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Die Apfeltechniker

Ein Erfurter Unternehmer bietet in Dresden Handyreparaturen an. Der Ort ist ungewöhnlich.

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© Sven Ellger

Von Juliane Richter

Der Duft von Lavendel dominiert alles. Aber er passt zu dem Sammelsurium an schönen Dingen, die Angela Maaz in ihrem Frankreichladen „La Belle Vie“ zusammengetragen hat. Seifen, Kerzen, Vasen, Wein und jede Menge Dekoartikel können ihre Kunden hier kaufen. Trotz der schönen Dinge spielen sich auf den 40 Quadratmetern Ladenfläche regelmäßig Dramen ab. „Für Teenager bricht eine Welt zusammen, wenn sie mal einen Tag ohne Handy unterwegs sind“, sagt die 50-Jährige.

Stimmt schon, aber was hat sie mit Handys zu tun? Angela Maaz nimmt defekte iPhones entgegen. An Wochentagen können mehr oder weniger verzweifelte Handybesitzer ihre kaputten Geräte über die Ladentheke reichen. Am nächsten Morgen um neun Uhr sind sie in der Regel repariert und wieder abholbereit. Hinter dem ungewöhnlichen Konzept versteckt sich ein witziges Familien-Firmen-Konstrukt. Repariert werden die Handys durch die Firma „Apfeltechniker“, die seit 2009 ihren Hauptsitz in Erfurt hat. Geschäftsführer ist André Burchardt – gebürtiger Dresdner und Bruder von Angela Maaz. 2013 hatte er neben ihrem Frankreich-Laden auf der Warthaer Straße in Cotta sogar einen eigenen Apfeltechniker-Stützpunkt eröffnet. „Es war schwierig, geeignetes Personal zu finden. Ein halbes Jahr bin ich täglich nach Dresden gependelt, um denjenigen anzulernen“, sagt Burchardt. Geklappt hat es trotzdem nicht so richtig. Nach knapp acht Monaten musste er den Laden wieder schließen. Aber die Nachfrage nach einem Reparaturservice für Apple-Geräte war in Dresden trotzdem da. Denn geht ein iPhone kaputt, wird es in der Regel im Apple-Store gegen ein neues getauscht. Die Kosten sind dann selbst bei eigentlich kleineren Reparaturen vergleichsweise hoch, sagt Burchardt. Selbst aus Tschechien kamen und kommen die Kunden deshalb zu den Dresdner Apfeltechnikern.

Hier werden die Geräte nicht im „La Belle Vie“ repariert. Angela Maaz nimmt sie aber mit nach Hause. Dort hat ihr Mann Stefan im Arbeitszimmer seine Reparaturecke eingerichtet. Im Zweitjob bringt der gelernte Feinmechaniker die Handys wieder auf Vordermann. Pro Handy braucht er etwa eine halbe Stunde, bei kniffligen Fällen aber auch länger. Meistens steht er dafür morgens um 5 Uhr auf, macht sich seinen Kaffee und tauscht die betroffenen Module aus. Weil er keine Schäden direkt auf der Platine behebt, sondern nur Module getauscht werden, ist die Reparatur in manchen Fällen unwirtschaftlich, weil schlichtweg zu teuer. Was Maaz aber häufig repariert, sind gesprungene Displays. Bis zu 70 Ersatzexemplare hat er auf Lager. „Nach Fasching und Silvester steigen die Kundenzahlen. Nach dem Sommerurlaub kommen verstärkt die Wasserschäden“, sagt er.

Dann stehen bei seiner Frau häufiger Menschen mit Tupperdosen im Laden: Darin liegt das Handy, gebettet in Reis. „Im Internet gibt es diesen Tipp. Angeblich soll der Reis die Feuchtigkeit ziehen. Das ist aber absoluter Quatsch“, meint Stefan Maaz. Stattdessen würde sich in der Dose ein wunderbares Mikroklima bilden, das den tödlichen Korrosions-Prozess noch verstärkt.

Manchmal bekommt er zwei bis drei Handys am Abend, manchmal auch nur drei in der Woche auf den heimischen Arbeitstisch. Dass die Nachfrage überhaupt so groß ist, erklärt Geschäftsführer Burchardt mit dem hohen Restwert gebrauchter Apple-Geräte. „Manchmal haben wir auch Familienväter, die ihr iPhone reparieren lassen und es dann an das Kind übergeben“, sagt Angela Maaz.

Besonders geknickt seien häufig die Besucher, die sich zuvor selbst an der Reparatur versucht haben. Videoanleitungen im Internet gibt es zur Genüge. „Wenn jemand Fingerspitzengefühl hat, kann er das gern machen. Aber beim Einkauf der Ersatzteile sollte er mit Verstand vorgehen“, sagt ihr Bruder. Für 20 Euro ein iPhone 6 reparieren zu wollen, sei einfach unrealistisch. Auch die auseinandergebauten Handys samt Billig-Ersatzteil landen deshalb häufig auf dem Verkaufstresen von Angela Maaz. Wenn sie denn gefunden wird. Denn ein kleines Manko hat das Firmen-Familien-Konstrukt noch: Am „La Belle Vie“ gibt es bisher kein Hinweisschild auf die Apfeltechniker. Wer sie sucht, irrt manchmal fragend die Straße hinauf und hinab, bis er den Lavendelduft-Laden betritt.