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Der Tüll ist echt – die Tränen sind es auch

Den Dresdner Modemacher Uwe Herrmann und seine Braut-Sendung auf Vox sehen eine Million Zuschauer – etliche mit Empörung.

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© VOX/Stefanie Schumacher

Uwe Herrmann muss man mögen. Aber wenn, dann richtig. Seine Unverblümtheit macht sprachlos, seine Sicht auf das Leben verblüfft und seine Komplimente schrammen schon mal an der Zielscheibe vorbei. Der Modemacher ist ehrlich, nicht immer gnädig, nie beleidigend. Mit seiner Menschenkenntnis gewinnt er jede Flasche Sekt, um die er wettet. So erleben ihn nun auch die Zuschauer der neuen Doku-Soap „Zwischen Tüll und Tränen“ auf Vox. Zwei Wochen lang läuft die Sendung jeden Nachmittag, 16 Uhr, und zeigt, wie Bräute ihr Traumkleid finden. Die ersten sind bereits in raschelnden Taft gekleidet. Doch was ist echt an der Seifenoper?

Uwe Herrmann, sind das echte Bräute?

Na klar! Alle total echt!

Und wie kommen sie in die Sendung?

Als ich wusste, dass ich einer der Brautausstatter sein werde, bei dem gefilmt wird, habe ich einen Aufruf gestartet. Es konnten sich Frauen melden, die im Rahmen der Sendung Kundinnen sein wollten. Aus den Rückmeldungen hat die zuständige Produktionsfirma die Frauen ausgesucht, die nun zu sehen sind.

Wurden auch Sie gecastet?

Ich wurde vom Produktionsleiter gefragt, ob ich zu einem Probe-Dreh bereit bin. Das haben wir gern gemacht, und dann sagten die Verantwortlichen von Vox schließlich: Der Typ geht.

Der Typ geht gar nicht, schreiben Zuschauerinnen auf Facebook. Warum?

Ich gebe zu, dass ich in der ersten Sendung recht ruppig rübergekommen bin. Da habe ich bestimmt nicht nur Nettigkeiten gesagt. Doch ich wollte polarisieren, und vielleicht ist es ja gelungen, dadurch die Leute ein bisschen neugierig auf die neue Sendung zu machen, die dann mit mehr als einer Million Zuschauer auch sehr erfolgreich gestartet ist. Aber: Klartext spreche ich mit meinen Kundinnen immer, auch ohne Kamera.

Etwas mehr Freude, ein paar Tränen bitte – sind das Regieanweisungen?

Niemals. Es ist nichts gespielt. Die Kamera ist einfach nur dabei, und nimmt auf wie ich bin. Die Brautberatung läuft ohne irgendeine Vorbereitung ab. Ich sehe die Bräute am Drehtag zum ersten Mal. Sie kommen mit Müttern, künftigen Schwiegermüttern, Schwestern, Freundinnen in mein Geschäft, so wie sie das auch tun würden, wenn es kein „Zwischen Tüll und Tränen“ gäbe. Der Tüll ist echt, und wenn Tränen fließen, dann auch die.

Kennen Sie die Sendungen vorab?

Im Gegenteil, ich sehe sie sogar später als die Fernsehzuschauer. Im Programm stehen die Folgen um 16 Uhr, da arbeite ich noch und habe keine Zeit, mich vor den Fernseher zu setzen. Erst abends zu Hause schaue ich in der Vox-Mediathek, was aus dem Dreh geworden ist. Dafür braucht es Vertrauen, und das habe ich.

Hatten Sie im Vorfeld Angst, Sie könnten unvorteilhaft rüberkommen oder Schelte ernten?

Mir war klar, dass ein solches Format die Geister scheidet und nicht jeder toll findet, dass ich da mitmache. Auf negatives Feedback war ich also eingestellt. Dass es so heftig ausfallen würde, hatte ich nicht gedacht. Auf meiner Facebook-Seite läuft viel Schimpf und Schande ein. Kritik ist okay, aber wenn es persönlich wird, lösche ich die Einträge.

Worüber beklagen sich die Adressaten?

Sie kommen wahrscheinlich mit meiner manchmal flapsigen Art und meinem Humor nicht klar. Viele Schreiberinnen halten mich für frauenfeindlich und meine Bemerkungen zu den Bräuten oder ihren Begleiterinnen für unverschämt. Mich wundert, dass so viele Leute dermaßen ernst nehmen, was da abläuft. Das ist doch alles mit einem Augenzwinkern zu verstehen! Wer würde sich denn sonst 60 Minuten lang Brautkleidberatungen im Fernsehen anschauen?

Naja, „relativ gut durchkonstruiert“ versteht eben nicht jeder als Kompliment an einen Frauenkörper.

Davor habe ich gesagt, dass die Kundin nahezu Modelmaße hat. Manch eine empfindet selbst das als eine Kriegserklärung an die Frau an sich.

Ärgert Sie das?

Die Hunde bellen, die Karawane zieht weiter. Ich sehe daran vor allem, dass im Internet raue Sitten herrschen, nicht nur in Sachen Pegida.

Bekommen Sie aufgrund der Sendung Liebeserklärungen und Heiratsanträge?

Kommt vor. Und es gibt auch viele andere schöne und begeisterte Wortmeldungen.

Würden Sie selbst so heiraten – klassisch, romantisch, die Braut in Weiß?

Die Mutter meines Sohnes trug damals ein weißes Kleid und ich einen dunklen Anzug. Wie es heute wäre, könnte ich erst sagen, wenn der Tag wirklich näher rückt.

Das Gespräch führte Nadja Laske.