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Der weite Weg zum Automaten

Die Banken müssen auch in der Region um Riesa sparen. Das hat Folgen für die Filialen.

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© Sebastian Schultz

Von Stefan Lehmann

Landkreis. Die Sparkassen-Filiale an der Riesaer Hafenstraße ist endgültig Geschichte. Bis März 2013 hatte die Sparkasse Meißen dort eine Filiale. Danach standen nur noch ein Kontoauszugsdrucker und ein Geldautomat in dem Gebäude – bis Anfang November. Seitdem ist die ehemalige Filiale leer. Es sei den Kunden kaum zu vermitteln, dass für einen Selbstbedienungs-Standort so viel Fläche genutzt und Miete gezahlt werde, erklärte Sprecher Ralf Krumbiegel damals auf Anfrage der Sächsischen Zeitung. Als Ersatz hat die Sparkasse einen Automaten an der Lauchhammerstraße aufgestellt. Gut, dass es den noch gibt, sagt Anwohner Frank Scholz. „Sonst müssten die Leute erst nach Merzdorf oder in die Innenstadt zum Geldabheben.“

Die Sparkassen-Filiale in Gröba ist nicht der einzige Bankstandort, der in den vergangenen Jahren schließen musste (siehe Infografik). Auch in Glaubitz wurde vor zwei Jahren die Geschäftsstelle geschlossen. Wer jetzt Geld abheben möchte, der muss vier Kilometer bis nach Nünchritz fahren. Trotzdem blieben die Geschäftsstellen „Kern unseres regionalen Geschäftsmodells“, sagt Ralf Krumbiegel, Pressesprecher der Sparkasse Meißen. Er verweist unter anderem auf die Große Emma in Zabeltitz. „Dort teilen wir uns die Räume mit anderen Dienstleistern.“ Letztlich erhöhe ein solches Angebot die Attraktivität – und senke gleichzeitig die Kosten für alle beteiligten Dienstleister.

Niedrige Zinsen belasten die Banken

Vor allem der niedrige Leitzins trifft die Banken hart, er schmälert den Gewinn – bei gleichbleibenden Kosten. Ein Problem, das auch die Volksbank Riesa kennt. „Selbstverständlich zwingt das anhaltende niedrige Zinsniveau die Volksbank Riesa zu Gegensteuerungsmaßnahmen“, erklärt Kerstin Harsch, Leiterin im Vertriebsmanagement der Bank. So habe man beispielsweise die nicht benötigten Flächen am Hauptstandort in Riesa fremdvermietet. Neben der Krankenkasse Barmer GEK sind dort schon seit einigen Jahren ein Immobilienbüro und die Wohngalerie der Wohnungsgesellschaft untergebracht. Ähnlich sei man auch am Standort in Oschatz verfahren. Eine Schließung der insgesamt zehn Geschäftsstellen in den Landkreisen Meißen und Mittelsachsen ist gegenwärtig nicht im Gespräch – Harsch verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass ein Teil der Gebäude erst in den letzten zwei Jahren saniert worden sei. Abstriche müssen die Kunden dagegen an anderer Stelle machen: Der Mietvertrag für den Geldautomaten im Riesapark laufe am Jahresende aus. Er soll nicht verlängert werden, sagt Harsch. „Das Nutzungsverhalten unserer Kunden und die Nähe zu unserer SB-Stelle in Riesa-Weida sowie zur Hauptstelle hat die Bank zu diesem Schritt bewogen.“

Weg aus ländlichem Raum

Auch die Deutsche Bank zieht sich vor allem aus dem ländlichen Raum zurück. Bislang habe man das Filialnetz zwar sehr stabil gehalten, sagt Sprecher Christian Hotz. „Allerdings wird es da bis Ende 2017 viel Bewegung geben.“ Dazu gehöre auch die Schließung regionaler Standorte. „Die Entscheidung, welche das sein werden, ist aber noch nicht gefallen“, betont Hotz.

Neben dem niedrigen Zins weisen sowohl Sparkasse als auch Volksbank darauf hin, dass mittlerweile ein guter Teil der Kunden seine Geldgeschäfte im Internet abwickelt. Die Volksbank werde deshalb auch ihre Öffnungszeiten anpassen, erklärt Kerstin Harsch. „Hier spüren wir eine große Nachfrage in der Abwicklung über das Internet.“ So verzeichne die Banking-App der Volksbank Riesa 15 000 Zugriffe im Monat. „Darüber hinaus wird unser Internetauftritt und unser telefonisches Kundenservicecenter ständig stärker genutzt.“

Andrea Heyer von der sächsischen Verbraucherzentrale sieht diese Entwicklung kritisch. „Wir erleben immer wieder, dass es Verbraucher gibt, die nicht auf Online-Banking zugreifen können oder wollen.“ Neben Sicherheitsbedenken oder fehlenden technischen Voraussetzungen seien gerade die älteren Menschen nicht immer in der Lage, die neue Technik zu erlernen. „Außerdem möchten viele zumindest in der Nähe einen Ansprechpartner haben.“

Die Nachfrage entscheidet

Auch Sparkasse und Volksbank betonen, den Kundenkontakt nicht aufgeben zu wollen. Die Sparkasse Meißen betreibt im Altkreis Riesa derzeit sieben Geschäftsstellen (siehe Grafik), zusätzlich befinden sich an weiteren Stellen in Riesa Automaten. Auch die Volksbank ist nicht nur in der Stadt, sondern auch in den umliegenden Gemeinden vertreten, zählt neben der Hauptgeschäftsstelle noch drei weitere im Altkreis sowie Automaten in Riesa und Zeithain.

Letztlich entscheide die Nachfrage über das Angebot, sagt Sparkassen-Sprecher Ralf Krumbiegel. Das war auch in Glaubitz der Fall gewesen: Als die Sparkassenfiliale 2013 schließen musste, rechnete die Bank vor, dass an den drei Öffnungstagen pro Woche höchstens 26 Kunden vorbeigekommen seien. „Wir bieten alle Zugangswege an und unsere Kunden entscheiden, welche davon sie nutzen.“ Was dabei nicht oder nur wenig genutzt werde, werde „auf den Prüfstand gestellt“. Aus Verbrauchersicht sei das schwierig, sagt Verbraucherschützerin Andrea Heyer. „Die Sparkassen haben einen Versorgungsauftrag“, betont sie. Ob sie den noch erfüllen würden, wenn im ländlichen Raum weitere Banken dichtmachen, sei doch zumindest zweifelhaft.