wollte sich der Diplomingenieur für Land- , Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft nicht abfinden. Er brachte neue Sorten auf den Markt – wie das Lausitzer Porter, Hefeweizen und die Radlerin. Und er investierte in neue Technik – insgesamt rund 30 Millionen Euro seit 1999. Zu den jüngsten Anschaffungen gehört eine etwa 1,3 Millionen Euro teure Verpackungsanlage, die im vergangenen Jahr in Betrieb ging. Bergquell heute – das sind 50 Mitarbeiter und jährlich rund 200000 Hektoliter Bier.

So mancher Liter davon wird garantiert auch beim Brauereifest konsumiert. Malzmönch Steffen – der Name ist kein Zufall – eröffnet das Fest am Freitag 19.45 Uhr. Bis in die Nacht zum Sonntag feiert die Bergquell-Brauerei dann wieder sich, ihr Bier und ihren Sinn für Traditionen – die schon auch mal gelb sein dürfen.