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Deutsche sind reich wie nie, Italiener sind aber reicher

Kursfeuerwerke treiben Vermögen hoch – weltweit. Aber doch nicht überall.

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© action press

Kräftige Kursgewinne an den Börsen haben das Geldvermögen der privaten Haushalte in aller Welt auf ein Rekordniveau getrieben. Nicht nur die Deutschen waren 2012 mit einem Brutto-Geldvermögen von 4939 Milliarden Euro (plus 4,9 Prozent) so reich wie nie, wie der Versicherungskonzern Allianz gestern bei der Vorstellung des „Global Wealth Reports“ mitteilte. Allerdings habe die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) deutschen Sparern milliardenschwere Verluste beschert.

Zwar hatten die Europäer 2012 wieder mehr Geld auf der hohen Kante als im Vorjahr: Die tiefen Risse in den privaten Vermögensbilanzen im Euroraum könne das aber nicht überdecken, betont Allianz-Chefvolkswirt Michael Heise: „Die Vermögensschere geht immer weiter auf. Das durchschnittliche Netto-Geldvermögen in Griechenland liegt inzwischen bei nur noch 28 Prozent des Euroraum-Durchschnitts; vor der Krise lag dieser Wert noch deutlich über 50 Prozent.“ In Spanien sei die Quote von 61 auf 44 Prozent gefallen.

In Westeuropa haben inzwischen knapp 130 Millionen Menschen weniger als 4 900 Euro Geldvermögen, betont Studienautor Arne Holzhausen: „Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung hat sich seit 2000 um gut fünf Prozentpunkte auf 32 Prozent vergrößert.“

Die wachsenden Vermögensunterschiede im Euroraum seien ein Resultat der Krise, warnt Heise: „Geht diese Schere zwischen Nord und Süd weiter auf, kann dies den Zusammenhalt in Europa untergraben.“

In Deutschland wächst das Netto-Geldvermögen pro Kopf hingegen kontinuierlich – um 6,8 Prozent im vergangenen Jahr, seit 2007 um insgesamt 17,8 Prozent. Das ist der stärkste Zuwachs in dem Zeitraum in der Währungsunion. Grund für die gute Entwicklung: Der deutsche Arbeitsmarkt ist robust, die Einkommen entwickeln sich besser als andernorts, und die Deutschen sind die Sparmeister Europas.

Niedrige Zinsen sind gefährlich

Von der Weltspitze im Ranking der Vermögenden sind die Menschen hierzulande dennoch weit entfernt. Mit einem Netto-Geldvermögen pro Kopf von 41 954 Euro (brutto: 61 440) belegt Deutschland im weltweiten Nationenranking des Versicherers 2012 nur Rang 17 – knapp hinter Österreich (41 985 Euro), aber deutlich hinter Frankreich (44 306 Euro), Italien (45 770) oder Großbritannien (58 905 Euro). Weltweit errechnete die Allianz ein Pro-Kopf-Vermögenvon 16 241 Euro. Mit weitem Abstand am meisten Geld haben die Schweizer: Pro Kopf 141 895 Euro, gefolgt von den US-Amerikanern (100 711).

Auch sonst ist bei den steigenden Vermögen nicht alles Gold, was glänzt. Denn bei den errechneten Wachstumsraten ist die Inflation unberücksichtigt. Angesichts der extrem niedrigen Zinsen, die bei Sparbüchern, Tagesgeld oder Bundesanleihen meist unter der Inflation liegen, verlieren die Menschen real Geld. „Der Sparer tappt in die „Realzinsfalle““, warnt Dekabank-Chefvolkswirt Ulrich Kater.

Hinzu kommt, dass die verunsicherten Sparer in den letzten Krisenjahren verstärkt auf Spareinlagen statt auf Wertpapiere gesetzt haben. „Im Durchschnitt der letzten fünf Jahre flossen in der Eurozone mehr als die Hälfte der frischen Spargelder den Banken zu, in den USA sogar zwei Drittel“, schreibt Holzhausen. Durch den Verzicht auf Investments mit höherem Risiko, aber auch besseren Renditechancen, würden die langfristigen Folgen der Niedrigzinsen für den Vermögensaufbau noch verstärkt.

Auch die Verteilung der Vermögen laufe durch die Niedrigzinsen auseinander. Die Zahl der relativ Armen mit weniger als 4900 Euro Geldvermögen steige im Euroraum und den USA. Das lasse befürchten, dass Risse im sozialen Gefüge durch die Nullzinspolitik bald sichtbar werden, sagte Heise: „Die komplette Rechnung der Niedrigzinspolitik wird uns erst in Zukunft präsentiert werden.“ (dpa)