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Die Angst nach dem Brand

Im April zerstörte ein Feuer den Reitstall des Vereins Peritur in Großgrabe. Seitdem kämpft der Verein ums Überleben.

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© René Plaul

Von Nicole Preuß

Großgrabe. Die Mauern stehen gerade noch. Zur Hälfte. Vom Dach ist nichts mehr zu sehen. Zwischen Steinen sprießt Unkraut. Der Pferdestall des Ritterguts Großgrabe ist nur noch ein Trümmerhaufen. Früher standen dort 32 Pferde. Der Verein Peritur, der mit Kindern auf dem Reiterhof arbeitet, kümmerte sich um sie. Doch nun weiß Cornelia Urban vom Verein nicht mehr, wie es weitergehen soll. „Wir schweben in einem luftleeren Raum “, sagt sie.

Die Nacht, die für den Verein alles veränderte, war Ende April. Der Verein war stolz auf seinen neuen Pferdestall. Erst im Herbst hatte man ihn in Betrieb genommen. Doch in dieser Nacht brannte er fast vollständig nieder. Die Pferde und das Rind, die in dem Stall standen, konnten geradeso gerettet werden. Manche Tiere brannten bereits. Zwei von ihnen kämpfen noch immer mit den Folgen. Sie erlitten so schwere Verbrennungen, dass nicht klar ist, ob sie je wieder richtig gesund werden. Dazu kommt die psychische Belastung für die Tiere. Einige können auch sechs Monate nach dem Feuer nicht geritten werden. „Es wird wohl noch anderthalb Jahre dauern, bis wir wieder mit ihnen arbeiten können“, sagt Cornelia Urban. – Wenn es den Verein dann überhaupt noch gibt. Denn vor wenigen Tagen mussten die Mitglieder einen weiteren Schlag verdauen. Die Staatsanwaltschaft stellt die Ermittlungen wegen Brandstiftung ein. Man könne die Sache zwar jederzeit wieder aufnehmen, wenn es neue Hinweise oder Zeugenaussagen gebe, heißt es aus Görlitz. Aktiv nach dem Täter gesucht, wird aber nicht mehr. „Wenn ein Bürger eine Unachtsamkeit begeht, wird er gejagt bis zum Umfallen“, findet Cornelia Urban. „Und bei so einem großen Schaden.“ Die Frau schüttelt den Kopf.

Der Pferdestall war noch nicht versichert. Das heißt, der Verein bekommt kein Geld, solange der Täter nicht gefasst ist. „Wir wollten den Stall versichern, aber eh in so einem Verein der ganze Vorstand mal zusammenkommt, dauert das etwas. Wir hatten den Stall erst kurz vorher fertiggestellt“, sagt Cornelia Urban. Das Gebäude wiederaufzubauen, würde 250 000 Euro kosten. Das Geld hat der Verein nicht.

Viele Spender halfen bereits

Zumal ihm erst kurz vor dem Brand eine der wenigen Einnahmequellen zur Finanzierung seiner sozialen Arbeit weggebrochen ist. Der Verein hatte Kutschen in Dresden. Touristen und Einheimische konnten in der Postkutsche, der Pferdestraßenbahn oder dem Pferdeomnibus durch die Landeshauptstadt fahren. Nachts wurden die Gefährte im Hygienemuseum untergestellt. In einer Nacht im März zogen Unbekannte die Kutschen heraus, schlitzten die Polster auf, übergossen sie mit Benzin und zündeten sie an. Die Ermittlungen in dem Fall dauern noch an. „Zumindest wissen wir noch nichts anderes.“ Cornelia Urban ist desillusioniert.

Nach den Bränden muss der Verein seine Arbeit nun vollkommen umstellen. Und weiß doch nicht, wie das genau gehen soll. Viele Menschen haben nach den Unglücken für den Verein gespendet. 10 000 Euro kamen so zusammen. Das Geld nutzt der Verein erst einmal auch für die tägliche Arbeit. „Es geht für uns erst mal ums Überleben“, sagt Urban. Gerade sind wieder viele Kinder und Jugendliche in den Ferien auf dem Hof. Sie kümmern sich um die Tiere und verbringen die Zeit in Gemeinschaft. Der Sozialpädagoge des Vereins hat mit den Kindern Äpfel aufgelesen und Marmelade gekocht. „Einfache Dinge, für die früher einmal die Oma zuständig war“, sagt Cornelia Urban. Viele Kinder kommen auch nach der Schule auf das Rittergut, wenn ihre Eltern arbeiten gehen. Daneben bietet der Verein Projekte für Schulen und Kindergärten an. Dann kommen auch mal Gruppen auf den Reiterhof und lernen die Tiere kennen. Doch das ist zurzeit nun nur noch eingeschränkt möglich. Weil Peritur keinen Stall mehr hat, mussten sie einige Tiere bei Freunden und Bekannten unterstellen. Diese Pferde können sie für die einzelnen Projekte nicht einfach holen, das wäre zu teuer.

Pläne liegen auf Eis

Die einzigen Tiere, mit denen der Verein arbeiten kann, sind auf den Koppeln. Es sind die robusteren Pferde, die leichte Minusgrade in einem Unterstand verbringen können. Erst vor Kurzem kam ein Bußgeldbescheid der Stadt Bernsdorf, weil der Verein angeblich Pensionspferde unterstellt – wofür er Gewerbesteuer zahlen müsste. „Doch wir haben gar keine Pensionspferde“, sagt Cornelia Urban. Alle Pläne, die der Verein sonst noch für das Gut hatte, liegen auf Eis. Eine Lösung wäre, Pferde dauerhaft woanders unterzubringen. Doch die Tiere würden dann für die Projektarbeit fehlen. Cornelia Urban ist ratlos. Und dann ist da immer die Angst, dass der Brandstifter mal wiederkommen könnte – weil er nicht gefasst wurde.

Spendenkonto: Verein Peritur, IBAN: DE34 1007 7777 0172 0184 00, Norisbank.