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Der Weinmacher hat sich verflüchtigt

Nach einem kurzen Intermezzo als Kelterei ist in Schloss Taubenheim wieder alles beim Alten – gähnende Leere.

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© Claudia Hübschmann

Von Udo Lemke

Klipphausen. Vor gut 18 Monaten wurde in der Sächsischen Zeitung über den Verkauf des Schlosses Taubenheim an Herrn Nüssler und den Plan zum Ausbau zum Weingut (evtl. auch Hotel mit Eventgaststätte etc.) berichtet. Als Einwohner von Klipphausen wäre ich interessiert, wie denn nach der Zeit der Stand der Dinge ist“, schreibt Rico Oehme an die SZ. Und: „Weitere Nachrichten zum Ausbau des Schlosses nach der angedachten Verwendung sind mir nicht präsent.“

Der Eindruck täuscht nicht, bei einem Besuch vor Ort am Donnerstag zeigt sich Schloss Taubenheim verlassen. Dass es nicht ganz verlassen ist, ist an den überall an der Fassade geöffneten Fensterflügeln zu sehen. Das Schloss wird belüftet, weil es nicht bewohnt ist. Was Ronald Nüssler betrifft, so ist der längst weitergezogen. Er hatte sich selbst als Winemaker bezeichnet. Das Geschäftsprinzip: Nüssler kaufte Trauben von einer Lage im Elbtal auf und ließ daraus von Küfer Stefan Bönsch Wein keltern.

Nüssler gab 2015 an, das Schloss gekauft zu haben. Daran gibt es allerdings Zweifel. Fakt ist, dass Nüssler das Schloss – in welcher Form auch immer – 2014 von dessen Besitzer, Georg Heidig aus Munzig, dem Betreiber einer Immobilienagentur, übernommen hat. Heidig seinerseits hatte das Schloss 2004 vom damaligen Besitzer, dem Landkreis Meißen, für 65 000 Euro gekauft. In der SZ war 2015 zu lesen: „Seit einiger Zeit war die Anlage im Internet zum Verkauf angeboten. Ein Schloss mit Potenzial für Sanierer, hieß es da. Für 650 000 Euro war es zu haben.“ Das bedeutet eine Verzehnfachung des ursprünglichen Kaufpreises in gut zehn Jahren. „Gar nichts ist da gemacht worden“, antwortet Klipphausens Bürgermeister Gerold Mann (parteilos) auf die Frage, ob Heidig in das Schloss investiert habe. Heidig selbst war am Donnerstag für die SZ nicht zu erreichen. Damit liegt bei Schloss Taubenheim der typische Fall einer Spekulation vor. In der Wirtschaftswissenschaft ist damit allerdings keine Wertung verbunden, sondern die wertneutrale Darstellung einer Strategie.

Nüssler hatte einige Tanks im Eiskeller im Schloss einbauen lassen, eine Weinpresse aufgestellt und begonnen, Wein zu keltern. Allerdings kann das kaum länger als ein Jahr gegangen sein, denn das Schloss steht ja wieder leer.

Im 2017er Weinführer Deutschland von Gault & Millau ist allerdings immer noch das „Weingut Roland Nüssler“ aufgeführt. Wobei Weingut schlicht irreführend ist. Denn auf einem Weingut wird Wein angebaut, Nüssler hat nur die fertigen Trauben verarbeitet. Hat also einen wie auch immer gearteten Gewerbebetrieb in Sachen Wein gehabt. Näheres war nicht zu erfahren, ein Anruf auf seinem Mobiltelefon brachte keine Rückmeldung.

Und wie geht es nun weiter? Das Dach ist neu, der Putz nicht uralt, das Schloss könnte also noch ewig so dastehen. Dem widerspricht Bürgermeister Mann. Er sei im Schloss gewesen, weil es Überlegungen gab, hier eine Schule einzubauen, und da habe er gesehen, dass das Gebäude dringend saniert werden müsse. „Irgendwann kommt da schon eine ordentliche Sache rein“, übt er sich in Zweckoptimismus. Die Gemeinde lasse Taubenheim nicht hängen, das zeige sich am Bau der Oberschule: „In dem Moment, wo die Gemeinde investiert, kommt Bewegung in das Dorf.“