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Der Waldkauz macht sich rar

Nur etwa zehn bis 20 Brutpaare gibt es noch in der Region. Der Vogel des Jahres 2017 hat es schwer bei der Nahrungssuche.

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© Siegfried Reimer

Von Elke Görlitz

Region Döbeln. Zuhause ist er noch am Waldheimer Bornberg, in den Roßweiner Anlagen und im Westewitzer Wald – der Waldkauz, den der Naturschutzbund Deutschland zum Vogel des Jahres 2017 gekürt hat. Im Atlas der Brutvögel Sachsens sind für den Freistaat mit 1800 bis 3 200 Brutvögeln „stabile Bestände“ ausgewiesen. Der Döbelner Naturschützer Siegfried Reimer hat vor mehr als zehn Jahren an dem Atlas mitgewirkt. „In der Region Döbeln nimmt der Bestand leider ab“, sagt er. Er schätzt, dass es hier nur noch etwa zehn bis 20 Brutpaare gibt. Der Balzruf des Männchens „Huu-hu-Huhuhuhuu“ und das für die Weibchen typische „Kuwitt“ sind immer seltener zu hören, „weil im Lößhügelland zu intensiv Landwirtschaft betrieben wird. Während 80 Prozent der Fläche im Altkreis landwirtschaftlich genutzt wird, beträgt der Waldanteil nur fünf Prozent“, so Reimer. „Dem Waldkauz fehlen die Bruthöhlen, die er sich gern vom Schwarzspecht zimmern lässt“, sagt der Fachmann. Um dem Waldkauz, aber auch Falken und Schleiereulen Brutstätten anzubieten, haben die Naturschützer schon vor Jahren 30 Brutkästen in Kirchen angebracht. Zuletzt hat ein Waldkauz-Paar den Kasten in der Zschochauer Kirche bewohnt. In der Natur schaut Reimer vor allem unter Fichten. „Liegt dort etwa daumengroßes, schwarzes Gewölle, das sind unverdaute Nahrungsreste, dann deutet das auf den Waldkauz hin“, sagt er. Dieser finde auf den riesigen intensiv bewirtschafteten Feldern außerdem weniger Nahrung als früher. „Die Waldohreule ist da anpassungsfähiger. Sie sucht sich die Mäuse indes auch auf Grünflächen in Industriegebieten oder Siedlungen“, erklärt Siegfried Reimer.

Besonderes Exemplar in Reinsdorf

Als die Waldkauz-Bestände Ende der 1970er Jahre in der Region noch größer waren, gelangen Siegfried Reimer ganz besondere Fotos in Reinsdorf. Dort stießen Naturfreunde auf der Suche nach einer vermeintlichen Schnee-Eule auf einen Albino-Waldkauz in freier Natur. Eine weitere Seltenheit entdeckten Naturfreunde bei der Kontrolle des Brutplatzes: zwei junge Waldkauze, einer davon weiß, einer braun, fast normal gefärbt. Genauere Untersuchungen hätten ergeben, dass der braune Jungvogel verstümmelte Flügel und der reinweiße rote Augen hatte. Für die Vögel sahen die Naturfreunde kaum Überlebenschancen: Der Braune hätte selbst nicht auf Nahrungssuche gehen können, der Weiße wäre von Artgenossen als Außenseiter betrachtet worden. So wurden die Jungvögel in Waldheim und Grimma bei Privatleuten in Volieren untergebracht. „Der Grimmaer machte manchmal noch in Waldheim Urlaub“, erzählt Siegfried Reimer. Und zwar immer dann, wenn sich die Halter selbst eine Auszeit gönnten.

Als hätte es der Döbelner geahnt, dass der etwa 40 Zentimeter große und bis zu 600 Gramm schwere Waldkauz, der eine Flügelspanne von bis zu 98 Zentimetern erreicht, Vogel des Jahres 2017 wird, reichte er Fotos von den in Reinsdorf entdeckten Vögeln für den Naturkalender des Landkreises ein. Die Bilder und ausführliche Erklärungen dazu vom Döbelner Naturfreund sind auf dem Januar-Kalenderblatt zu finden.

Für den Waldkauz, der sich mit seinem rindenartigen Gefieder tagsüber gut versteckt, würde sich Reimer weniger versiegelte Flächen und den Erhalt von Höhlenbäumen wünschen. Der Nabu setzt sich außerdem für den Brutschutz mittels Baummanschetten ein. Dafür sucht er noch finanzielle Unterstützung. Um auf den lautlosen Jäger der Nacht aufmerksam zu machen, soll 2017 bei Exkursionen die nächtliche Tier- und Pflanzenwelt vorgestellt werden.

Den Kalender „Naturschutz in Mittelsachsen“ gibt es für 2,50 Euro u.a. in Stadt- und Gemeindeverwaltungen in Döbeln, Leisnig, Mittweida, Rossau, Roßwein, Striegistal, Waldheim und Zschaitz-Ottewig und beim Referat Naturschutz des Kreises.