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Der Vertraute

Daniel Tietz hilft Oberschülern in Bannewitz, besser im Schulalltag zurechtzukommen – und manchmal auch Tränen zu trocknen.

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© A. Weihs

Von Verena Schulenburg

Bannewitz. Wenn es zur Pause klingelt, hat Daniel Tietz selten Ruhe. Meist klopft es kurz darauf an seiner Bürotür und ein Schüler blinzelt hinein. Schlechte Noten, Probleme mit Mitschülern oder Lampenfieber vorm Referat. Der Kummer, der ihm anvertraut wird, ist vielfältig. Daniel Tietz versucht, zu helfen. Der 28-Jährige nimmt sich seit diesem Schuljahr als Schulsozialarbeiter der Sorgen der Oberschüler in Bannewitz an. In der obersten Etage der Schule „Am Marienschacht“ hat der Mitarbeiter des Vereins Pro Jugend sein Büro. Hier erhalten die Jungen und Mädchen ein offenes Ohr für ihre Nöte. Sie bekommen aber auch Unterstützung, persönliche Fähigkeiten zu trainieren, um dem Schulstress gewappnet zu sein und natürlich auch dem darauf folgenden Berufsleben. „Ein wichtiger Punkt meiner Arbeit ist die Kompetenzentwicklung der Schüler“, erklärt Daniel Tietz.

Manchen falle es schwer, sich im Unterricht zu konzentrieren, Wesentliches zu erfassen oder sich mit allen Schulaufgaben besser zu organisieren. Oftmals gehe es auch um ein selbstsicheres Auftreten, wenn Vorträge vor der Klasse geplant sind. Die Oberschüler, mit denen der Sozialpädagoge dahingehend ins Gespräch kommt, sind keinesfalls immer die auffälligen Pappenheimer. „Manchmal sind es die Unscheinbaren, die es schwerer haben“, erzählt er. Lehrer wüssten meist, welche Schüler Hilfe gebrauchen können. Mit ihnen und vorab deren Eltern werde dann das Gespräch gesucht. „Meine Arbeit soll natürlich für die Eltern transparent sein“, sagt Tietz. Man wolle offen zeigen, was diese Arbeit ausmacht, die keinen Zwang, sondern ein Angebot darstellen soll. Dazu brauche es nicht nur das Vertrauen der Schüler. Auch Eltern können sich mit Fragen an ihn wenden.

Vertrauen hat der gebürtige Berliner im Nu gewonnen, vielleicht dank seiner sympathischen Art, vielleicht auch wegen seiner Berufserfahrung. Bevor er sich für die Aufgabe in Bannewitz bewarb, arbeitete er an einer Oberschule in Berlin, in einem nicht ganz einfachen Viertel, wie er sagt. Auch als Familienhelfer war er schon tätig. Erfahrungen, die ihm das richtige Rüstzeug gaben. Tietz weiß, wie viel Geduld es braucht, bis seine Arbeit Früchte trägt. In manchen Familien, erzählt er, würden sich über Jahre Probleme einschleichen. Diese zu lösen, gelinge nicht von einer Woche auf die nächste. So ist es auch mit Problemen einiger Bannewitzer Oberschüler. „Diese Arbeit kann man nicht messen“, erklärt er. Am Ende gebe es kein fertiges Produkt – aber durchaus ein Dankeschön. Daniel Tietz erinnert sich an das Mädchen, das mit Tränen in den Augen vor seiner Tür stand. „Sie ging mit einem Lächeln“, erzählt er. Es sind Momente, in denen er seine Arbeit besonders zu schätzen weiß.

Der Schulsozialarbeiter ist in Bannewitz angekommen. Seine Kindheit und Jugend verbrachte der 28-Jährige übrigens in Dresden. Die Region ist ihm daher nicht fremd. Seiner Heimatstadt Berlin kehrte er nach Studium und Job nun der Liebe wegen erneut den Rücken. Dass es mit der Stelle beim Verein Pro Jugend für die Bannewitzer Oberschule geklappt hat, freut ihn umso mehr. Hier wird er gebraucht und willkommen geheißen. Das spürt er.

Sein Wirken in Bannewitz empfindet er vor allem präventiv. „Schulsozialarbeit sehe ich nicht nur als Feuerwehr, die löscht, wenn es brennt“, erklärt Tietz. So versteht sich auch ein Fair-Play-Projekt für die Fünftklässler. In diesem Alter werden neue Klassen zusammengestellt. Viele Schüler müssen sich daher erst einmal kennenlernen. Der Unterrichtsstoff liefert zusätzlich neue Anforderungen. Es sei eine Situation, in welcher der Grundstein für das weitere Miteinander gelegt wird, erklärt Daniel Tietz. Daher sei es wichtig, genau dann soziale Kompetenzen zu stärken.

Einen Unterschied zu seiner Arbeit in Berlin hat er in Bannewitz bereits feststellen können: „Ich erlebe hier so viele engagierte Schüler“, sagt er. Viele kämen nicht nur mit Sorgen zu ihm, sondern hätten Ideen parat oder bieten selbst ihre Unterstützung für Projekte an. Das Schülerradio beispielsweise wird seit Jahren begeistert von den Oberschülern durchgeführt. Auch an der kürzlichen U 18-Wahl in der Bannewitzer Schule, die parallel zur Bundestagswahl stattfand, beteiligten sich die Jungen und Mädchen rege. „Von Politikverdrossenheit war keine Spur“, erinnert sich Tietz. Alljährlich Ende Oktober veranstaltet die Schule auch eine Halloweenparty. Zu diesem Anlass dürfen die Schüler sogar im Schulhaus übernachten. Erlebnisse, die ein Gemeinschaftsgefühl stärken. Es geht um ein faires Miteinander. Eben das, was auch der Schulsozialarbeiter vermitteln will.

Daniel Tietz ist immer dienstags bis freitags, 8 bis 15 Uhr, im Raum II/11 der Oberschule Bannewitz zu sprechen.

www.ms-bannewitz.de/sozialarbeit