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Der Wasserturm fällt

Die Bahn hat mit den Vorbereitungen für den Abriss begonnen. Ein Röderauer will das verhindern – auch mit Hilfe des Bundespräsidenten.

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© Sebastian Schultz

Von Antje Steglich

Röderau. Pierre Weidner dürfte ganz nach dem Geschmack von Bundespräsident Joachim Gauck (parteilos) sein. Der fordert mehr Engagement für die Denkmale Deutschlands: „Wir brauchen noch mehr Bürger, die sich das Jahresmotto zu Herzen nehmen: ,Gemeinsam Denkmale erhalten’. Menschen, die sich gegen unbedachte und rücksichtslose Abrisse wehren“, sagte der Bundespräsident in der Zeitschrift Monumente, einem Sonderheft zum diesjährigen Denkmalstag. Und Pierre Weidner ist genau so ein Bürger. Seit die Deutsche Bahn den Abriss plant, kämpft er um den Erhalt des denkmalgeschützten Ensembles rings um den Wasserturm Röderau.

Auch die Denkmalbehörden des Kreises und des Landes haben die Zustimmung für die Abrisspläne verweigert. Denn der Wasserturm stellt ein bedeutendes Dokument der Technikgeschichte im Allgemeinen und der Eisenbahngeschichte im Besonderen dar, heißt es vom Landesamt. Zudem besitze die spezielle Konstruktion des Wasserreservoirs – der sogenannte Barkhausen-Behälter – einen hohen Seltenheitswert und gelte auch als weithin sichtbare Landmarke.

Das Eisenbahn-Bundesamt folgte dieser Argumentation jedoch nicht und genehmigte den Abriss trotzdem. Die Galgenfrist, die dem Turm aufgrund brütender Vogelarten wie der Schleiereule eingeräumt wurde, ist mittlerweile vorbei. Seit dem Sommer wurden bereits die Nebengebäude abgerissen, Anfang dieser Woche wurde die Absperrung um den Wasserturm aufgebaut und die Gebäude ringsum gesichert.

Ein Loch in der Außenhülle

Donnerstagmittag klaffte bereits ein Loch in der Außenhülle. Bis Ende November ist das Ensemble dem Erdboden gleichgemacht. Der Abriss selbst erfolgt unmittelbar und händisch, teilt die Pressestelle der Deutschen Bahn mit. Damit stelle der Rückbau keine Gefährdung für den Bahnverkehr dar. Die Bahnstrecke werde nicht gesperrt. Wie teuer der Abriss ist, dazu machte das Unternehmen keine Angaben. Fördermittel würden dafür allerdings keine in Anspruch genommen.

„Das ist der blanke Irrsinn“, empört sich indes Pierre Weidner. „So viele sagen, der Wasserturm muss erhalten werden. Er ist wichtig. Aber keiner macht was.“ Unzählige Briefe hat er in den vergangenen Monaten geschrieben, Telefonate geführt und an Bürotüren geklopft. Zuletzt beim sächsischen Innenministerium, im Landtag und beim Bahnvorstand. „Viele haben versprochen, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Doch das müsste jetzt schnell passieren“, sagt Pierre Weidner, dem beim Anblick des Kranes neben dem 114 Jahre alten Turm ganz elend wird.

Der Elektriker geht nämlich davon aus, dass es nun ganz schnell gehen könnte. Denn abgesehen von dem genieteten Wasserbehälter ist nicht viel dran an dem Turm, weiß Pierre Weidner. „Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf.“ Auch wenn er von Joachim Gauck keine Hilfe erwarten kann.

„Bedauerlicherweise muss ich Ihnen mitteilen, dass von hier aus in Ihrer Sache nichts veranlasst werden kann. Weder der Bundespräsident noch das Bundespräsidialamt hat Kontroll- oder Eingriffbefugnisse in die Entscheidungen der Deutschen Bahn AG oder des Freistaates Sachsen. Insoweit kann ich persönlich nur hoffen, dass es Ihnen doch noch gelingt, den Abriss des Wasserturmes zu verhindern“, schrieb Waltraud Breitenfeldt aus dem Bundespräsidialamt vor wenigen Tagen.

Für Pierre Weidner ist das ein weiterer Rückschlag von vielen – von dem er sich allerdings nicht entmutigen lässt. Akribisch hält er die Arbeiten am Wasserturm mit seiner Kamera fest und will bis zum letzten Stein für das Denkmal kämpfen. Weil er Denkmale insgesamt als wichtigen Bestandteil der Kultur achtet. Und weil der Wasserturm vor seiner Haustür ein Stück Heimat ist.