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Der Waldmensch wohnt jetzt in Marburg

Doch Jürgen Wagner kann sich vorstellen, eine Art Zweitwohnsitz in der Georgewitzer Skala einzurichten.

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© Matthias Weber

Von Constanze Junghanß

Kittlitz. Ein idyllischer Ort mit Wiese, Bachlauf und Wald gleich in der Nähe. Das bunte Hühnerhaus auf dem Grundstück an der Georgewitzer Skala bei Kittlitz fällt sofort auf. Hier wohnt nun seit einer Weile auch tatsächlich Federvieh. Und zwar der Rasse Weiße Leghorn und Braungefiederte Hühnervögel. 20 Stück an der Zahl, wie Besitzer Bernd Engelmann erzählt. Ein polnischer Künstler habe das Hühnerhaus neu gestaltet. Bunt jedoch war es eigentlich schon seit langer Zeit. Dazu ziemlich medienpräsent. Denn nicht Hühner wohnten dort drinnen, sondern der im Laufe der Jahre zu Bekanntheit gekommene Jürgen Wagner, alias Öff Öff oder auch Waldmensch genannt. Auch seine Jurte steht noch an Ort und Stelle: nun bestückt mit Feuerholz.

Hier lebte Öff Öff für einige Zeit. Mittlerweile sind wirklich Hühner in das Hühnerhaus eingezogen.
Hier lebte Öff Öff für einige Zeit. Mittlerweile sind wirklich Hühner in das Hühnerhaus eingezogen. © Matthias Weber

Jetzt wohnt Jürgen Wagner, der Gründer der sogenannten Schenker-Bewegung, in Marburg. Zusammen mit seiner Familie in einem Haus, das seiner Frau gehört. Dort und an weiteren Projektstandorten bei Marburg baut er zusammen mit zehn bis 15 ähnlich Gesinnten das „Real-Utopia“ auf. Eine solidarische Gemeinschaft ohne finanzielle Zwänge, wie der Aussteiger erzählt. Dort habe er nun hauptsächlich Fuß gefasst. Doch auch in der Georgewitzer Skala wird nach Angaben von Grundstücksbesitzer Bernd Engelmann, bei dem Jürgen Wagner in der Villa Hühnerglück wohnte, immer mal wieder nach Öff Öff gefragt – obwohl er schon eine ganze Zeit nicht mehr bei ihm lebt. Und zwar von Frauen. „Sie wollen ein Kind von ihm“, sagt Engelmann. Im Laufe der Jahre hätte es 36 solcher Nachfragen geben.

Bernd Engelmann sagt, er hätte selbst gezählt. Während Jürgen Wagners Zeit in Kittlitz sei das gewesen. Aber auch nach seinem Wegzug immer mal wieder. Erst in diesem Jahr wären wieder zwei Frauen da gewesen. Öff Öff trafen sie nicht an. Die Damen mit dem Kinderwunsch hätten Bernd Engelmann ihr Anliegen selbst so geschildert. Und er zeigt Verständnis: „Wir haben ja mit einigen der Frauen gesprochen. Aus unterschiedlichen Gründen war der Kinderwunsch für sie nicht machbar“, sagt er. Zum Beispiel in homosexuellen Beziehungen oder bei Alleinstehenden. Zwar hätten die Frauen sich auch künstlich befruchten lassen können. Doch das sei teuer und koste mehrere Tausend Euro.

Dass Frauen tatsächlich nach dem Waldmenschen fragen könnten, dementiert Jürgen Wagner nicht. Allerdings, so stellt er klar, hat er zwei Kinder gezeugt. Eins aus der ersten Beziehung und ein Kind in der jetzigen Beziehung. „Ich lebe mit meiner Frau monogam“, sagt er. Zwar habe er in seiner Kittlitzer Zeit nach der Trennung von seiner ersten Lebenspartnerin immer wieder Frauenbesuche gehabt. Nicht gerade wenige. Um die 60 wären das gewesen. Aber nicht, um Kinder in die Welt zu setzen. Und warum fragen dann ab und an immer noch Frauen mit angeblichem Kinderwunsch nach Öff Öff? „Es gab damals in einer Zeitung eine Annonce, dass ich Liebes- und Lebensberatung anbiete“, erzählt er. Das ist schon einige Jahre her und wurde auch in der Presse thematisiert. Doch von ihm selbst geschaltet worden sei diese Anzeige nicht. „Ich besitze keinen Ausweis, kein Geld. Diese Annonce hatte jemand anderes aufgegeben und auch den Passus mit der Kinderwunscherfüllung dazu geschrieben.“

So ganz abwegig steht Jürgen Wagner der „Kinderwunscherfüllung“ trotzdem nicht gegenüber. In seiner Schenker-Bewegung gebe es Männer, die Frauen diesen Wunsch erfüllen könnten. Und wer da auf der Suche sei, könne sich bei Öff Öff melden. „Ich kann, wenn da Bedarf besteht, die Kontakte vermitteln“, sagt er. Er betreibt verschiedene Internetseiten zu seiner Lebensphilosophie und seinen alternativen Projekten. Zu denen unter anderem „ganzheitliche Bildung und gesellschaftsstrukturelle Fragen“ gehören. Und ist auch bei Facebook präsent. Dort folgen seinen Ansichten und Ideen fast 4 500 Interessenten.

Aber für Wagner selbst käme eine „Kinderwunscherfüllung“ nicht infrage. Zumal er mit seiner Frau seit 2010 in einer glücklichen Beziehung lebt, wie er betont. Das Ganze sei also nur ein Gerücht. Vermutlich resultierend aus der damaligen Annonce.

Infrage kommt aber für ihn ein Besuch in der Georgewitzer Skala. Im kommenden Jahr will der Waldmensch nach seiner Jurte auf dem Engelmannschen Grundstück schauen. Beide Männer stehen, so erzählen sie beide, ab und zu telefonisch miteinander in Kontakt. Wieder dauerhaft nach Kittlitz ziehen möchte Jürgen Wagner aber nicht. „Vorstellen kann ich mir jedoch in der Georgewitzer Skala eine Art Zweitwohnsitz am alten Standort“, sagt er.