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Deutschlands ältestes Gefängnis

Die Justizvollzugsanstalt besteht nächstes Frühjahr 300 Jahre. Wie würde Karl May heute seine Strafe dort absitzen?

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© Federzeichnung: JVA Waldheim

Von Heike Heisig

Waldheim. Wer nichts riskiert, kommt nicht nach Waldheim, heißt eine Redewendung. Allerdings ist die ein wenig angestaubt. Denn inzwischen muss man nicht mehr vor dem Richter gestanden haben, damit die Tore der Justizvollzugsanstalt (JVA) Waldheim hinter einem ins Schloss fallen. Seit Jahren lässt sich auch diese Einrichtung hinter die mit Stacheldraht gesicherten Mauern schauen. Das nehmen jedes Mal Hunderte Neugierige wahr. Noch mehr werden nächstes Jahr erwartet. Dann will der Freistaat mit verschiedenen Aktionen bis in den Herbst hinein auf diese besondere Einrichtung aufmerksam machen: Die JVA Waldheim ist nicht nur die Ältestes ihrer Art in Deutschland. Sie ist auch die Einzige, in der ohne Unterbrechung Vollzug stattgefunden hat.

Wie es in einer Anstalt wirklich aussieht, das wollen die meisten Leute wissen. Die Tage der offenen Tür zeigen, dass es häufig doch recht unterschiedliche Bilder und Vorstellungen vom Leben hinter Gittern gibt. Auch um die Waldheimer Anstalt ranken sich Legenden, so die vom Prinz Lieschen. Das war eine sächsische Hochstaplerin. Durch ihr Flunkern kam sie als erste Frau als Gefangene in die Anstalt.

Mutteranstalt mit Ausstrahlung

chlagzeilen hat die Einrichtung wegen der Waldheimer Prozesse gemacht, bei denen im Schnellverfahren angebliche Naziverbrecher und Gegner des Regimes verurteilt wurden. 24 von 33 Todesurteilen sollen auch hier vollstreckt worden sein. Außerdem war die Behandlung von psychisch kranken Straftätern auf einer „Irrenstation“ eine Epoche, die im Nachhinein für Aufsehen sorgte.

Alles in allem sind das Alter der Haftanstalt und deren Geschichte eine Besonderheit. „Deswegen bereitet eine Arbeitsgruppe dieses Jubiläum bereits seit 2013 vor“, sagen Anja Kirsten von dieser Arbeitsgruppe und Ines Riegler von der Pressestelle des sächsischen Innenministeriums. „Wir wissen, dass die Zeiten nicht immer schön waren“, so Anja Kirsten. Daher spricht sie im Zusammenhang mit dem Jubiläum auch von einem Gedenken. Das Wort Feier verwendet sie kaum.

Wie die beiden Frauen berichten, gibt es bereits einen groben Ablaufplan. Demnach ist für den 3.  April 2016 der Auftakt im Rathaus geplant. Es folgt in der Woche darauf ein Fachsymposium im AOK-Bildungszentrum. Das wird sich mit den Anforderungen, Realitäten und Perspektiven des Justizvollzuges im 21. Jahrhundert befassen. „Daneben werden in der Anstalt Führungen, Ausstellungen und Theateraufführungen vorbereitet“, so Anja Kirsten. Für Letztere habe man den Mittelsächsischen Kultursommer (Miskus) gewinnen können. Der eröffne hinter Gittern sogar seine Festivalsaison. Mit einem ökumenischen Gottesdienst mit dem Landesbischof ende die Woche in Waldheim zunächst. „Im Lauf des Jahres sind vor Ort, aber auch in Chemnitz und Leipzig noch weitere Veranstaltungen geplant“, so Anja Kirsten.

Ausstrahlen wird das 300-jährige Bestehen der Waldheimer Anstalt über die Stadt- und Kreisgrenzen hinaus. „Es wird auch in allen anderen sächsischen Justizvollzugsanstalten Infotage geben“, kündigt Michaela Tiepner an, die in Waldheim für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. Insgesamt zehn JVA gibt es im Freistaat, alle haben Geschichte. „Wir wollen das Jubiläum in Waldheim nutzen, um Wissen über den Vollzug zu vermitteln und ein realistisches Bild von den Anstalten zu zeigen“, so die Vertreter der Vorbereitungsgruppe.