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Die Banken rüsten auf

Nach dem Diebstahl von Überweisungsträgern hat die Volksbank Riesa reagiert – und ist damit nicht allein.

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© Sebastian Schultz

Von Stefan Lehmann

Riesa. Die Szene mutet skurril an: Entlang der Goethestraße verteilen sich im Juli 2015 die ausgefüllten Überweisungsscheine. Sie stammen aus der Volksbank-Filiale an der Hauptstraße – genauer: aus dem eingebauten Briefkasten eines Service-Tisches. Den gesamten Tisch hatte ein Riesaer in der Nacht zuvor einfach aus der Bank davongetragen, um an die Bankdaten von Kunden zu gelangen und damit Überweisungen zu fälschen. Auch die Video-Überwachung im Gebäude hielt ihn nicht ab.

Bei der Volksbank war tags darauf der Schock groß. „Der Tisch stand schon seit vielen Jahren im Servicebereich“, sagt Vorstandsmitglied Markus Ziron. Dass jemand die Dreistigkeit und kriminelle Energie aufbringen könnte, ihn einfach aus der Zentrale wegzutragen, habe er sich vorher nicht ausmalen können. Zumal es sich um einen Tisch aus „massivem Stahl“ gehandelt habe, so Ziron. Der Täter habe also auch einige Kraft aufbringen müssen.

Die Bank hat mittlerweile ihre Konsequenzen aus dem schmerzlichen Vorfall gezogen. „Dieses Einfallstor gibt es heute nicht mehr“, betont Markus Ziron. „Wir haben in dieser Hinsicht viel getan.“ Die Überweisungsbriefkästen seien heute nicht mehr abzutransportieren – weil sie sich im Mauerwerk des Bankgebäudes befinden. „Außerdem haben diese Briefkästen einen Eingriffsschutz, damit niemand die Überweisungsträger herausziehen kann.“ Mit dieser „Aufrüstung“ steht die Volksbank nicht allein da. Auch die Sparkasse Meißen investiere regelmäßig in die Sicherheit des Zahlungsverkehrs, erklärt deren Sprecher Ralf Krumbiegel. Auch bei der Sparkasse verhindere ein Rückholschutz, „dass einmal eingeworfene Belege wieder herausgefischt werden können“. Der Rückholschutz werde außerdem regelmäßig überprüft.

Dass Kriminelle versuchen, an die Kontodaten von Bankkunden zu kommen, um damit Überweisungen zu tätigen, ist dabei kein neues Phänomen. In den vergangenen zwei Jahren bearbeitete die Polizei bundesweit jeweils rund 22 000 Fälle von Überweisungsbetrug. Die Methoden unterscheiden sich dabei. Markus Ziron nennt beispielhaft den Diebstahl von EC-Karten und das Über-die-Schulter-Schauen am Bankautomaten. Aber auch der Überweisungs-Diebstahl ist schon seit Jahren ein Problem. Regelmäßig berichten Medien davon, dass etwa Überweisungen aus den dafür vorgesehenen Briefkästen gefischt werden. Dabei scheint offenbar kaum eine Hürde zu groß zu sein. Die Hannoversche Allgemeine berichtete vor drei Jahren über eine Bande, die offenbar Werkzeuge aus der Medizintechnik einsetzte, um an die Zettel zu kommen. Einen hundertprozentigen Schutz kann auch Sparkassen-Sprecher Ralf Krumbiegel nicht versprechen. Angesichts mehrerer Millionen Überweisungen handle es sich zwar um „absolute Einzelfälle“, aber es gebe eben Betrugsfälle, „deren Ursprung nicht immer zu einhundert Prozent aufgeklärt werden kann“.

Die Deutsche Bank hat darauf konsequent reagiert, sagt ein Sprecher. Schon vor etwa einem Jahr seien alle Briefkästen in den Selbstbedienungszonen entfernt worden. „Für ihre Aufträge an uns nutzen die Kunden verschiedene andere Zugangswege.“ So ließen sich an Automaten die Überweisungsdaten digital eingeben oder Einscannen, außerdem gebe es noch das Online-Banking. Wer weiterhin einen Überweisungsschein aus Papier abgeben möchte, könne das bei der Deutschen Bank nur noch während der Öffnungszeiten.

Sollten die Bankdaten doch einmal in falsche Hände geraten, dann heißt das aber noch nicht, dass Betrügern Tür und Tor geöffnet sind. Denn die Bankmitarbeiter überprüfen Überweisungen auch auf Auffälligkeiten. Bei der Sparkasse passiere das beispielsweise ab bestimmten Beträgen lückenlos, sagt Ralf Krumbiegel. „Sofern dabei Unregelmäßigkeiten auftreten, informieren wir die betroffenen Kunden.“ Auch die Volksbank setzt auf eine Kombination aus elektronischer und persönlicher Kontrolle, um Auffälligkeiten frühestmöglich zu erkennen, sagt Vorstand Markus Ziron. Letztlich zeigt das auch der jüngste Fall aus Riesa: Etwa die Hälfte aller Versuche, mithilfe der gefälschten Überweisungen an Geld zu kommen, schlug fehl. Der mutmaßliche Täter und seine beiden Komplizen stehen nun vor Gericht. Auch das ist nicht immer der Fall: Bundesweit wurde 2015 nur ein Drittel der Fälle von Überweisungsbetrug aufgeklärt.