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Der Umgang mit der Asyldebatte

Parteiübergreifend haben Gemeinde- und Ortschaftsräte eine Erklärung verfasst. Für Ottendorf ist das ein Novum.

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© Robert Michael

Von Sebastian Kositz

Ottendorf-Okrilla. Seit Wochen sorgen die Pläne für das Asylheim an der Lomnitzer Straße für Wirbel, polarisiert die zunehmend mit härteren Bandagen ausgefochtene Debatte die Menschen in der Großgemeinde. Während NPD und andere Rechtsextreme die angeheizte Stimmung der hiesigen Asylheimgegner weiter für ihre Zwecke instrumentalisieren, hat sich am Montag erstmals ein Bündnis von Ottendorfern und verschiedenen Initiativen aus der gesamten Region den Protesten auf dem Roßplatz entgegengestellt. Dazwischen suchen einzelne Gruppen ihren Platz, finden bislang aber kaum Gehör. Nach außen zeigt sich Ottendorf-Okrilla mit dem Thema überfordert – allen voran aber tief gespalten.

Von den politischen Entscheidungsträgern im Gemeinderat und in den Ortschaftsräten war – abgesehen von Einzelbeiträgen – bislang nur wenig zu vernehmen. Doch jetzt hat die Mehrzahl der Ottendorfer Mandatsträger eine gemeinsame Erklärung veröffentlicht. In bis dahin unbekannter Eintracht wenden sich Vertreter verschiedener politischer Lager mit einer gemeinsamen Position an die Ottendorfer.

„Wir werden uns der Diskussion stellen und die Menschen erwarten zu Recht, dass auch wir eine Meinung haben“, erklärt CDU-Gemeinderat Rico Schrapel, der das Papier gemeinsam mit Vertretern anderer Parteien auf den Weg gebracht hatte. „Wir waren uns in der Sache schnell einig, auch innerhalb unserer Partei“, betont Hermsdorfs Ortsvorsteher Frank Holata (Die Linke).

Zwar sei der Einfluss der Ottendorfer Mandatsträger bei dem Asylthema sehr gering, treffen andere Behörden die Entscheidungen. „Ich muss als Gemeinderat aber auch den Schneid haben, eine Position zu vertreten“, sagt Rico Schrapel. Auch deshalb bedauert der Christdemokrat, dass einige wenige Volksvertreter die Erklärung nicht mit unterschrieben haben. Damit nun eine richtige Diskussion in Gang kommen kann, braucht es aus Sicht von Rico Schrapel für die Menschen einen Anlaufpunkt – und zwar abseits der Kundgebungen auf der Straße.

Gemeinsame Erklärung der Gemeinde- und Ortschaftsräte:

Liebe Ottendorferinnen und Ottendorfer,

die Gemeinderäte wurden in der Gemeinderatssitzung am Montag, den 06.10.2014, darüber informiert, dass der Landkreis Bautzen beabsichtigt, in Ottendorf-Okrilla ein Asylbewerberheim einzurichten. Einige von uns sind in den letzten Tagen gefragt worden, ob sie für oder gegen diese Pläne seien. Dazu beziehen wir gern gemeinsam Position:

Die Frage nach dem „Für oder Gegen” stellt sich für uns nicht. Nach dem Sächsischen Flüchtlingsaufnahmegesetz (SächsFlüAG) ist die Gemeinde Ottendorf-Okrilla dazu verpflichtet, bei der Schaffung von Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbewerber mitzuwirken. Neben den dort gesetzlich verankerten Regelungen sehen wir für uns auch eine moralische und humanistische Verpflichtung den Menschen gegenüber, die ihre Heimat verlassen müssen. Die Zahl derer ist – das ist hinreichend bekannt – in den letzten Wochen und Monaten dramatisch gestiegen – und somit stellt sich die Frage nach dem „Wohin” in vielen europäischen Ländern, in Deutschland, in Sachsen und auch im Landkreis Bautzen.

Wir sind also nicht gegen die Pläne, dass hier Asylsuchende ein Heim haben sollen. Das heißt jedoch nicht – und das betonen wir, dass wir alles hinnehmen werden, was nun auf uns zukommt. Im Gegenteil! Wir

wollen das „Wie” intensiv mitgestalten, wollen Notwendigkeiten aufzeigen und dafür Sorge tragen, dass in unserer Gemeinde ein partnerschaftliches Miteinander von Bürgerinnen und Bürgern und Asylbewerbern entsteht.

Es muss jetzt darum gehen, Fragen zu beantworten, Probleme zu lösen und Befürchtungen und Ängste ernst zu nehmen. Dies kann nur gelingen, wenn wir Ottendorfer aus allen Ortsteilen das gemeinsam angehen: nicht die Anwohner in Objektnähe alleine und nicht der Gemeinderat und der Bürgermeister alleine. Wir erwarten vom Landkreis Bautzen ein tragfähiges Konzept und klare, ehrliche Antworten auf die Fragen der Bürgerinnen und Bürger unserer Gemeinde. Wir freuen uns, dass es bereits Initiativen gibt, die sich schon Gedanken machen, wie die Asylsuchenden gut integriert werden können, damit ein Teil der befürchteten Probleme gar nicht erst auftritt. Wir rufen alle Kirchgemeinden, Vereine, Unternehmen und die Bürgerinnen und Bürger auf, sich diesen Initiativen anzuschließen. Denn davon wird abhängen, ob das Thema Asyl in Ottendorf-Okrilla zu einer Belastung oder sogar zu einer Bereicherung für alle Beteiligten wird.

Herzliche Grüße

Ihre Gemeinderäte und Ortschaftsräte

Dr. Ute Reichenauer, Mirko Thomas, Rico Schrapel, Frank Holata, Steffen Klotsche, Lothar Menzel, Frank Richter, Anja Frintert, Karsten Stephan, Hannes Köhler, René Edelmann, Birgit Pfützner, Stefan Zänker, Heiko Kühn, Heike Gaum, Dieter Schlichting, Markus Zipa, Tilo Bräunig, Gunnar Sellin, Kai Albertowski, Lukas Ladig, Andrea Ohm, Monika Gleisberg, Peter Kunath, Mario Peschel, Ronny Menzel, Mathias Clauß, Jens Purschwitz