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Der Schwamm muss raus

Die Sanierung der Kirche in Liebstadt ist aufwendig. Und sie kam in letzter Minute.

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© Marko Förster

Von Nancy Riegel

Liebstadt. Was haben die Waldschlößchenbrücke in Dresden und die Kirche in Liebstadt gemein? Beide Bauvorhaben wurden durch einen geflügelten Bewohner erschwert. Genau wie an der Elbbrücke hat sich auch im Dachstuhl der Kirche die Kleine Hufeisennase niedergelassen. Verzögerte das Tier in der Landeshauptstadt den kompletten Neubau, mussten die Dachdecker in Liebstadt lediglich eine Fledermaus-Trennwand einbauen. „Vorne wurde gehämmert, hinten haben die Tiere ihren Nachwuchs großgezogen. Im Dunkeln und ohne Baudreck“, sagt Annegret Mehnert vom Kirchenvorstand, die das Projekt Kirchsanierung auf dem Tisch hat. Seit Mai dieses Jahres konnten keine Gottesdienste mehr im Gebäude abgehalten werden. Stattdessen durchzog ein mehrgeschossiges Gerüst das Innere des Kirchenschiffes. Bis Ende des Jahres soll die Sanierung abgeschlossen sein. Wer dann das Gotteshaus betritt, wird im Innenraum keinen Unterschied zu vorher bemerken. Und doch sind die Bauarbeiten in Liebstadt umfangreich. Und dementsprechend teuer: Rund 450 000 Euro insgesamt, davon mehr als 30 000 Euro Eigenanteil für die Gemeinde.

Die Holzbalken teils so vom Schwamm zerfressen, dass sie auseinanderbröselten.
Die Holzbalken teils so vom Schwamm zerfressen, dass sie auseinanderbröselten. © Kirchgemeindes

Die Fledermaus-Trennwand war nur eine geringe Herausforderung im Vergleich zum Zustand des Gebälks des Kirchendachs. „Ein aggressiver Schwamm hatte das Holz befallen. Da reichte es nicht, einzelne Balken auszutauschen“, resümiert Andrea Däberitz. Die Architektin mit Sitz in Dresden hat zwar bereits Baustellen in Kirchen begleitet. „Aber selten so einen schlechten Zustand vorgefunden.“ Die massiven Balken im Dachstuhl waren durch den Schwamm teils so morsch, dass sie sich einfach auflösten. „Hätten wir nicht mit der Sanierung begonnen, hätte die Kirche wahrscheinlich gesperrt werden müssen“, schätzt Andrea Däberitz ein.

Wie in vielen anderen Kirchen in Deutschland lastet das Gewicht des Dachs auch in Liebstadt komplett auf den Balken, die ebenso die Innendecke tragen. Sind diese am Fuß morsch, droht damit die Decke einzustürzen. Die Dachdecker mussten nicht nur große Abschnitte der Holzbalken erneuern, sondern auch rund anderthalb Meter Mauerwerk. Damit dafür nicht das komplette Dach abgebaut werden muss, wurde mit Gerüst und ausgeklügelter Hydraulik das Gewicht des Gebälks abgefangen. „Das Dach hat somit teilweise geschwebt“, sagt die Architektin.

Neues Dach, neue Pfarrerin

Noch bis Ende des Jahres haben die Dachdecker auf der Kirche zu tun. An der Ostseite fehlen die letzten Schieferplatten, ebenso ist ein Anbau auf der Rückseite noch dachlos. Um zu vermeiden, dass sich in Zukunft wieder Schwamm ausbreitet, haben die Bauplaner vorgesorgt: Auf dem Abschnitt des Daches, der sich oberhalb des Kirchturmes befindet, wurde kein Schiefer verlegt. Stattdessen glänzt an dieser Stelle Kupfer. Denn dort bleiben Schnee und Eis im Winter oft wochenlang liegen, bis sich die Sonne im Frühling endlich herumkämpft. Durch das Metall ist das darunterliegende Holz vor der Witterung geschützt.

Zwar sieht man im Innenraum nichts vom neuen Dach, Handwerker mussten trotzdem ran. Wegen der aufwendigen Dachsanierung wurde auch die detailreiche Bemalung der Decke in Mitleidenschaft gezogen. In den kommenden Tagen wird jede Pfeife der Orgel wieder an ihren rechtmäßigen Platz gesetzt. Noch einige wenige Pinselstriche, dann ist der Innenraum wieder wie vorher. Und das muss er auch, denn am 18. Dezember steht der Wiedereröffnungs-Gottesdienst an. Dann wird auch die neue Vertretungspfarrerin, Angelika Schiller-Bechert, das erste Mal einen Gottesdienst in der Kirche abhalten können. In den letzten Wochen musste die Gemeinde ins Pfarrhaus ausweichen. Annegret Mehnert hofft, dass an diesem Tag noch ein paar Spenden in der Kollekte landen. Denn die 30 000 Euro Eigenanteil sind noch längst nicht zusammen. Diesen Sonnabend steht aber erst mal Großreinemachen des Kirchenschiffs auf dem Plan. Wer will, kann ab um 9 vorbeikommen. Den Helfern wird auch ganz sicher nicht die Decke auf den Kopf fallen.