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Der Tod der Storchenbabys

Zum ersten Mal seit Jahrzehnten brütete Familie Adebar in Kittlitz. Die Küken haben aber nicht überlebt.

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Constanze Junghanß

Mit dem Nachwuchs bei Familie Adebar hat es in Kiesdorf in dieser Saison geklappt. Zwei Storchenküken erblickten das Licht der Welt. Und Helmut Bergmann – der Storchenbeobachter vor Ort – vermutet, dass sich die Jungstörche schon bald in Richtung Süden aufmachen werden. Dann beginnt die lange Reise ins Winterquartier.

Auch in Kittlitz war die Freude über das Storchenpaar groß. Den alten Brennereischornstein in Unwürde hatten die Vögel auserkoren. Der ragt auf dem Gelände des zerfallenen Rittergutes in die Höhe und ist schon ewig nicht mehr in Betrieb. Dass sich die Störche dort niederließen, ist für Wolfgang Schütze Anlass zum Jubeln gewesen. Die Sichtachse seines Hauses führt genau zum Schornstein. Ein vorzüglicher Platz für Storchenbeobachtungen also. Wolfgang Schütze holt sein Notizbuch hervor. Akribische genau schrieb er alle seine Beobachtungen auf. „Am 12. April kam der erste Storch angeflogen“, zeigt er auf den Eintrag und blättert weiter in den Aufzeichnungen: Zwölf Tage später war dann der Partner oder die Partnerin ebenfalls da. Ob nun zuerst die Dame oder der Herr des Nestes eintrudelte, konnte auch mithilfe des Fernglases nicht erkannt werden. Fakt jedenfalls ist: Endlich hatte sich ein Vogelpaar gefunden, begann mit fröhlichem Geklapper und Liebesspielen. Es habe zwischen den beiden „gemenschelt“, sagt Andreas Zimmermann, der ebenfalls in Unwürde wohnt. Das sei insofern eine kleine Sensation, da in Kittlitz seit etwa den siebziger Jahren kein Storchenpaar mehr ansässig gewesen ist. Und ob es damals vor fast 50 Jahren vielleicht Nachwuchs bei Adebars gab, wüsste heute wahrscheinlich niemand mehr. Dabei hatten die Einwohner für eine Ansiedlung von den Rotschnäbeln bereits vor längerer Zeit alle Hebel in Bewegung gesetzt.

Im Jahr 2001 nämlich brachten Naturfreunde auf dem Brennereischornstein ein Rad für den künftigen Nestbau an. Daran erinnert sich Andreas Zimmermann noch ganz genau. Seither feiern die Einwohner sogar jedes Jahr ein kleines Storchenfest in trauter Runde. Doch Rad samt Schornstein wurden von den Vögeln nicht angenommen. Der Grund ist unklar. 2016 gab es plötzlich Kämpfe unterm Himmel rund um das Terrain, erzählt er. Nach einer Weile jedoch waren sämtliche Störche verschwunden. Das Nest blieb unbesetzt.

2017 nun endlich die Chance auf Nachwuchs. Vier Eier lagen tatsächlich im Nest. Das wissen die Beobachter deshalb so genau, weil sie mithilfe einer Drohne den Schornstein inspizierten. Die Aufnahmen der Flugkamera zeigen ganz klar die weißen „Familienjuwelen“. Wolfgang Schütze vermutet den Brutbeginn in der zweiten Maiwoche. Seitdem wechselten sich die Störche bei der Nestbetreuung ab. Banges Warten 30 Tage lang: Dann schien es, als würde Bewegung in die Kinderstube kommen. Und tatsächlich: Gewusel im Nest setzte ein. Doch am 3. Juli folgte die große Enttäuschung. „Mir fiel gleich auf, dass etwas nicht stimmt“, so der Storchenbeobachter. Starkregen hatte eingesetzt und die Elterntiere benahmen sich irgendwie anders, erinnert er sich. Das Drama wurde unterhalb des Schornsteins entdeckt: Ein noch nacktes und totes Storchenbaby lag da. Einen Tag später fanden Nachbarn ein weiteres totes Tier, an dem noch die Eierschalen klebten. Hatten das die Eltern aus dem Nest geworfen? Und was ist mit den beiden anderen Eiern passiert? Auf diese Fragen gibt es momentan noch keine Antwort. „Die Enttäuschung und Ernüchterung aber waren groß“, sagt der Rentner leise und schüttelt den Kopf. Seit einigen Tagen sind nun auch die Elterntiere verschwunden. Dem ging ein eigenartiges Verhalten der Altstörche voraus. Ab Mitte Juli und nach dem Tod der Küken schienen die Zwei getrennte Wege zu gehen. Einer der Störche blieb auf dem Brennereischornstein sitzen. Der andere quartierte sich auf der Esse von einem alten Heizhaus in Kittlitz ein. Ab dem 30. Juli haben beide Störche Kittlitz verlassen.

Nun bleibt nur noch die Hoffnung auf das kommende Jahr. Vielleicht startet das Paar 2018 einen neuen Versuch. Diese Hoffnung teilen Andreas Zimmermann und Wolfgang Schütze mit den anderen Einwohnern im Ort.