Merken

Die andere Tanke

Riesa hat bald sechs öffentliche Stromtankstellen, während Coswig jetzt erst seine erste bekommt. Doch im Landkreis nutzt das kaum ein Autofahrer.

Teilen
Folgen
© Lutz Weidler

Von Uta Büttner und Christoph Scharf

Riesa/Coswig. In diesem Punkt ist Riesa ein echter Vorreiter: Erst vor Kurzem hatten die Stadtwerke Riesa verkündet, zwei neue Ladesäulen für Elektroautos in der Stadt zu errichten – an der Oberschule Merzdorfer Park und an der Alleestraße bei der Wohnungsgenossenschaft. Dabei ist die Stadt schon jetzt mit vier Lademöglichkeiten im Kreisvergleich sehr gut ausgestattet (siehe Karte). Nutzer von Elektroautos können in Riesa bereits vor der Arena, im Elbgalerie-Parkhaus, am Mercure-Hotel und am Sitz der Stadtwerke Strom zapfen.

© Grafik/SZ

Zum Vergleich: Die 20 000-Einwohner-Stadt Coswig bekommt jetzt gerade mal ihre erste öffentlich zugängliche Stromtankstelle. Ursprünglich war deren Bau noch in diesem Jahr geplant. „Realistisch ist Sommer 2018“, sagt der Technische Geschäftsführer der Stadtwerke Elbtal, Olaf Terno. An der Ladestation mit einer Leistung von elf Kilowatt können dann die Batterien der Fahrzeuge mit einem Typ-2-Stecker aufgeladen werden. In einer Stunde hat man eine zusätzliche Reichweite von etwa 60 Kilometern „getankt“. Die Investitionssumme betrage 15 000 Euro, 40 Prozent werden vom Bund gefördert.

Wie viel das Aufladen in Coswig kosten wird, steht laut Olaf Terno noch nicht fest. Am Bahnhof Radebeul-Ost betreiben die Stadtwerke bereits seit Juli 2015 eine Ladesäule mit vier Ladepunkten. Für 3,7 Kilowatt Ladeleistung muss man pro Stunde einen Euro bezahlen, elf Kilowatt kosten pro Stunde drei Euro.

30 bis 40 Ladevorgänge jährlich gibt es dort. So häufig wird an einer herkömmlichen Tankstelle in einer Stunde am Tag gezapft. Die Nutzung der Stromtankstelle ist deshalb so gering, da es laut Terno nicht mehr als zehn Elektroautos in Radebeul und Coswig gibt. Der Energieversorger Enso betreibt in Großenhain und Moritzburg eine öffentliche Ladestation. Die Nutzung ist aufgrund der geringen Zahl an Elektrofahrzeugen auch dort gering. So wurden beide Ladesäulen 2016 zwölfmal genutzt. In diesem Jahr sei ein geringer Anstieg zu verzeichnen.

E-Autos machen 0,05 Prozent aus

Enso-Pressesprecherin Claudia Kuba weist darauf hin, dass erst ab 2020 eine hohe Nutzung zu erwarten ist. Dann werden Fahrzeuge und Batterien so weiterentwickelt sein, dass größere Reichweiten erzielt werden und auch die Anschaffungskosten geringer sind. Aber so lange könne man nicht warten, um die Ladeinfrastruktur auszubauen. Denn diese sei ein wesentlicher Anreiz, um sich ein E-Auto anzuschaffen.

Deshalb will der Bund bis 2020 deutschlandweit 15 000 Ladestationen, darunter 5 000 Schnellladesäulen, mit 300 Millionen Euro fördern. Bei Schnellladesäulen mit einer Leistung über 22 Kilowatt kann man 80 Prozent der Batterie innerhalb von 30 Minuten aufladen. Diese Stationen entstehen vor allem an Autobahnen. Das normale Laden dauert ein bis zwei Stunden, wobei man je nach Leistung 20 bis 60 Kilometer hinzugewinnt. Die Nationale Plattform Elektromobilität der Deutschen Akademie der Technikwissenschaft hat ermittelt, dass es beim Ziel der Bundesregierung mit einer Million E-Fahrzeuge im Jahr 2020 70 000 öffentliche Ladepunkte geben müsse. Derzeit gibt es in Deutschland 10  700 an 4 730 Ladesäulen – darunter 530 Schnellladesäulen. Das sind die neuesten Zahlen des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) vom September.

Im Landkreis Meißen sind laut Landratsamt derzeit gerade mal 92 Elektrofahrzeuge und 763 Hybridfahrzeuge von insgesamt fast 195 000 zugelassenen Autos unterwegs. Auch wenn das Betreiben von Ladestationen aufgrund der wenigen Elektromobile noch unwirtschaftlich ist, prüfen die Stadtwerke Elbtal trotzdem zwei weitere Stromtankstellen in Coswig und Radebeul. Denn laut Olaf Terno müsse man irgendwann anfangen, „auch wenn der ökologische Fußabdruck, den man mit einem Elektrofahrzeug hinterlässt, nicht kleiner ist als mit einem herkömmlichen“. Deshalb ist auch die Enso für weitere öffentliche Stromtankstellen mit mehreren Kommunen auch im Landkreis Meißen im Gespräch. Pressesprecherin Claudia Kuba sagt: „Wenn vonseiten der Städte und Gemeinden Interesse besteht und geeignete Standorte gefunden werden, stellt Enso die nötigen Förderanträge für Ladesäulen.“

Auch Privatpersonen oder Firmen bieten das Aufladen von E-Fahrzeugen an. Viele Ladesäulen sind jedoch nicht frei zugänglich.

Tesla wollte Riesa nicht

Insgesamt existieren im Kreis Meißen aktuell 23 Plätze, wo öffentlich Strom gezapft werden kann. In Nossen-Starbach nahe der A 14 stehen zwei Schnellladetankstellen. Auch die zwei in Riesa geplanten neuen Doppelladesäulen werden über ein zügiges Ladesystem mit zwei mal 22 Kilowatt verfügen – das lädt in einer Stunde zehnmal schneller als ein haushaltsübliches Kabel. Die Stadtwerke hatten sich auch bei Tesla für einen „Supercharger“-Standort am Mercure beworben, waren aber nicht berücksichtigt worden.

Aktuell verfügen Meißen und Radebeul wie Riesa über vier Ladesäulen. Weinböhla, Großenhain, Moritzburg und Radeburg haben zwei Plätze. In Nossen ist die dritte Lademöglichkeit eine Normalladesäule im Ortsteil Wendischbora. Eine Zapfsäule hat Thiendorf. Nicht alle Elektrotankstellen können rund um die Uhr angefahren werden. Und auf dem flachen Land klaffen bei der Infrastruktur noch große Lücken.

Eine Liste und Informationen zu Öffnungszeiten und Abrechnungen sind im Internet zu finden: www.goingelectric.de/stromtankstellen