Von Heike Sabel
Vor sich 64 Meter, unter sich 240 Meter und die Füße auf einem schwankenden, zweieinhalb Zentimeter breiten Gummiband: Diese Vorstellung allein lässt die meisten nur den Kopf schütteln. Trotzdem oder gerade deshalb stehen die Zuschauer wie gebannt am Areal rund um die Blitzeiche auf der Festung Königstein. Die Jungs, die hier gleich über die Slackline laufen und dabei Kunststücke vollbringen, sind entspannt.
So war das Festungswochenende
Peter Lützgendorf aus Leipzig setzt sich als Erster auf das schwankende Band. Aufgestanden und gelaufen wird erst nach ein paar Metern – aus Sicherheitsgründen. Verliert der Slackliner kurz hinter der Felswand das Gleichgewicht, stürzt er zwar dank Sicherung nicht ab, könnte aber gegen die Wand prallen. Peter wird vorgestellt. Als der Sprecher sagt, er sei 23, ruft Peter dazwischen „24“. Er verliert die Balance. Die Abstürze sehen spektakulär aus, doch sie sind sicher, dank Ringen und sogar doppelter Leine. Sonst würden es die Jungs nicht machen. Sicherheit und Spaß stehen für sie im Vordergrund. Sechs Stunden lang haben sie die Anlage aufgebaut. Ein Stück von Omas Teppich kam als Umwicklung für die Verankerung zum Einsatz.
Peter schafft bisher 80 Meter Slackline souverän, 100 Meter fast, sagt er. Die Muskeln aufzubauen, das schaffe man relativ schnell, das Schwierige sei das Mentale. Er dreht sich auf dem Band zur Seite, schaut direkt in Richtung Lilienstein, dann zum Publikum. Das ist begeistert und vergisst manchmal vor Schreck zu klatschen, sodass der Sprecher es ermutigt. Nun müssen die Zuschauer eine Entscheidung treffen.
Die Line, also das Band zwischen zwei Vorsprüngen an der Festung, soll einen Namen bekommen. Zwei stehen zur Auswahl: Verteidigungslinie und Festung-Königs-Line. Beim ersten Vorschlag bleibt es ruhig. Das klingt zu sehr nach Krieg, meinen die Leute, und jubeln für den zweiten Vorschlag. Damit hat die Line ihren Namen und Peters erster Auftritt ist beendet.
Der Dresdner Kai Gilbrich ist 17 Jahre jung und ein Artist auf der Slackline. Er holt Schwung wie auf der Schaukel, setzt sich auf das schwankende Band und steht im nächsten Schwung wieder auf. Er verbeugt sich, immer noch auf dem Band stehend, vor den Leuten. Als er wieder festen Boden unter den Füßen hat, fachsimpeln die Slackliner über die Kunststücke, die sie bei der nächsten Vorführung zeigen.
Auf einer Mini-Slackline können Besucher ihre ersten wackligen Schritte machen. Das Band ist fünf Zentimeter breit und hängt etwa 30 Zentimeter über dem Boden. Trotzdem, mehr als drei, vier Schritte sind schon Rekord. Auch und gerade dafür ist Festung Aktiv da: dass jeder seinen kleinen aktiven Rekord aufstellt. Man musste sich ja nicht gleich an Peter und Kai ein Beispiel nehmen …