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Der Turban-Taxi-Fahrer

Wenn Jagjit Singh vorbeifährt, drehen sich viele Köpfe um. Der Inder fällt nicht nur mit seiner Kopfbedeckung auf.

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© privat

Von Kay Haufe

Grün, Rot, Blau, Orange, Gelb – Jagjit Singh gibt sich nicht mit einer Farbe für den Turban zufrieden. Täglich wählt der 36-Jährige einen neuen Schal, den er sich mit geübten Handgriffen kunstvoll um den Kopf wickelt. Es ist ein Zeichen seiner Religionszugehörigkeit, der Inder ist Sikh.

Wie alle Männer trägt er den Nachnamen Singh, was Löwe bedeutet. Seine Frau Sukhbir hingegen heißt, wie alle Sikh-Frauen, mit Nachnamen Kaur – Prinzessin. „Das ist für uns ein Ausdruck von Geschwisterlichkeit“, sagt die 38-Jährige.

Seit wenigen Wochen ist ihr Mann nun auch außerhalb ihres Viertels Gruna bekannt geworden: als Taxifahrer. Wenn er Gäste von A nach B befördert, fällt zuerst sein Turban ins Auge. „Vor allem ältere Leute fragen mich, wo ich herkomme und was die Kopfbedeckung bedeutet“, sagt Singh. Er freut sich über das Interesse und erzählt dann von seiner Religion.

Allerdings ist sein Deutsch noch nicht perfekt. „Doch das Taxifahren hilft mir, die Sprache schneller zu lernen“, sagt er. Seit 2010 lebt er in Deutschland, in Köln hat er seine Frau kennengelernt. Im dortigen Tempel sang er eigene religiöse Lieder und trug Gedichte vor. Das führt er bis heute fort.

Der Dresdner Sikh-Tempel steht in der Rankestraße. Bis zu 250 Menschen aus Dresden und dem Umland kommen jeden Sonntag zur Zeremonie und essen anschließend gemeinsam. Zum Hochwasser 2013 haben die Sikhs dort zahlreiche Helfer verköstigt, umsonst, wie es ihr Glaube vorsieht. Das wird auch im Goldenen Tempel von Amritsar in Indien so gehandhabt.

Im Oktober startete Jagjit Singhs Karriere als Taxifahrer. Vorher hat er für die theoretische Prüfung fast den gesamten Stadtplan von Dresden auswendig gelernt. Noch heute hängt die Karte im Wohnzimmer der Familie. „Die meisten Straßen kenne ich. Und wenn nicht, hilft das Navi oder die Zentrale“, sagt er.

Inzwischen haben ihn schon einige Fahrgäste daraufhin angesprochen, dass sie ihn schon fahren gesehen haben. Der bunte Turban zieht die Blicke auf sich. Wenn er ältere Kunden hat, bringt er sie zur Haustür. „Das wissen sie sehr zu schätzen, sind aber oft erstaunt, dass ich das mache“, sagt er.

Sein erster Monat im Taxi war anstrengend, sagt er. Alles war neu, die Durchsagen aus der Zentrale, die Orientierung an Taxiplätzen und mehr. Nun macht die Familie erst mal Urlaub in Indien. Danach sitzt Jagjit Singh wieder für seine Fahrgäste hinter dem Steuer.